Schriftliche Kommunikation sorgt für mehr Transparenz
Es gibt noch weitere Vorteile von Async: Weniger Meetings bedeutet, dass der Arbeitsalltag tatsächlich flexibler eingeteilt werden kann und nicht nur um Termine herum gearbeitet werden muss. Statt zu einem festen Termin ein Status-Update liefern zu müssen, wird der aktuelle Stand fortlaufend an zentraler Stelle dokumentiert. Die meisten Projektmanagement-Systeme wie Jira, Asana oder Basecamp sind dafür geeignet.
Weil die Dokumentation anders als bei synchroner Kommunikation nicht in Chatnachrichten oder Videochats stattfindet, entsteht gleichzeitig mehr Transparenz. Undurchsichtige E-Mail-Ketten oder Gruppenchats, um herauszufinden, was denn "der aktuelle Stand bei XYZ ist", entfallen.
Und weil niemand erwartet, dass eine Nachricht möglichst schnell beantwortet wird, können E-Mails ausschließlich zu festen Zeiten, etwa dreimal am Tag für jeweils zehn Minuten, beantwortet und Slack einfach mal für einige Stunden ausgeschaltet werden.
Das kommt dem Ideal des Homeoffice schon ziemlich nahe. Doch wer denkt, asynchrone Kommunikation bedeutet, einfach nur ein bisschen weniger zu chatten und mehr konzentriert zu schaffen, irrt. "Der Wechsel zu Async passiert nicht über Nacht. Es bedarf neuer Tools, Prozesse und Gewohnheiten", schreibt Salihefendic.
Es sei ein Paradigmenwechsel notwendig. Denn asynchrone Kommunikation bedeutet nicht zwangsweise, dass weniger kommuniziert wird, sondern dass anders kommuniziert wird. Die Softwarefirma Gitlab hat auf ihrer Website einen kleinen Leitfaden, wie man sich einer asynchronen Arbeitskultur annähern kann.
Ob Async funktioniert oder nicht, hängt dabei vor allem von zwei Dingen ab: Planung und Dokumentation. Weil bei asynchroner Kommunikation nachträgliche Änderungen und Zwischenfragen ("Kannst du das schnell vorziehen?") minimiert werden sollen, ist es umso wichtiger, dass alle Beteiligten wissen, wer woran arbeitet und wie viel Zeit dafür vorgesehen ist.
30 Minuten pro Tag für die Dokumentation einplanen
Async funktioniert vor allem gut bei iterativen Workflows, in denen verschiedene Beteiligte nach und nach, aber eben zeitversetzt, an einem Projekt arbeiten. Die Anforderungen werden einmal zu Beginn möglichst klar und präzise formuliert, was schon zum zweiten Punkt führt: Dokumentation.
Die Befürworter von Async schwören auf schriftliche Dokumentation, denn wenn sie gut gemacht wird, gibt es weniger Unklarheiten, die später dann noch "bilateral" geklärt werden müssen, wie es im Bürojargon so schön heißt. Gute Dokumentation, das wissen nicht nur Programmierer, will gelernt sein.
In einem asynchronen Umfeld ist es nicht selten, dass einmal am Tag rund 30 Minuten damit verbracht werden, den aktuellen Stand seiner Arbeit zu kommunizieren. Das klingt viel, doch es ist immer noch besser, als am Tag zwei Dutzend E-Mails und Slack-Nachrichten zu beantworten, nur um mitzuteilen, dass man sich "jetzt ransetzt" oder "fast fertig" ist und am Ende doch niemand weiß, "was jetzt der aktuelle Stand ist".
Auf die richtige Mischung kommt es an
Trotz der potenziellen Vorteile ist aber auch klar: Async eignet sich nicht gleichermaßen für alle Tätigkeiten und Branchen. Eine Nachrichtenredaktion etwa ist stets auf schnelle Reaktionen und direkte Absprachen mit Autoren, Redakteuren und Layoutern angewiesen. Für Ideensuche und Brainstorming ist es hilfreich, wenn die Beteiligten synchron miteinander kommunizieren und sofort Feedback geben können. Einzelne Abteilungen, etwa im Support- oder Kundenbereich, müssen für Nachfragen und Notfälle zur Verfügung stehen.
Und dann gibt es, auch das lehrt die Zeit im Homeoffice, noch die zwischenmenschliche Komponente: Der synchrone Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen ist wichtig für das Miteinander und die Psyche. Deshalb spricht nichts dagegen, den asynchronen Alltag immer mal wieder mit synchroner Kommunikation zu ergänzen, selbst wenn es nur darum geht, sich kurz über Petras Geburtstagsgeschenk auszutauschen oder kurz seinen Vorgesetzten direktes Feedback über ein abgeschlossenes Projekt zu geben.
Selbst Unternehmen wie Doist, die weitestgehend asynchron kommunizieren, wissen das. Gründer Amir Salihefendic glaubt, dass bei Doist inzwischen etwa 25 Prozent der Arbeit synchron stattfindet, 70 Prozent asynchron und 5 Prozent persönlich. Am Ende kommt es also auf die Mischung an. Kein Unternehmen muss von heute auf morgen seine gesamte Kommunikation umstellen. Aber gerade jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um die eigenen Tools und Workflows einmal zu hinterfragen: Geht die Arbeit im Homeoffice nicht doch ein bisschen präziser, produktiver - und vor allem mit etwas weniger Tock-tock?
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Workflow: Arbeite lieber asynchron! |
- 1
- 2
LineageOS ohne Google-Dienste hilft. Ohne FCM kommen nur Signal-Nachrichten, SMS und...
Telefon ist super unhöflich und aufdringlich. E-Mails werden häufig nur einmal am Tag...
Nie? Ich kanns mir ehrlich gesagt gar nicht ohne Ticketsystem vorstellen. Zumindest, wenn...
Völlig korrekt. Gilt für jede Arbeit. Warum der Bezug auf Home-Office (im Artikel...
Kann ich dem TE nur zustimmen. Ich sehe das auch sehr häufig, Leute fangen ohne Grund an...