Nicht jeder versteht den Jubel
Angesichts der weitreichenden Möglichkeiten für Provider und Inhalteanbieter sprach der Branchenverband Eco von einem "tragfähigen Kompromiss". So garantierten die Leitlinien auf der einen Seite einen diskriminierungsfreien Internetzugang, "andererseits lassen sie aber ausreichend Raum für innovative Dienste, wie beispielsweise Spezialdienste", sagte Eco-Vorstand Oliver Süme. Aus Sicht der Internetwirtschaft sei nun wichtig, dass sich die Umsetzung der Leitlinien in der Praxis bewähre. "Dabei sind Wettbewerb und Transparenz die entscheidenden Faktoren, um das offene Internet auch in Zukunft zu gewährleisten und sicherzustellen", sagte Süme.
Trotz der zahlreichen Änderungen in letzter Minute zugunsten der Provider zeigten sich Internetaktivisten überraschend zufrieden mit dem Ergebnis. Der Jubel wirkte fast wie abgesprochen. "Nach einem langen Kampf, den eine halbe Million Menschen unterstützt haben, werden die Prinzipien, die das Internet zu einer offenen Plattform für gesellschaftlichen Austausch, Freiheit und Wohlstand gemacht haben, in der EU gefestigt", sagte Thomas Lohninger von der Initiative Savetheinternet.eu.
Oettinger als "Industrie-Lobbyist"
Viel Lob kam von der Organisation European Digital Rights (Edri). "Europa setzt nun globale Standards für die Verteidigung eines offenen und neutralen Internets, das Wettbewerb fördert", sagte deren Geschäftsführer John McNamee und fügte hinzu: "Wir gratulieren den zuständigen Personen bei Berec zu ihrer sorgfältigen Arbeit, zu ihrem Fachwissen und vor allem dazu, dass sie sich nicht dem unverhältnismäßigen Druck gebeugt haben, den die Lobby der großen Telekommunikationsunternehmen ausgeübt hat."
Skeptischer äußerte sich der österreichische Grünen-Abgeordnete Michel Reimon. "Mir ist der Jubel über Netzneutralität-Entscheidung zu laut", twitterte der EU-Parlamentarier. EU-Digitalkommissar Günther Oettinger habe sich "als stiller Akteur im Hintergrund mit Zero-Rating in der Kommission durchgesetzt". Der Industrie-Lobbyist Oettinger "bevorzugt Großunternehmen, die sich das leisten können, schwächt die Rechtssicherheit und verankert die Machtstellung der Telekom-Konzerne in jedem einzelnen Mitgliedsstaat", hieß es in einer Mitteilung.
Am Ende entscheiden die Gerichte
Mit Blick auf die schwammige EU-Verordnung, die die Begriffe Netzneutralität und Zero-Rating gar nicht enthält, haben die Regulierer versucht, den diskriminierungsfreien Internetzugang möglichst gut zu sichern. Die Behauptung von Netzaktivist Lohninger: "Für selbstfahrende Autos wäre ein Spezialdienst möglich, Netflix hätte aber keine Chance", erscheint zum jetzigen Zeitpunkt aber sehr gewagt. Wer weiß schon, ob Netflix in absehbarer Zeit nicht ein Superduper-HD-Streaming anbietet, das die Provider nur noch mit einem besonderen Qualitätsniveau als Spezialdienst ausliefern wollen. Und das Beispiel selbstfahrende Autos zeigt gerade, wie ein Bedarf herbeigeredet werden soll, den es so gar nicht gibt.
In Sachen Netzneutralität wird es daher wie in vielen anderen Politikbereichen. Am Ende werden wohl die Gerichte entscheiden müssen, wie die Gesetzestexte ausgelegt werden müssen. Möglicherweise darf erst nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in ein paar Jahren richtig gejubelt werden.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Erste Zero-Rating-Exploits gefährden Netzneutralität |
Das ist nicht das Problem, das war das Problem, weil vor der EU Verordnung durfte jeder...
Oder aber, Gott behüte, am Ende passiert rein gar nichts Schlimmes, alle Befürchtungen...
Und wenn jetzt alle abends das Netz belasten und die Leitung glüht, dann soll die...
was ich meine ist dass die it einer geschwindigkeit werben die wenn man diese auch nutzt...