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Wirtschaftsministerin Reiche: "Die Lebensarbeitszeit muss steigen"

Katherina Reiche sieht eine Gefahr darin, dass Deutsche immer weniger arbeiteten und ein Drittel ihres Arbeitslebens in Rente seien.
/ Oliver Nickel
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Wozu in Rente gehen, wenn man noch arbeiten kann? Das ist zumindest die Einstellung der Wirtschaftsministerin. (Bild: Pexels.com)
Wozu in Rente gehen, wenn man noch arbeiten kann? Das ist zumindest die Einstellung der Wirtschaftsministerin. Bild: Pexels.com / Pexels-Lizenz

"Der demographische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung machen es unumgänglich: Die Lebensarbeitszeit muss steigen" , sagt Wirtschaftsministerin Katherina Reiche im Interview mit der FAZ(öffnet im neuen Fenster) . "Wir müssen die Anreize für Frühverrentungen stoppen und Anreize dafür schaffen, länger zu arbeiten."

Reiche ist nach einer Pause von etwa zehn Jahren wieder innerhalb der CDU als mitentscheidende Instanz tätig. Die gebürtige Brandenburgerin scheint dem aktuellen Rentensystem und vor allem dem aktuellen Eintrittsalter in die Rente kritisch gegenüberzustehen.

Wenig Arbeitszeit im internationalen Vergleich?

Reiche bringt dabei auch die Aussage des ehemaligen Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, im Jahr 2005 an: Das Rentenbeitrittsalter müsse bis 2025 auf 70 Jahre ansteigen. Aktuell ist der Plan, das Renteneinstiegsalter bis 2031 schrittweise auf 67 Jahre zu erhöhen. Dieses Alter gilt laut der Deutschen Rentenversicherung(öffnet im neuen Fenster) ab dem Geburtsjahrgang 1964.

Reiche, die zuvor Chefin des Verbands kommunaler Unternehmen war, bringt als Argument unter anderem die laut ihren Aussagen geringen jährlichen Arbeitsstunden im internationalen Vergleich an. "Unternehmen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, berichten, dass ihre Beschäftigten an ihrem US-Standort 1.800 Stunden im Jahr arbeiten, in Deutschland 1.340 Stunden" , sagt die Wirtschaftsministerin.

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) stellte auch im April 2025 fest(öffnet im neuen Fenster) , dass die Arbeitszeit pro Kopf insgesamt rückläufig ist. Zwischen den Jahren 1991 und 2023 reduzierte sich die Wochenarbeitszeit von 39 auf 36,5 Stunden. Gleichzeitig stieg das Arbeitsvolumen allerdings enorm an: 2024 waren 45,6 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig. 2007 waren es noch 40,5 Millionen Menschen.

Die Arbeit ist deshalb auf mehr Personen verteilt, auch da immer mehr Frauen ebenfalls einer Arbeit nachgehen. Das Verhältnis von Teilzeitarbeit nimmt dabei immer mehr zu, was vor allem auf Frauen zutrifft. Etwa 50 Prozent der Frauen und nur 13 Prozent der Männer waren 2023 in Teilzeitarbeit beschäftigt.

Unbezahlte Überstunden und Burnout

Parallel dazu seien immer mehr unbezahlte Überstunden geleistet worden. Eine Rechnung des IAB(öffnet im neuen Fenster) kam auf insgesamt 165,7 Millionen Überstunden ohne finanziellen Ausgleich. Jede fünfte Person sei dabei von Überstunden betroffen, die teilweise nicht einmal aufgezeichnet werden.

In der IT-Branche wünschten sich viele Menschen laut einer Umfrage von Golem.de im Jahr 2023 eine gute Work-Life-Balance. Auch flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte stehen hoch im Kurs. Und trotzdem scheint das Burnout-Risiko mit 81 Prozent hoch zu sein. Das kann durch Crunchzeiten, Überstunden oder andere Belastungen entstehen.


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