Zwei-Klassen-Internet: US-Gericht billigt Abschaffung von Netzneutralität
Die US-Regulierungsbehörde FCC hat bei der Abschaffung der Netzneutralität nicht ihre Kompetenzen überschritten. Doch nach einem Gerichtsurteil können Gegner eines Zwei-Klassen-Internets weiter hoffen.

Ein US-Berufungsericht hat die Abschaffung der Netzneutralität in den USA weitgehend gebilligt. Zwar beanstandete der United States Court of Appeals in Washington mehrere Punkte in der im Dezember 2017 von der US-Regulierungsbehörde FCC beschlossenen Regelung, doch die drei Richter lehnten deren völlige Aufhebung ab. Die Mozilla Foundation wollte mit der Klage erreichen, dass umstrittene Praktiken wie Blockade, Drosselung sowie bezahlte oder unbezahlte Priorisierung von Datenverkehr wieder verboten werden.
Der von US-Präsident Donald Trump eingesetzte FCC-Chef Ajit Pai hatte 2017 die von seinem Vorgänger Tom Wheeler beschlossenen scharfen Regelungen zur Netzneutralität wieder abgeschafft. Damit steht es Providern frei, eigene Inhalte bevorzugt zu transportieren, solange sie dies alles transparent in ihren Nutzungsbedingungen festhalten und ihrer Ansicht nach nicht gegen den Wettbewerb verstoßen. Selbst die Möglichkeit, bestimmte Webseiten komplett zu blockieren, steht den Anbietern offen.
Drei Punkte beanstandet
Diese Punkte blieben von dem Urteil des Gerichts unangetastet. Beanstandet wurde hingegen, dass die FCC in ihrer Regelung die Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit nicht ausreichend berücksichtigt habe. "Die Schäden durch Blockieren oder Drosseln während eines öffentlichen Notfalls sind irreparabel. Leute können verletzt sein oder sterben", heißt es in dem Urteil. So war der Provider Verizon in die Kritik geraten, weil er den angeblich unlimitierten Datentransfer der Feuerwehr während schwerer Waldbrände gedrosselt hatte.
Moniert wurde zudem, dass die FCC die Auswirkungen der Regulierung auf die Nutzung von Leistungsmasten für den Breitbandausbau nicht ausreichend geprüft habe. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Auswirkungen auf das sogenannte Lifeline-Programm, mit dem der Internetzugang für einkommensschwache US-Bürger gefördert wird.
Pauschales Verbot lokaler Regelungen aufgehoben
Der wohl wichtigste Aspekt des Urteils betrifft hingegen die Rechte von US-Bundesstaaten und Kommunen, eigene Vorgaben zur Netzneutralität zu machen. Ein pauschales Verbot solcher Regelungen, wie es die Anordnung der FCC vorsieht, sei unzulässig, urteilten die Richter. Eine solche Vorabentscheidung (Preemption) sei nur auf einer Fall-zu-Fall-Basis nach einer "fakten-intensiven Überprüfung" möglich.
Der US-Bundesstaat Kalifornien hatte bereits im Jahr 2018 ein Gesetz verabschiedet, das die Blockade oder Drosselung sowie bezahlte Priorisierung von Inhalten verbietet. Darüber hinaus untersagt das Gesetz das sogenannte Zero-Rating, wenn es vom Provider nicht auf komplette Datenkategorien angewandt wird. Die US-Regierung hatte damals umgehend eine Klage gegen das Gesetz eingereicht. Nach Angaben von Ars Technica verzichtet Kalifornien auf die Einführung des Gesetzes, solange diese Klagen noch nicht entschieden sind.
Mozilla Foundation sieht sich ermutigt
Der FCC-Vorsitzende Pai sprach trotz der genannten Einschränkungen von einem "Sieg für Verbraucher, Breitbandausbau und das offene und freie Internet" vor Gericht (PDF). Seit Inkrafttreten der Regelung sei die Übertragungsgeschwindigkeit um 40 Prozent gestiegen und Millionen US-Amerikaner hätten einen Zugang zum Internet erhalten. Das demokratische FCC-Kommissionsmitglied Jessica Rosenworcel, die 2017 gegen Pais Pläne gestimmt hatte, sieht sich durch das Urteil in ihrer Kritik bestätigt (PDF).
Die Mozilla-Foundation teilte in einem Statement mit, dass ihr Kampf für die Netzneutralität noch lange nicht vorbei sei. "Wir fühlen uns ermutigt, dass das Gericht den Bundesstaaten die Freiheit gegeben hat, Regeln zur Netzneutralität zum Schutz der Verbraucher zu erlassen", hieß es weiter.
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Das Schlimme ist dass viele Gehirngewaschene US Amerikaner glauben Netzneutralität wäre...