Worldcoin: Startup scannt weltweit Augen für eine Kryptowährung
Das deutsche Startup Worldcoin verschenkt Kryptogeld im Gegenzug für biometrische Irisscans. Neue Berichte werfen viele Fragen auf.

Worldcoin hat sich das Ziel gesetzt, allen Menschen auf der Welt den Zugang zu Kryptowährungen zu ermöglichen. Journalisten von Technology Review und Buzzfeed News berichten unabhängig voneinander von schweren internen Problemen bei dem Startup. Worldcoin soll die Privatsphäre seiner Nutzer missachtet und Probleme mit freien Angestellten gehabt haben.
Die zentrale Idee hinter Worldcoin ist eine Authentifizierung von Nutzern mittels biometrischen Irisscans. Dafür verwendet das Unternehmen ein selbstentwickeltes Gerät namens Orb. "Der Orb erfasst ein Bild der Augen einer Person, das in einen kurzen numerischen Code umgewandelt wird, so dass überprüft werden kann, ob sich die Person bereits angemeldet hat", beschreibt Worldcoin den Vorgang. So hat das Unternehmen laut eigenen Angaben bislang 450.000 Augenpaare gescannt - und zur weiteren Auswertung vorerst gespeichert.
Jede Person soll dafür einmalig einen Anteil an Worldcoin mit einem Gegenwert von 20 US-Dollar erhalten. Das Startup will so nach eigenen Angaben weltweit Menschen die Teilhabe an einer Kryptowährung ermöglichen. Technology Review berichtet, dass neue Nutzer "Worldcoin im Wert von mindestens 15 US-Dollar" für den biometrischen Scan erhalten würden, weitere 5 US-Dollar, wenn sie sich in ihrer Worldcoin-Wallet anmeldeten.
Die Auszahlung erfolge Nutzern zufolge teils auf einmal, teils in kleineren Raten. Diese Werte sind bislang aber rein theoretisch, denn die Kryptowährung ist noch nicht gestartet. Daher kann selbst Worldcoin nicht sagen, wie hoch der Gegenwert letztendlich ist.
Wertvolle Datensammlung statt großzügiger Teilhabe
Bereits aktiv eingesetzt wird aber der aufwendige Authentifizierungsprozess über die Iriserkennung. Dieser soll sicherstellen, dass sich kein Mensch einen doppelten Anteil an Worldcoin sichert. Dass die dafür erfassten biometrischen Daten höchst sensibel sind, weiß Worldcoin.
Auf seiner Webseite beschreibt das Unternehmen sein Sytem als "Privacy by Design" und versichert, dass das vom Orb aufgenommene Bild "sofort über eine irreversible Funktion in einen eindeutigen Identifikator umgewandelt und dann dauerhaft gelöscht" werde. In einer kleingedruckten Zeile über dem Text korrigiert das Unternehmen allerdings, dass während der momentan laufenden Feldtests die Daten noch gesammelt und gespeichert würden.
"Während unserer Feldtestphase sammeln und speichern wir mehr Daten als nach Abschluss der Testphase" heißt es in Worldcoins separatem Privatsphäre-Erklärtext. Man verwende diese Daten, um Algorithmen zur Betrugserkennung zu trainieren. "Ohne diese Daten wären wir nicht in der Lage, so vielen Menschen wie möglich auf der Erde einen fairen und inklusiven Anteil an Worldcoin zu geben. Aber wir können es nicht erwarten, mit dem Sammeln der Daten aufzuhören, und wir möchten klarstellen, dass es niemals unser Geschäft sein wird, Ihre persönlichen Daten zu verkaufen."
Wie nötig dieser Betrugserkennungsmechanismus ist, bleibt fraglich, denn momentan wird Worldcoin nicht mit Anfragen nach Teilhabe überrannt. Stattdessen beschäftigt das Unternehmen weltweit Dutzende sogenannte Orb Operators, die Menschen aktiv darauf ansprechen, ob sie ihre Augen scannen lassen wollen. Dieser Feldtest läuft in Chile, Kenia, Indonesien, Sudan und Frankreich. Allein in Chile haben Worldcoin nach eigenen Angaben so in sechs Monaten mehr als 18.000 Nutzer gewonnen - beziehungsweise Augenpaare gescannt.
Dubiose Vermarktungsmethoden
Den Berichten von Buzzfeed News und Technology Review zufolge scheint das Sammeln der biometrischen Daten einen größeren Stellenwert einzunehmen als das Verteilen von Worldcoin-Anteilen. Einige Personen wurden nicht mit Worldcoin, sondern der älteren Kryptowährung Bitcoin für einen Irisscan belohnt. Aussagen von interviewten Personen widersprechen den Angaben von Worldcoin, dass die Mehrheit der Nutzer sich für die noch hypothetische Währung Worldcoin entschieden habe.
Vor allem bei Scan-Aktionen in Afrika zögerten die Menschen, sich scannen zu lassen, berichtet Buzzfeed News. Das sei schlechten Erfahrungen mit weit verbreiteten Kryptowährungs-Betrügereien und dem dystopischen Aussehen des silbern glänzenden Orbs geschuldet. Orb-Betreiber hätten teilweise auch Bargeld in der Landeswährung und T-Shirts verteilt sowie höchst spekulative Wertsteigerungen von 500 Prozent bei Worldcoin versprochen.
Worldcoin betonte gegenüber Technology Review, dass die Durchführenden der Scans freie Mitarbeiter seien, keine Angestellten des Unternehmens. Laut Buzzfeed News wurden mindestens zwei Orb-Betreiber von der Polizei in Simbabwe festgenommen, weil Kryptowährungstransaktionen dort verboten sind. Es gab dem Bericht zufolge aber "weniger als fünf" solcher Vorfälle.
Startup mit deutschen Wurzeln
Worldcoin ist in San Francisco ansässig, entstand aber zumindest zum Teil auch in Deutschland. Die Orbs werden in Erlangen hergestellt, wo CEO Alex Blania an der FAU studiert hat. Er versicherte Buzzfeed News, dass das Unternehmen die datenschutzrechtliche Situation in neuen Märkten genau prüfen werde.
Noch im März 2022 konnte das Startup weitere 100 Millionen US-Dollar von Investoren einsammeln, obwohl kurz zuvor noch die Arbeit in mehreren Ländern eingestellt wurde. Hintergrund waren Bedenken beim Datenschutz.
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Mehr Daten machen es auch schlimmer. Das Gefährliche am Irisscan ist, dass du den...
diese aussage ist falsch in Afrika ist das bezahlen mit Handy oder Smartphone extrem...
Erstens: du :D Zweitens: es ist doch wohl korrekt, oder etwa nicht? Bitcoin ist...