Wissenschaft: Wer soll an den Lithium-Luft-Akku glauben?

Forschungsergebnisse zu Akkutechnik sind in Wissenschaftsjournalen, der Wissenschaftskommunikation und Medien zu einer Frage des Vertrauens geworden. Zweifel sind oft angebracht – wie sich aktuell wieder zeigt.

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Auch diesmal wird das Versprechen vom Wunderakku nicht zu halten sein.
Auch diesmal wird das Versprechen vom Wunderakku nicht zu halten sein. (Bild: Martin Wolf / Golem.de)

In der Theorie ist der Lithium-Luft-Akku die physikalisch bestmögliche Akkutechnologie. Denn Strom wird beim Entladen des Akkus nicht durch chemische Reaktionen mit schweren Verbindungen wie Eisenphosphat oder Kobaltoxid gewonnen, sondern durch die Reaktion von Lithium mit dem Sauerstoff in der Luft. Die potenzielle Gewichtseinsparung ist enorm. Die Forschung an der Technologie sorgt deshalb immer wieder für Schlagzeilen mit dem viel zu oft gemachten Versprechen von einem großen Durchbruch in der Akkutechnik.

Inhalt:
  1. Wissenschaft: Wer soll an den Lithium-Luft-Akku glauben?
  2. Statt 685 Wh/kg liefert der Akku nur 7 Wh/kg
  3. Falsche Darstellungen gelangen bis in die Weltpolitik

Diesmal ist ein Paper im Journal Science für die Schlagzeilen verantwortlich. Obwohl die Forschung im Kern seriös ist, wird auch diesmal das Versprechen vom nächsten Wunderakku nicht zu halten sein. Die Forschungsgruppe aus Universitäten der USA und Saudi-Arabien ist dabei durch eine absichtlich verzerrte Darstellung ihrer Forschung in jeder Hinsicht mitverantwortlich für das Wecken falscher Hoffnungen. Um ein Paper im prestigeträchtigen Journal Science veröffentlichen zu können, sind große Versprechen von wissenschaftlichen Durchbrüchen aber längst üblich und unumgänglich geworden.

Objektiv handelt es sich wohl um die bislang praxisnächste Demonstration des Funktionsprinzips eines Lithium-Luft-Akkus. Statt reinem Sauerstoff kam beinahe echte Luft zum Einsatz, ein Gemisch aus Stickstoff und Sauerstoff wie in der Luft, mit 45 Prozent Luftfeuchtigkeit und 500 ppm CO2. Es fehlten nur noch reaktive Spurengase wie Stickoxide, Ozon oder Kohlenmonoxid.

Endlich funktioniert das Grundprinzip

Dabei konnte gezeigt werden, dass die beim Entladen des Akkus entstehende Kruste aus Lithiumoxid elektrisch leitfähig und auch durchlässig für Lithium-Ionen ist. Nebenprodukte aus der Reaktion mit Wasser und CO2 entstanden nur in kleinen Mengen. Das sind die Grundvoraussetzungen für einen funktionierenden Lithium-Luft-Akku.

Demonstriert wurde auch, dass der Prozess in beide Richtungen ablaufen kann, beim Laden das Lithium zur Anode zurückkehrt und der gebundene Sauerstoff wieder freigesetzt wird. Es handelt sich damit um eine wichtige wissenschaftliche Grundlagenarbeit, die einen weiteren Schritt zur Umsetzung der Technologie in der Praxis darstellt.

Aber es ist kein Akku, der mit hohen Lade- und Entladeraten betrieben werden kann und 1.000 Ladezyklen aushält, wie im Abstract des Papers versprochen wird. Von der in der Zusammenfassung des Papers genannten Energiedichte von 685 Wh/kg, fast dreimal so viel wie bei den besten gebräuchlichen Lithium-Ionen-Akkus, wurde bei den Ladezyklen gerade einmal ein Prozent genutzt. Die Wissenschaftskommunikation des beteiligten Argonne National Laboratory geht sogar noch weiter und spricht von 1.200 Wh/kg sowie vom Einsatz in Autos, Lkw und Flugzeugen.

Doch von einem einsatzfähigem Akku war die elektrochemische Zelle im Labor noch sehr weit entfernt. Die Zelle bestand aus einem festen Elektrolyt, ein Komposit aus einer Keramik und einem Polymer, das auf einer Lithiumfolie als Anode aufgebracht wurde. Als Kathode wurde auf der anderen Seite des Elektrolyts ein Kohlefasertuch mit einer Dicke von einem halben Millimeter aufgebracht, das mit einer kleinen Menge Trimolybdänphosphid als Katalysator besprüht wurde. Diese Kohlefasertücher werden bereits im Laborbedarf für Elektrolyseure und Brennstoffzellen verkauft.

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Statt 685 Wh/kg liefert der Akku nur 7 Wh/kg 
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spide1500... 01. Apr 2023 / Themenstart

Im Stadtverkehr bin ich mit einem Long range bei 15kwh inkl selten Autobahn. Keine...

Frank... 30. Mär 2023 / Themenstart

Ich glaube daran, die Frage nach der (möglichst auch industriellen) Machbarkeit *vor...

Doener 29. Mär 2023 / Themenstart

Marketing hat nichts mit einer wissenschaftlichen Arbeit zu tun. Es gibt weder eine...

eastcoast_pete 29. Mär 2023 / Themenstart

Ist gerade bei den sogenannten "Top Journals" in den Wissenschaften allgemein ein großes...

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