Youtuber: Kramp-Karrenbauer will "Meinungsmache" vor Wahlen bekämpfen

Die CDU hat sich offenbar sehr über die Kritik aus der Youtuber-Szene vor den Europawahlen geärgert. Nun überlegt die Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer eine Einschränkung der Meinungsfreiheit im Wahlkampf. Weitere CDU-Politiker fordern eine Regulierung.

Artikel veröffentlicht am ,
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer (Bild: Hannibal Hanschke/Reuters)

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will die freie Meinungsäußerung vor Wahlen offenbar einschränken. Mit Blick auf eine Stellungnahme von 70 Youtubern, die gegen die Wahl von Union und SPD bei den Europawahlen aufgerufen hatte, sagte Kramp-Karrenbauer am Montag in Berlin: "Und die Frage stellt sich schon mit Blick auf das Thema Meinungsmache, was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich." Die CDU-Vorsitzende bezeichnete einen vergleichbaren Aufruf von Zeitungsredaktionen als "klare Meinungsmache vor der Wahl".

Inhalt:
  1. Youtuber: Kramp-Karrenbauer will "Meinungsmache" vor Wahlen bekämpfen
  2. Unterstützung aus der CDU

Auf unmittelbare Kritik zu ihren Überlegungen in den sozialen Medien entgegnete die frühere saarländische Ministerpräsidentin auf Twitter: "Es ist absurd, mir zu unterstellen, Meinungsäußerungen regulieren zu wollen. Meinungsfreiheit ist hohes Gut in der Demokratie. Worüber wir aber sprechen müssen, sind Regeln, die im Wahlkampf gelten." Wenn einflussreiche Journalisten oder Youtuber zum Nichtwählen oder gar zur Zerstörung demokratischer Parteien der Mitte aufriefen, "ist das eine Frage der politischen Kultur".

Schwieriger Umgang mit Rezo-Video

Kramp-Karrenbauer spielte damit auf das millionenfach aufgerufene Video des Youtubers Rezo an, das sich unter dem Titel "Die Zerstörung der CDU" kritisch mit der Politik der Regierungsparteien in den vergangenen Jahren auseinandersetzt. Rezo hatte darin dazu aufgerufen, bei den Europawahlen weder der Union noch der SPD oder gar der AfD seine Stimme zu geben. Vor allem bei Erst- und Jungwählern schnitten alle drei genannten Parteien bei den jüngsten Wahlen schlecht ab.

Inwieweit Kramp-Karrenbauer jedoch verfassungsgemäße Regeln aufstellen könnte, um solche Wahlempfehlungen zu verhindern, bleibt offen. Schließlich gelten auch für private Zeitungsredaktionen keine diesbezüglichen Einschränkungen. Es hat sich in Deutschland, im Unterschied zu den angelsächsischen Ländern, allerdings nicht eingebürgert, vor Wahlen den Lesern Wahlempfehlungen auszusprechen. In den USA empfahlen beispielsweise vor den Präsidentschaftswahlen 2016 fast alle Zeitungen ihren Lesern, der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton und nicht Donald Trump ihre Stimme zu geben.

Scharfe Kritik an Überlegungen

Auch ist unklar, was Kramp-Karrenbauer unter "Meinungsmache" versteht. Es erscheint widersinnig, ausgerechnet vor Wahlen das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken, um damit Kritik an den Parteien zu unterbinden. Da es vergleichbare Regeln in der "analogen Welt" nicht gibt, ist zudem unklar, was davon auf Youtube übertragen werden könnte. Lediglich die öffentlich-rechtlichen Sender sind zu einer ausgewogenen und vielfältigen Berichterstattung verpflichtet.

Die CDU-Vorsitzende wird daher scharf kritisiert. So twitterte der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert: "Widerspruch in der Sache ist nicht Wahlkampf und muss folglich auch nicht reguliert werden. Diesen Widerspruch darf jede und jeder leisten. Egal, ob im Leitartikel, auf Youtube oder am Stammtisch. Verkneife mir als guter Demokrat alle DDR-Vergleiche ...". Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger bezeichnete die Forderung Kramp-Karrenbauers als "abwegig" und fügte hinzu: "Wir brauchen eine Debatte über politische Lösungen - Zensur hat in einer Demokratie nichts verloren."

Doch Kramp-Karrenbauer zeigte sich in ihrer Stellungnahme als sicher, das Thema werde "in der gesamten medienpolitischen und auch demokratietheoretischen Diskussion der nächsten Zeit" eine Rolle spielen. Daher werde die CDU "diese Diskussion auch sehr offensiv angehen".

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Unterstützung aus der CDU 
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sankari 11. Jun 2019

Ich schrieb mehrmals, dass es sich um gleiche Areale (im Sinne von örtlicher...

GodsBoss 08. Jun 2019

Also ein weiteres Plus?

OmranShilunte 02. Jun 2019

ich teile zwar die meinung des autors, aber ich verstehe total, was du meinst. anders als...

OmranShilunte 02. Jun 2019

doch, das macht einen riesenunterschied. die verschwörgungstheorien der marke "die...



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