"Ziele gänzlich verfehlt": Rechnungshof hält De-Mail für teuren Misserfolg
Das Innenministerium hat die Nutzung von De-Mail um den Faktor 1.000 falsch eingeschätzt. Es soll daher die Einstellung des Dienstes prüfen.

Nach Ansicht des Bundesrechnungshof ist die Bundesregierung bei dem Versuch gescheitert, die sogenannte "De-Mail als elektronisches Pendant zur Briefpost in der Bundesverwaltung zu etablieren". Das geht aus den am 30. November veröffentlichten Bemerkungen 2021 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (PDF) hervor. "Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nutzen De-Mail fast gar nicht zur elektronischen Kommunikation", schreiben die Rechnungsprüfer.
Die Deutsche Telekom hatte das De-Mail-Angebot auf der Cebit 2012 im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestartet. Im Jahr 2014 hatte die Bundesregierung die flächendeckende Einführung der De-Mail in der Bundesverwaltung beschlossen. Im E-Government-Gesetz war das Verfahren trotz fehlender Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als sicher erklärt worden.
Nur 6.000 De-Mails verschickt
Dem Rechnungshof zufolge hat das Innenministerium den Erfolg der De-Mail jedoch um den Faktor 1.000 zu hoch eingeschätzt. "Es erwartete, dass diese innerhalb der ersten vier Jahre nach der Einführung bis zu 6 Millionen De-Mails versenden würden. Gegenüber der Briefpost sollte De-Mail in den Jahren 2016 bis 2019 bis zu 3,5 Millionen Euro einsparen. Tatsächlich versandten die Behörden des Bundes in diesem Zeitraum nur 6.000 anstatt der erwarteten 6 Millionen De-Mails. Sie sparten demnach knapp 3.500 Euro ein. In den Jahren 2011 bis 2020 gab der Bund für De-Mail mindestens 6,5 Millionen Euro aus." Damit habe das Ministerium "seine Ziele gänzlich verfehlt".
Den Rechnungsprüfern zufolge wird De-Mail in der Verwaltung kaum genutzt. "Im Jahr 2019 hatten von den insgesamt 121 Behörden des Bundes mit De-Mail-Zugang neun Behörden De-Mail in ihre elektronischen Arbeitsabläufe eingebunden. Weitere sieben Behörden hatten De-Mail lediglich in eine fachliche Anwendung integriert, um ihre Verwaltungsaufgaben zu erfüllen", heißt es. Die Behörden nutzten demnach überwiegend andere elektronische Kanäle wie E-Mail, Web-Formulare oder fachliche Anwendungen, um mit Bürgern sowie Unternehmen zu kommunizieren.
Keine Prüfung vorgenommen
Trotz einer Aufforderung des Rechnungshofs habe das Innenministerium bislang keine Erfolgskontrolle der De-Mail vorgenommen. Dabei hatte die Behörde auch angeregt, bei fehlender Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit De-Mail in der Bundesverwaltung einzustellen. Das Ministerium hat demnach aber Optionen für den Einsatz von De-Mail bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes geprüft und umgesetzt. Es plane, De-Mail als sogenannten Rückkanal zu berücksichtigen. Demnach könnten Behörden darüber beispielsweise Bescheide elektronisch an Bürger sowie Unternehmen zustellen.
Gänzlich aufgeben will die Regierung die De-Mail hingegen noch nicht. Das digitale Postfach des Nutzerkontos, das Bürger künftig durch das Onlinezugangsgesetz erhalten, könne De-Mail nicht ersetzen. Anders als De-Mail sei das Postfach nicht dafür zugelassen, die Schriftform zu ersetzen. De-Mail ermögliche es, auch losgelöst von einem konkreten Antrag, mit der Verwaltung zu kommunizieren.
Ampel vermeidet Bekenntnis zu De-Mail
Im neuen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP fehlt hingegen ein eindeutiges Bekenntnis zur De-Mail. Darin heißt es lediglich: "Auch der Staat muss verpflichtend die Möglichkeit echter verschlüsselter Kommunikation anbieten." Weiter plant die Ampel: "Digitalisierungshemmnisse (Schriftform u. a.) bauen wir mittels Generalklausel ab und vereinheitlichen Begriffe (z. B. "Einkommen"). Ein vertrauenswürdiges, allgemein anwendbares Identitätsmanagement sowie die verfassungsfeste Registermodernisierung haben Priorität."
Das Bundesinnenministerium soll nach dem Ansicht der Rechnungsprüfer nun entscheiden, "inwieweit De-Mail neben einem digitalen Postfach noch sinnvoll in der Bundesverwaltung genutzt werden kann". Dabei habe es auch zu betrachten, "De-Mail als Kommunikationsmittel für die Bundesverwaltung aufzugeben".
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