Wir müssen uns um alles kümmern
Workers & Resources: Soviet Republic ist Mikromanagement pur. Wir können nicht nur Arbeitern die Arbeitsstätten zuweisen, Warenmengen in den Lagern bestimmen, Transport- und Fahrwege festlegen und selbst die Anzahl der Waggons unserer Züge bestimmen; wer erfolgreich sein will, der muss das auch tun. Wer in einer Mangelwirtschaft Bauprojekte durchziehen will, kommt nicht darum herum, Arbeiter und Baumaterialien händisch zuzuweisen. Arbeiter, die in einem Wohnblock leben, können auf verschiedene Fabriken verteilt werden; wir können sogar prozentual einstellen, wie viele Arbeiter in welcher Fabrik arbeiten sollen. Sollte es zu wenige Arbeiter geben, können wir auch Personal aus befreundeten Staaten anfordern.
Das Mikromanagement erstreckt sich auf nahezu alle Bereiche des Spiels: Bauen wir eine Lebensmittelfabrik, müssen wir den Transport der Ressourcen von unserer Farm mit Lastwagen organisieren. Wir können auch Rohstoffe im Ausland kaufen. Die fertigen Lebensmittel müssen zu einem Supermarkt transportiert werden - machen wir das nicht, müssen wir auch hier gegen Geld Waren importieren. In Workers & Resources: Soviet Republic handeln wir stets mit zwei Währungen: Rubel und US-Dollar, also Devisen. Diese Zweiteilung der Finanzen ist realistisch und stellte beziehungsweise stellt zahlreiche sozialistische Staaten vor große Probleme. Entsprechend müssen wir uns entscheiden, mit welchen Rohstoffen wir mit unseren sozialistischen Freunden handeln und welche Dinge wir vom kapitalistischen Feind kaufen beziehungsweise an ihn verkaufen.
Die enorme Spieltiefe ist herausfordernd, macht aber Spaß - Workers & Resources: Soviet Republic ist eine Herausforderung. Frei von Fehlern oder nervigen Elementen ist das Spiel aber nicht, was uns bereits beim Bau der ersten Häuser und Straßen auffällt. Ziehen wir beispielsweise mit der Maus eine Straße, wird diese nicht sofort bei der Bewegung des Mauszeigers gebaut, sondern erst als eine gedachte Linie auf die Karte projiziert. Das Problem dabei ist: Es handelt sich um eine Luftlinie, Kurven können wir also nur dann sinnvoll platzieren, wenn wir zwischendrin immer wieder absetzen. Und auch dann bringt uns der Straßenbau schnell zur Weißglut: Zu oft passiert es uns, dass wir ein Gebäude bauen, dessen Straßenanbindung anschließend wegen zu enger Kurvenradien nicht möglich ist. Zwar ist es schön und gut, dass wir aus zahlreichen verschiedenen Straßenarten wählen können, der Baumechanismus macht uns allerdings wahnsinnig.
Das betrifft nicht nur die Straßen: Auch der Bau größerer Strukturen ist mitunter umständlich. Wie bei vielen Simulationsspielen können wir Gebäude nur auf ebenen Flächen bauen; in Workers & Resources: Soviet Republic können wir beim Bau eines Gebäudes selbst den Boden einebnen lassen, was aber nicht bei sehr hügeligem Gelände funktioniert. Dann müssen wir per Hand einebnen, was trotz eines Gitternetzes äußerst unübersichtlich ist. Auch beim Bau von Gleisen haben wir so unsere Probleme. Besonders beim Bau der langen Strecke zur Grenze mit unserem sozialistischen Nachbarn hat die Kombination aus Luftlinien-Mechanismus und stellenweise notwendiger manueller Einebnung des Geländes unsere Geduld auf die Probe gestellt. Am Ende haben wir die Strecke in kleineren Einzelabschnitten fertiggestellt, was wir umständlich finden.
In einer Wirtschaftssimulation eigentlich unnütz, aber doch ein atmosphärisch schönes Element sind die original- und zeitgetreuen Fahrzeuge und Züge im Spiel. Die Modelle sind zwar nicht sehr detailreich, aber das geübte Auge erkennt Barkas und IFA-Lkw trotzdem sofort. Die große Anzahl an scheinbar gleichartigen Fahrzeugen im Spiel verwirrt auf den ersten Blick. Doch sie unterscheiden sich im Preis, der Transportkapazität, Geschwindigkeit und Benzinverbrauch. Gerade auf den höheren Schwierigkeitsgraden gilt es dann genau abzuwägen, um zum Beispiel nicht zu viel Geld für Benzinimporte auszugeben.
Fazit
Workers & Resources: Soviet Republic ist eine beeindruckend umfangreiche Wirtschaftssimulation, die sich auch auf das Verkehrswesen erstreckt. Wir müssen im Spiel nahezu alle Bereiche unseres Staates im Auge behalten. Nur so lässt sich verhindern, dass wir irgendwann pleitegehen, weil wir zu viel Geld für Importe ausgegeben haben, etwa für Kohle oder Lebensmittel.
Das Spiel ist dabei so komplex, dass wir die Bewohner einzelner Wohnblöcke prozentual auf verschiedene Arbeitsstätten aufteilen müssen. Das ist in unserer Mangelwirtschaft auch notwendig: Irgendetwas fehlt immer, weshalb wir flexibel Arbeiter zuteilen müssen. Das ist in Workers & Resources: Soviet Republic sehr gut umgesetzt.
Wer wie in Sim City oder der Anno-Serie schön in Planquadrate und Funktionen aufgeteilte Städte bauen will, wird in W&R zwangsläufig scheitern. Das verhindern das Höhenmodell der Karte und der Zwang, die Länge der Laufwege im Auge zu behalten. Aber auch die über die Karte verstreuten Lagerstätten für Kohle, Erz und Öl erzwingen zwangsläufig den Bau teils isolierter Industriegebiete.
Hinter all den grauen Plattenbauten, klapprigen Lkw und schmuddeligen Fabriken steckt eine komplexe Wirtschafts-, Sozial- und Infrastruktursimulation. Wem Sim City und die Anno-Serie mittlerweile zu einfach sind, der sollte trotz aller Macken zu Workers & Resources: Soviet Republic greifen. Wir haben bislang 30 Stunden im Spiel verbracht und trotzdem noch das Gefühl, ganz am Anfang zu stehen.
Workers & Resources: Soviet Republic ist bei Steam erhältlich und kostet 22 Euro. Das Spiel ist aktuell noch im Early Access erhältlich, die von uns kritisierten Punkte könnten also noch verbessert werden.
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Workers & Resources im Test: Vorwärts immer, rückwärts nimmer |
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Thx.
Sorry, aber ein Spiel, wo du hunderte von Arbeitern intensiver micron musst als einen Sim...