Zu lange Serien: Wenn man bloß noch auf das Ende wartet

Natürlich lieben es Fans, wenn ihre Serien Jahr um Jahr verlängert werden, schließlich möchten sie sich nur ungern von den liebsten Figuren verabschieden. Klar ist aber auch: Je länger eine Serie dauert, desto höher ist die Chance, dass die Macher es versauen und sich damit ihr Vermächtnis kaputtmachen.
In den USA nennt man das Jumping the Shark(öffnet im neuen Fenster) , ein Begriff, der 1985 von Jon Hein geprägt wurde, als es um eine Episode der in den 1970er Jahren immens erfolgreichen Sitcom Happy Days ging.
In dieser Folge ist die von Henry Winkler gespielte Hauptfigur Fonzie auf Wasserskiern zu sehen - natürlich immer noch in Lederjacke -, er springt über eine Rampe über einen Hai hinweg. Das war der Moment, in dem die Serie entgleiste.
Im Bereich des Fantastischen ist es vielen Serien so ergangen. Game of Thrones(öffnet im neuen Fenster) hat nach Ansicht vieler zum Ende hin versagt, auch Battlestar Galactica. Bei anderen kam der "Jumping the Shark"-Moment viel früher.
Hier sind sechs gute Beispiele für Serien, die ihren Bonus irgendwann verspielt haben.
Noch mehr Zombies: Fear the Walking Dead
Der erste Spin-off von The Walking Dead brachte es auf acht Staffeln. Das sind mindestens zwei mehr, als nötig gewesen wären. Böse Zungen würden sagen: acht Staffeln mehr als nötig.
Im Grunde war der "Jumping the Shark"-Moment schon in der ersten Staffel erreicht, als das Konzept nach drei Folgen über Bord geworfen wurde. Die Serie sollte vom Anfang der Zombie-Apokalypse erzählen, aber zur Hälfte der kurzen Staffel steckte man im alten The Walking Dead-Trott fest, nur mit anderen Figuren.
Wenn eine Teenie-Serie übernatürlich wird: Riverdale
Die auf den Archie-Comics(öffnet im neuen Fenster) basierende Serie ist ohnehin für absurde Geschichten bekannt. Es gibt unter anderem zu sehen, wie sich der Vater einer Hauptfigur als Serienkiller entpuppte oder wie Kids im Wald tödliche Spiele absolvierten.
Das alles reichte aber nicht. Hinzu kamen: Superkräfte, Hexen und alternative Dimensionen. Nach sieben Staffeln ist nun Schluss, eigentlich hätte die Sendung aber früher enden müssen; sie verlor von Jahr zu Jahr Zuschauer, weil sie immer abstruser wurde.
Und was war nun der Moment, in dem die Serie den Geist aufgab? Wahrscheinlich, als die Hexe Sabrina auftauchte. Oder die alternativen Dimensionen. Oder eine der anderen bizarren Ideen, die aus einer Teenie-Mystery-Show ein Sci-Fi-Horror-Fantasy-Gemisch machten, bei dem einfach nichts mehr passte.
Mit Mulder ging auch der Erfolg: Akte X
Zugegeben, die Serie um die beiden FBI-Agenten Fox Mulder und Dana Scully fing schon in der siebten Staffel an zu schwächeln. Doch spätestens, als Hauptdarsteller David Duchovny sich entschied aus der Show auszusteigen, hätte man sie einstellen müssen.
Stattdessen wollte man Dana Scully einen Mulder-Ersatz zur Seite stellen, wobei sie die Gläubige und ihr neuer Partner der Zweifler war. Es kamen noch zwei Staffeln, aber das Flair war weg.
Die Show wirkte plötzlich wie ein fader Aufguss dessen, was man schon mal gesehen hat. Mit den Reunion-Staffeln, bei denen Duchovny wieder dabei war, wurde es nicht besser. Akte X hatte zum Ende der siebten Staffel alles verloren, was daran zuvor so einzigartig und großartig war.
Doch tot: Lost
Die Mysteryserie Lost war einer der Hits der 2000er Jahre. Es gab allerhand Geheimnisse und noch mehr Hinweise. Fans stellten die wildesten Theorien an, wie alles ausgehen könnte. Die Macher verneinten alles, hatten am Ende allerdings keine andere Idee, als eine dieser Theorien aufzugreifen.
Da befand man sich in der sechsten Staffel einer Show, die nach drei Staffeln hätte beendet sein müssen. Ursprünglich wollten die Macher nur drei Staffeln, aber der Sender war gierig auf mehr. Also wurden die weiteren Staffeln kürzer - und zogen sich dennoch oft wie Kaugummi.
Komplette Handlungsstränge gab es nicht mehr. Rückblicke, die die Show einst interessant gemacht hatten, wurden nervig. Und die Auflösung(öffnet im neuen Fenster) sorgte bei Fans für einen Aufschrei.
Lost ist das perfekte Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man eine starke Prämisse, aber keine Erklärung für die Ereignisse hat und sich Jahr um Jahr zu einem Ende hangelt.
So untot wie die Beißer: The Walking Dead
Elf Staffeln sind verdammt viel. Umso mehr, wenn die Handlung das irgendwann nicht mehr hergibt. The Walking Dead war ein Phänomen, das bis zur fünften Staffel jedes Jahr mehr Zuschauer(öffnet im neuen Fenster) generierte.
Dann kam der Moment, in dem nicht nur Glenns Schädel zerschmettert wurde, sondern auch die Lust des Publikums, bei der Stange zu bleiben. Negan als Schurke war eine starke Figur, die Geschichte über den Kampf unserer Helden gegen seine Gruppe war auch cool.
Aber die ultrabrutale Situation, in der einer Lieblingsfigur mit einem Baseballschläger der Schädel eingeschlagen wird, stieß viele Leute ab. Danach war es problematisch, dass man Negan nicht sterben lassen, sondern zu einer Art neuem Helden aufbauen wollte.
Der Kaugummi-Effekt: Stranger Things
Die Netflix-Serie um Kids in den 1980er Jahren, die nicht nur D&D spielen, sondern ein Mädchen kennenlernen, das über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügt, und die zudem gegen Regierungsagenten und Monster aus einer anderen Dimension kämpfen müssen, war einer der ersten Knaller des Streaming-Dienstes. Anfangs hieß es noch, die Duffer-Brüder hätten vier Staffeln(öffnet im neuen Fenster) für die Serie vorgesehen.
Doch der Erfolg weckte offenkundig Begehrlichkeiten. Momentan wartet man auf die fünfte Staffel, die dann wirklich die letzte sein soll. Schon die vierte hatte unglaublich lange Folgen.
Weil die Schauspieler längst nicht mehr dem Alter der Figuren entsprechen, ist es wohl gut, wenn dann Schluss ist. Aber eigentlich ist das Alter nicht das Problem.
Schwieriger ist, dass die Geschichten repetitiv wirken. Immer wieder ist der Hauptschurke nicht der Hauptschurke. Der "jumping the shark"-Moment war, als Hopper, der Ziehvater von Millie Bobby Browns Figur Elfie, am Ende der dritten Staffel draufgeht - und dann doch nicht tot ist, sondern in einem russischen Gefängnis einsitzt.
Warum? Weil die Macher den Schauspieler und die Figur nicht verlieren wollten. Dann hätten sie dessen Geschichte zum Ende der dritten Staffel anders gestalten müssen.



