Zuckerberg-Vorschläge: Politiker und Datenschützer bleiben skeptisch bei Facebook

Facebook-Chef Zuckerberg hat Justizministerin Barley nicht von seinen Datenschutzvorschlägen überzeugen können. Dass der US-Konzern weiter gegen europäische Datenschutzvorgaben kämpft, zeigt ein Gerichtsverfahren in Belgien.

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Bundesjustizministerin Katarina Barley traut Facebook nicht über den Weg.
Bundesjustizministerin Katarina Barley traut Facebook nicht über den Weg. (Bild: Michele Tantussi/Reuters)

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) warnt vor den Gefahren durch die Fusion der Messengerdienste von Facebook. "Ich sehe die Ankündigung, die Messengerdienste von Facebook, Whatsapp und Instagram zusammenzuführen, sehr kritisch. Das ist eine Abkehr von ursprünglichen Ankündigungen des Unternehmens", sagte die Ministerin am Montag nach einem Treffen mit Facebook-Chef Mark Zuckerberg in Berlin. "Monopole zerstören das Netz. Nutzer von kleinen und sichereren Messengern dürfen nicht gezwungen werden, die Dienste von Facebook zu nutzen."

Zuckerberg hatte vor seinem Besuch in Berlin in einem Zeitungsbeitrag eine international abgestimmte Regulierung im Internet gefordert. "Ich bin überzeugt, dass anstelle nationaler Regulierungen ein gemeinsamer globaler Rahmen notwendig ist, um eine Fragmentierung des Internets zu verhindern, damit Unternehmer nützliche Produkte entwickeln können und alle Menschen den gleichen Schutz erhalten", schrieb Zuckerberg. Es sei gut für das Internet, wenn mehr Länder Regelungen wie die EU-Datenschutz-Grundverordnung übernähmen.

Opposition ist sehr skeptisch

Solchen Äußerungen gegenüber zeigte sich Barley allerdings skeptisch. "Facebook hätte bereits heute alle Möglichkeiten, um, unabhängig von staatlicher Regulierung, höchstmöglichen Datenschutz für die User zu garantieren. Stattdessen vergeht kaum ein Monat ohne einen neuen Sicherheitsskandal", sagte Barley. Die Ministerin kündigte an, das europäische Datenschutz- und Wettbewerbsrecht "klar und hart durchsetzen" zu wollen. "Und wir brauchen neue Regeln für Algorithmen und den Schutz vor uferlosem Tracking."

Ähnlich verhalten reagierten Netzpolitiker der Opposition auf die Vorschläge Zuckerbergs. Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz hält einen weltweiten Standard in Sachen Datenschutz, Menschenrechte und Internetregulierung zwar für wünschenswert. Ein solcher Standard "ist aber sehr unwahrscheinlich" , sagte er den Zeitungen der Madsack-Gruppe: "Bis heute hält sich der Konzern nicht an deutsches und europäisches Datenschutzrecht, verdunkelt seine Geschäftsmodelle und fällt durch Datenschutzskandale auf."

Datenschützer Caspar sieht "strategische PR-Maßnahme"

Auch die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg von der Linke-Fraktion bleibt misstrauisch. "Wer jahrelang mit Hilfe ganzer Heerscharen von Lobbyisten weltweit gegen strengere Regulierungen kämpfte und mehrfach geltendes Recht ignorierte, ist kaum glaubwürdig als plötzlicher Anwalt für mehr Datenschutz und staatliche Vorschriften", sagte sie den Madsack-Blättern.

Datenschützer kritisieren Zuckerberg ebenfalls. "Es fällt schwer, den Beitrag nicht als realitätsvergessen oder nur als eine strategische PR-Maßnahme zu begreifen", sagte der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar dem Berliner Tagesspiegel laut Vorabbericht. Während permanent über neue Datenschutzverstöße und -pannen des weltgrößten sozialen Netzwerks berichtet werde, lobe Zuckerberg die DSGVO "als wäre sie die zentrale Richtschnur, an der er sein Geschäftsmodell heute und in der Vergangenheit festgemacht hat". Zuckerbergs Forderungen und Aussagen zum Datenschutz und der EU-Datenschutzgrundverordnung seien deshalb "wohlfeil".

Prozess in Belgien geht weiter

Dass Facebook weiterhin mit allen Mitteln versucht, seine Trackingpraxis zu verteidigen, zeigt der jahrelange Streit mit der belgischen Justiz. Nachdem ein belgisches Gericht im Februar 2018 das soziale Netzwerk aufgefordert hatte, die belgischen Datenschutzvorgaben einzuhalten, wehrt sich das Unternehmen weiterhin gegen die Umsetzung des Urteils. Facebook darf demnach belgische Nutzer nicht mehr tracken und deren Browserverhalten aufzeichnen, solange dies nicht im Einklang mit Datenschutzvorgaben steht.

Da der US-Konzern dieses Urteil jedoch nicht akzeptiere, beginne am Mittwoch eine zweitägige Anhörung in dem Berufungsverfahren, berichtete der Wirtschaftsdienst Bloomberg. Facebook habe auf Nachfrage unter anderem auf den bereits vor einem Jahr angekündigten Trackingverlauf verwiesen, der aber bislang nie eingeführt wurde. Zudem erklärte der Konzern: "Wir haben auch eine Reihe von Änderungen vorgenommen, um den Leuten zu helfen, die Funktionsweise unserer Tools zu verstehen und um ihnen ihre Wahlmöglichkeiten zu erläutern."

Facebook hatte in dem Verfahren bereits Auflagen der belgischen Datenschutzbehörde umgesetzt und das umstrittene Datr-Cookie bei Nichtmitgliedern entfernt. Als Konsequenz aus der Umsetzung des Urteils konnten Nichtmitglieder in Belgien keine öffentlichen Inhalte auf Profilseiten der Facebook-Nutzer mehr sehen. Facebook hatte argumentiert, das Cookie helfe, falsche Profile herauszufiltern und verhindere so Cyberattacken.

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