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Wissenschaft: Nobelpreis für Grundlagen der Quantencomputer

Die ersten Experimente der 1970er, 80er und 90er Jahre, die die heute die Grundlagen von Quantenkryptographie und Quantencomputern bilden, wurden ausgezeichnet.
/ Frank Wunderlich-Pfeiffer
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Die Wahl fiel auf frühe Untersuchungen der Quanteninformationstheorie. (Bild: Nobel Prize/Screenshot: Golem.de)
Die Wahl fiel auf frühe Untersuchungen der Quanteninformationstheorie. Bild: Nobel Prize/Screenshot: Golem.de

John Clauser, Alain Aspect und Anton Zeilinger erhalten den diesjährigen Nobelpreis für Physik für die Erforschung der Grundlagen der Quanteninformationstechnik, insbesondere der Quantenverschränkung, auf der die heutigen Entwicklungen der Quantenkryptographie und Quantencomputer beruhen.

Ihre Arbeit habe der Wissenschaft die Augen für die Tragweite der theoretischen Entdeckungen von Erwin Schrödinger geöffnet, heißt es in der Begründung(öffnet im neuen Fenster) . Die drei Forscher erhielten bereits 2010 den Wolf-Preis für Physik für die gleiche Arbeit.

John Clauser untersuchte 1972 erstmals die sogenannte Bell-Ungleichung der Quantenphysik in Experimenten mit polarisierten Photonen und wies die sogenannten Bell-Zustände nach, die auch als verschränkte Photonen bekannt sind. Dabei können die Messergebnisse von zwei Experimenten mit Photonen an zwei weit voneinander entfernten Orten direkt voneinander abhängen, obwohl die Art der Messung zufällig beim Eintreffen des Photons ausgewählt wird und nicht von Anfang an feststeht.

Zwei Teilchen, die sich wie ein einziges verhalten

Die Messverfahren wurden in den 80er und 90er Jahren von Aspect und Zeilinger weiter verfeinert, um Fehler und Verfälschungen durch Einflüsse von außen auszuschließen. Denn eigentlich sollte sich kein Zusammenhang zwischen den beiden Messungen finden. Schließlich sind die Experimente so weit voneinander entfernt, dass nach der Entscheidung, welche Messung durchgeführt wird, keine Information zwischen den beiden Messstellen mehr übertragen werden kann. Aber wenn die zwei Photonen vorher miteinander verschränkt waren, liefert die Messung am zweiten Photon das entgegengesetzte Ergebnis der ersten Messung.

Das kann nicht passieren, wenn es sich um zwei unabhängige Photonen handelt. Stattdessen verhalten sich zwei verschränkte Photonen wie ein einziges physikalisches Objekt, das aus zwei Photonen besteht und an zwei weit voneinander entfernten Orten gleichzeitig existiert. In der Physik wird davon gesprochen, dass die physikalischen Eigenschaften solcher Teilchen nicht-lokal sind. Ein ähnliches Verhalten wurde auch für eine Reihe anderer physikalischer Teilchen und Quasiteilchen beobachtet, insbesondere beim Spin von Elektronen oder den elektromagnetischen Zuständen von supraleitenden Schwingkreisen.

Quantencomputer sind noch nicht praxistauglich

Die Quantenkryptographie macht sich die nicht-lokalen Eigenschaften verschränkter Teilchen zunutze, um Informationsübertragung sicher zu verschlüsseln. Dabei erhalten sowohl Sender als auch Empfänger einen Teil eines verschränkten Photonenpaars und messen dessen Eigenschaften. Der Sender nutzt die Information über das verschränkte Photonenpaar, um ein Bit zu verschlüsseln, und ermöglicht dem Empfänger so die Entschlüsselung. Da die Quantenzustände der einzelnen Photonen nicht kopiert werden können, ist dieser Teil der Nachrichtenübertragung gegen Abhören gesichert.

Fortgeschrittenere Anwendungen ähnlicher Verfahren, bei denen die Quanteneigenschaften von Photonen oder Elektronen gezielt beeinflusst werden, machen den Bau von Quantencomputern möglich, in denen mehrere Qubits mehrfach miteinander verschränkt werden und somit physikalisch ein einziges Objekt bilden. Dabei können alle Teile diese Objekts gleichzeitig beeinflusst werden und somit theoretisch schnellere Rechnungen als herkömmliche Computer mit digitalen Bits ermöglichen. Bislang konnte allerdings noch kein Quantencomputer gezielte Berechnungen durchführen, die diese sogenannte Quantenüberlegenheit praktisch anwendbar demonstrierte.

Anton Zeilinger, der nur eine Stunde vor der Preisverleihung von der Auswahl erfuhr, konnte noch während der Preisverleihung interviewt werden und sagte am Telefon "Ich war geschockt, aber es war ein positiver Schock." Seine Antwort auf die Frage, wie er zu dem Thema gekommen sei, dürfte für Menschen im heutigen Forschungsbetrieb hingegen kaum noch als realistischer Ratschlag gelten: "Mach, was du interessant findest, kümmere dich nicht um Anwendungen."


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