Wissenschaft: Musikhandschuh hilft bei Rückenmarksverletzung
Ein Handschuh, der vibriert, wenn ein Ton auf dem Klavier angeschlagen wird, erleichtert nicht nur das Klavierspielenlernen. Er hilft auch Probanden mit einer Rückenmarksverletzung dabei, zu greifen und zu fühlen.

Ein vibrierender Handschuh, der ursprünglich dafür entwickelt wurde, das Klavierspiel zu verbessern, hat sich in der Therapie von Rückenmarksverletzungen bewährt: Die Träger konnten nach einem achtwöchigen Test deutlich besser greifen und fühlen.
Mobile Music Touch (MMT) ist ein Halbhandschuh, auf dessen Rücken ein kleines Kästchen sitzt. In den kurzen Fingeransätzen sind Vibratoren angebracht. Der Handschuh wird zusammen mit einem speziellen Klavier genutzt, dessen Tasten aufleuchten. Dem Musikschüler wird vom Computer oder einem MP3-Player eine neue Melodie vorgespielt. Dabei leuchten die angeschlagenen Tasten auf. Gleichzeitig vibriert der Finger, der spielen soll.
Einsatz in der Reha
Ihnen sei die Idee gekommen, diesen Handschuh für die Rehabilitation von Patienten mit Tetraplegie einzusetzen, berichten die Forscher von Georgia Institute of Technology (Georgia Tech). Diese haben aufgrund einer Rückenmarksverletzung Einschränkungen bei der Sensorik und der Motorik.
Die Forscher ließen eine Gruppe mit Probanden während des achtwöchigen Projekts jeden Tag eine halbe Stunde lang Klavier spielen. Die eine Hälfte der Teilnehmer erhielt einen MMT, die anderen nicht. Die MMT-Nutzer trugen den Handschuh zudem an fünf Tagen jeweils zwei weitere Stunden. Dabei wurden ihnen Vibrationen eingespielt, ohne dass sie diese am Klavier reproduzierten. In früheren Studien hatte sich gezeigt, dass die MMT-Träger bei einer solchen passiven Nutzung Stücke schneller erlernten und besser behielten.
Fühlen und greifen
In der Studie zeigte sich, dass die passive Nutzung auch einen heilenden Effekt hatte: Die Probanden lernten dabei nicht nur das Klavierspielen. Sie konnten auch mehr fühlen. Nach Abschluss der Studie ließen die Forscher die Probanden verschiedene Greif- und Fühltests durchführen. Dabei erzielte die Gruppe, die den MMT bekommen hatte, deutlich bessere Ergebnisse als die andere, die ohne den Handschuh Klavier spielte.
Einige der Probanden hätten Gegenstände besser greifen können, erzählt Projektleiterin Tanya Markow. Ein anderer habe berichte, er fühle die Wärme einer Kaffeetasse sofort und nicht mit Verzögerung. "Wir waren überrascht, welche Verbesserungen sie während unserer Studie erzielten", resümiert Markow. "Einige Probanden konnten, nachdem sie den Handschuh getragen hatten, zum ersten Mal seit ihrer Verletzung wieder die Textur ihrer Bettdecke oder ihrer Kleider fühlen." Die Verletzung lag bei den Probanden schon ein mindestens Jahr zurück - nach dieser Zeit zeigen die Betroffenen meist nur noch wenig Verbesserungen.
Vibrationen wecken Gehirn
Markow vermutet, dass die Verbesserung der motorischen Fähigkeiten durch eine Anregung bestimmter Hirnregionen verursacht wird, die nach einer Rückenmarksverletzung in Untätigkeit verfallen können. Die Vibration rege den für die Hand zuständigen sensorischen Cortex an, der wiederum den motorischen Cortex anrege, lautet ihre Hypothese. Diese will sie mit Hilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie (Functional Magnetic Resonance Imaging, fMRI) überprüfen.
Der vibrierende Musikhandschuh wurde 2008 am Georgia Tech entwickelt. Thad Starner von der School of Interactive Computing am Georgia Tech kam auf die Idee, ihn auch in der Therapie einzusetzen. Die Geräte, die normalerweise für die Handrehabilitation eingesetzt würden, seien eher langweilig und gäben keine Rückmeldung oder gar eine Belohnung. Da sei MMT ganz anders. "Das ist ein tolles Beispiel dafür, wie Wearable Computing das Leben der Menschen verändern kann."
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Würde mich nicht wundern, wenn der Handschuh zukünftig registrieren muss, wann man eine...