Windows 11: Was ist eigentlich ein Copilot+-PC?

Der Wechsel von Windows 10 auf Windows 11 dürfte für viele Menschen nicht unbedingt leicht sein. Es ist daher sicher kein Zufall, dass Microsoft nur ein Jahr vor dem offiziellen Supportende von Windows 10 eine komplett neue Produktkategorie einführt. Die sogenannten Copilot+-PCs sollen Kunden nicht nur von den schönen KI-Funktionen in Windows 11 überzeugen - bestenfalls sollen die Kunden gleich einen neuen Computer kaufen. Doch was ist überhaupt ein Copilot+-PC? Wir geben eine Übersicht.
Der Begriff Copilot+ wurde von Microsoft und Qualcomm im Sommer 2024 zusammen mit ersten Vertretern der neuen Geräteklassen eingeführt. Das Ganze wirkte direkt wie eine großangelegte Werbeaktion: Mit Qualcomm-Snapdragon-Prozessor auf ARM-Basis und Windows 11 als vorinstalliertem Betriebssystem sollten die Copilot+-PCs eine neue Ära des Arbeitens einleiten, die vor allem durch KI-Tools unterstützt wird.
Geplant hatte Microsoft diverse Dinge. So wurden unter anderem mehrere lokale KI-Modelle für Windows 11 eingeführt. Die betreiben ihre Entscheidungsfindung und Inferencing direkt auf dem Gerät und brauchen dafür keine externe Internetverbindung. Aktuell ist das allerdings noch ziemlich eingeschränkt und die Auswahl überschaubar.
Bisher wenige Apps für Copilot
Eines der neuen LLMs erlaubt eine Echtzeitübersetzung über die App Live Captions. User können mit anderen Menschen vor dem Copilot+-PC in diversen Sprachen reden. Mithilfe des integrierten Mikrofons und einem auf dem Gerät parallel laufenden Sprachmodell wird das Gesprochene analysiert und in eine andere Sprache umgewandelt.















Die Ausgabe funktioniert aktuell nur textbasiert und muss noch vom Bildschirm abgelesen werden. Außerdem scheint die GUI für Live Captions noch unfertig zu sein. Eine weitere Einschränkung: Bisher können Sprachen nur ins Englische übersetzt werden. Das ist bereits seit Monaten so, weshalb es sicher eine Weile dauern kann, bis Microsoft weitere Sprachen anbietet.
Ebenfalls groß angekündigt wurde Recall . Dieses Feature soll lokal auf dem System laufen und per Optical Character Recognition Inhalte und Dateien in Bildern erkennen. Das Ziel: User sollen nur nach bestimmten Sätzen oder Begriffen suchen und dann passende Inhalte finden können. Die bisherige Suche in Windows 11 kann größtenteils nur nach konkreten Dateinamen scannen, was die Suche erschweren kann. Mit Recall sollen sich neben Dateien auch Webseiten, Konversationen oder Arbeitsabläufe finden lassen.
Recall noch immer nicht erschienen
In der Theorie klingt das interessant. Allerdings machte Microsoft direkt zur Veröffentlichung diverse Fehler. Nicht nur wurden Screenshots lokal in einer ungesicherten Datenbank gespeichert. Das sorgte schnell für Bedenken und starke Kritiken an dem Feature. Microsoft kommunizierte auch nicht sonderlich gut, welche Daten wie und wo gespeichert werden. Kunden hatten so nur den Eindruck, dass der Konzern teils sehr private Daten von Usern sammelt und diese einsehen kann.

Generell besteht eine merkliche Willensbarriere, wenn es um das regelmäßige Aufnehmen sämtlicher Bildschirminhalte - auch Webseiten, private Chats und mehr geht. Deshalb verschob Microsoft den Launch von Recall - dabei sollte es das Vorzeige-Feature für Copilot+-PCs sein. Aktuell ist es noch immer nur in der Preview nutzbar. Ein finaler Release dürfte irgendwann in diesem Jahr folgen.
Was also bringt uns dann ein Copilot+-PC? Microsoft hat den Namen für PCs reserviert, die bestimmte Auflagen erfüllen. Das könnte uns beim Neukauf von Vorteil sein.
Copilot+-Logo garantiert Mindeststandard
Aktuell unterscheiden sich Copilot+-PCs funktional nicht sonderlich von anderen PCs, die mit Windows 11 laufen. Allerdings hat Microsoft einige Bedingungen eingeführt, durch die sie sich besonders für einen eventuellen Umstieg von Windows 10 eignen. Das sind vor allem Mindestanforderungen an Hardware, um KI-Modelle und andere neue Techniken überhaupt zu unterstützen.
Eine erste Bedingung: Copilot+-PCs sollen eine zusammengerechnete KI-Berechnungsgeschwindigkeit von mindestens 40 TOPs (Int8-Präzision) erreichen. Das wird bei unterstützten Prozessoren meist über eine Neural-Processing-Unit erreicht. Eine solche NPU ist nur dafür da, um Machine-Learning-Modelle und LLMs auf dem Gerät zu berechnen. Grafikkarten können dies ebenfalls leisten, benötigen dafür aber oft mehr Energie.
Eine wichtige Eigenschaft eines Copilot+-PCs ist nämlich dessen Energieeffizienz. Auch wenn Microsoft keine genauen Angaben macht, sollten sich zertifizierte Systeme zumindest mit den Qualcomm-Snapdragon-X1-Modellen messen können. Eine Akkulaufzeit von zehn Stunden und mehr ist wünschenswert. Nicht umsonst positionieren Microsoft und Qualcomm erste Copilot+-PCs als Alternativen zu Macbooks: Die erreichen mit ihren ARM-basierten M-Chips sehr gute Laufzeiten.
Mindestens 16 GByte RAM erforderlich
Zusätzlich dazu sollte ein Copilot+-PC mindestens 16 GByte DDR5- oder LPDDR5-Arbeitsspeicher verwenden. Mehr RAM kann dabei helfen, zusätzliche Programme parallel laufen zu lassen. Aber auch KI-Anwendungen benötigen teilweise enorme Mengen an Arbeitsspeicher. Für Kunden bedeutet das zumindest, sich keine Gedanken machen zu müssen, dass sie eventuell zu wenig RAM haben - zumindest in den meisten Arbeitsanwendungen.










Dazu schreibt Microsoft einen Massenspeicher mit mindestens 256 GByte Kapazität vor. Das kann eine SSD oder auf dem Mainboard verlöteter Universal Flash Storage (UFS) sein. Eine magnetische Festplatte oder teils noch langsamerer eMMC-Speicher werden explizit ausgeschlossen. Kunden können so von einer besseren Transferleistung des Massenspeichers ausgehen.
Nur wenige Prozessorgenerationen sind bisher für die Nutzung in einem Copilot+-PC vorgesehen. Microsoft nahm nach den ersten Geräten mit Snapdragon X Plus und X Elite im September 2024 auch x86-Chips mit in die Liste auf, genauer gesagt die Serien AMD Ryzen AI 300 und die Intel Core Ultra 200V. Beide Generationen werden ebenfalls mit einer NPU ausgestattet, was von Microsoft vorgeschrieben wird.
Heißt das im Endeffekt, dass einige Features nur für Copilot+-PCs kommen und wir mit einem PC aus dem Jahr 2023 keine KI-Features in Windows 11 nutzen können? Das muss nicht unbedingt sein. Microsoft schreibt lediglich eine Rechenleistung von 40 TOPs für das gesamte System vor. Wie diese Rechenleistung generiert wird, ist Software wie Recall am Ende egal. So kann dafür etwa auch eine Grafikkarte genutzt werden.
Copilot+ ist nicht für Umstieg auf Windows 11 notwendig
Zudem gilt der Copilot+-PC-Standard nicht für dedizierte Copilot-Features in Microsoft Office und anderen Programmen des Unternehmens. Hier wird Inferencing und weiteres Berechnen bisher noch immer in der Azure-Cloud betrieben.










Wichtig ist allerdings, dass ein System auch dem Secure-Core-Prinzip(öffnet im neuen Fenster) von Microsoft genügt. Der schreibt ein aktiviertes TPM 2.0 per Chip oder Firmware und eingeschaltetes Secureboot vor. Ansonsten könnte es sein, dass KI-Features auf dem System erst einmal nicht aufgespielt werden.
Generell können wir aber sagen: Auf das Copilot+-Siegel muss nicht zwingend geachtet werden, wenn es um den Kauf eines neuen Laptops geht. Der Standard versichert allerdings zumindest ein gewisses Leistungsminimum, so dass wir das Gerät auch einige Jahre später noch nutzen können. Und wer weiß: Vielleicht werden KI-Systeme dann noch mehr in den Alltag integriert sein.



