Wenig Zeit, Personal und Fachkompetenz
Prominente Wissenschaftsjournale können durch die Auswahl ihrer Papers darauf verweisen, dass die wichtigste Forschung dort stattfindet. Veröffentlichungen in Nature oder Science gelten als wichtiger Schritt in der Karriere von Wissenschaftlern und werden auch zur Geldverteilung an Lehrstühle, Forschungszentren und ganzen Universitäten herangezogen. Die teils krassen Fehlleistungen der besonders prominenten Journale und die schon erwähnte Unzuverlässigkeit ihrer Ergebnisse wird dabei aber selten berücksichtigt.
Fehlleistungen kommen zustande, weil die Redaktion der Journale keine angemessene eigene fachliche Kompetenz hat. Nach eigener Aussage der Webseite von Nature müssen bei Nature gerade einmal 280 Mitarbeiter jährlich über 50.000 wissenschaftliche Papers bearbeiten, was zu viel für eine gewissenhafte Überprüfung ist, selbst wenn die Mitarbeiter mit allen relevanten Feldern vertraut wären. Die Paper werden deshalb im Peer-Review-Verfahren geprüft. Dabei werden sie anderen Wissenschaftlern aus dem gleichen Feld zur Beurteilung vorgelegt. Diese bleiben anonym und unbezahlt und müssen diese Arbeit neben ihrem restlichen Arbeitspensum erledigen.
Der Prozess ist problematisch. Da Redakteuren der Wissenschaftsjournale meistens schlicht die nötige Arbeitszeit und eigene Expertise fehlt, sind sie auf Listen von Wissenschaftlern in dem Feld oder Autoren der im Paper genannten Quellen angewiesen. Besonders in kleinen Forschungsfeldern führt das zu Interessenkonflikten, bei denen sich einander gut bekannte Forscher gegenseitig beurteilen, auch wenn sie nicht in der gleichen Universität oder dem gleichen Land arbeiten.
Dabei können Paper von Konkurrenten absichtlich schlecht beurteilt werden oder minderwertige Paper eine positive Beurteilung bekommen, um die Veröffentlichung zu ermöglichen. Denn in der Beurteilung der Arbeit durch die Vorgesetzten zählen vor allem die Zahl der veröffentlichten Paper und das Journal - nicht aber dessen Inhalt.
Das Ergebnis sind immer wieder fehlerhafte Veröffentlichungen, vor allem bei der Suche nach großen Sensationen. Die Wissenschaftsverlage lassen sich dabei für jeden Schritt der Publikation sehr hoch bezahlen, sowohl für die Annahme als auch für das Lesen des Papers.
Hohe Profitraten schließen die Öffentlichkeit von der Wissenschaft aus
Typischerweise kostet der Download eines Papers rund 30 bis 40 Euro. Nur wer in Universitäten eingeschrieben ist oder dort arbeitet, kann sich über deren abgeschlossene Abos ernsthafte Recherchen leisten. In Universitäten ärmerer Länder gibt es die Abos nicht. Das Vorgehen ermöglicht den Verlagen äußerst hohe Profitraten im Bereich von 40 Prozent, die etwa durch mehr Personal für eigene Kontrollen der Paper viel niedriger ausfallen würden.
Dabei handelt es sich größtenteils um steuerlich finanzierte Forschung, die mit der Publikation für die Öffentlichkeit unbezahlbar und de facto unzugänglich wird. Die hohen Profitraten sind, wenn man sich die Qualität der Arbeit der Verlage ansieht, nicht gerechtfertigt und richten nach Ansicht vieler Wissenschaftler wegen ihrer auf Sensationen und möglichst viele Zitate ausgerichteten Berichterstattung großen Schaden in der Wissenschaft an.
Initiativen wie Sci-Hub der kasachischen Wissenschaftlerin Alexandra Elbakyan versuchen wenigstens, den Zugang zu wissenschaftlichen Papers zu ermöglichen, denn noch immer wird nur ein Bruchteil auf frei zugänglichen Pre-Print-Servern veröffentlicht. Sie operieren dabei aber entgegen dem geltenden Urheberrecht. Gleichzeitig gibt es noch immer wenig Abhilfe aus der Politik, die weder die Ansprüche der Bevölkerung auf öffentlichen Zugang zu steuerfinanzierter Forschung anerkennt und gesetzlich durchsetzt noch die Notwendigkeit des freien Zugangs zu Forschungsergebnissen für die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft erkannt hat.
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