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Windows 11 auf dem Steam Deck: Mit Linux wäre das nicht passiert

Wie schlägt sich SteamOS gegen Windows 11 in Gaming- Benchmarks und wie ist die Alltagserfahrung mit dem Microsoft-OS auf dem Steam Deck ?
/ Marc Sauter
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Das Steam Deck mit Windows 11 im Test (Bild: Marc Sauter/Golem.de)
Das Steam Deck mit Windows 11 im Test Bild: Marc Sauter/Golem.de

Zwar wird das Steam Deck (Test) mit dem auf Arch-Linux-basierenden SteamOS ausgeliefert, Valve stellt aber auch Treiber für Windows 10/11 bereit. Uns hat daher interessiert, wie sich Alltag und Performance des PC-Handhelds gestalten, wenn wir eines der beiden Microsoft-Betriebssysteme nutzen. Tatsächlich klappt das bereits erfreulich gut, im Detail krankt es aber an mehreren Stellen.

Spannend ist etwa, wie gut die Proton-Übersetzungsschicht von Direct3D auf Vulkan arbeitet und welche der exklusiven SteamOS-Funktionen fehlen. Offiziell unterstützt Valve bei SteamOS noch kein Dual-Boot, prinzipiell(öffnet im neuen Fenster) lässt sich die vorhandene SSD jedoch partitionieren und Windows 10/11 installieren.

Da wir für unseren Test vergleichsweise viele Spiele ausprobieren wollten, war dies trotz 512-GByte-SSD keine Option, weshalb wir uns dazu entschieden haben, diese auszutauschen. Valve verwendet ein M.2-2230-Kärtchen, bei unserem Steam Deck kommt eine Phison-E13T-(öffnet im neuen Fenster) basierte SSD zum Einsatz. Diese ist für Endkunden nicht verfügbar (genauso wenig wie Western Digitals SN520/SN530), derzeit gibt es einzig die BG4 von Kioxia zu kaufen.

Finale Version mit einer Schraube weniger und Pads statt Paste

Valve selbst hat in einem Teardown mit einem Vorserienmodell gezeigt, wie die SSD des Steam Deck zu erreichen ist - auch wenn das offiziell nicht empfohlen wird. Nachdem die acht Schrauben an der rückwärtigen Schale entfernt wurden, kann diese abgenommen werden. Anschließend gilt es, die drei Schrauben (vier beim Prototyp) der elektromagnetischen Abschirmung (mit Wärmeleitpads statt Paste) und das Akkukabel zu lösen, bevor sich schlussendlich die SSD aus dem M.2-Slot schrauben lässt.

Auch die SSD ist abgeschirmt, damit keine Interferenzen mit dem darunter gelegenen Bluetooth-/WiFi-Modul auftreten. Wir haben die metallene Hülle daher über unsere Kioxia BG4 gestülpt, um danach alle Schritte rückwärts durchzuführen. Für die Installation von Windows reicht ein USB-C-Stick oder eine Micro-SD-Karte aus, denn das rechte Trackpad, die L2/R2-Tasten, das Touch-Display und das virtuelle Keyboard genügen als Eingabegeräte. Nicht wundern: Das Display des Steam Deck ist hochkant verbaut, auf dem Desktop müssen wir es daher später über die Anzeigeanstellungen um 90 Grad rotieren.

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Audio und fTPM sind vorhanden

Wer Windows 11 statt Windows 10 installieren möchte, sollte zuvor das aktuelle Update via SteamOS aufgespielt haben. Es schaltet das fTPM (Firmware Trusted Platform Modul) im BIOS frei und ein, was für das neuere der beiden Microsoft-Betriebssysteme erforderlich ist. Weil Windows 11 überdies einen Online-Account-Zwang eingebaut hat, gilt es bei der Frage nach der Netzwerkverbindung per Shift+F10 die Eingabeaufforderungen zu öffnen. Per taskmgr starten wir diesen und beenden den Netzwerk-Prozess, somit ist der Weg frei zum Offline-Account.

Die von Valves bereitgestellten Windows-Treiber für das Steam Deck(öffnet im neuen Fenster) umfassen mittlerweile auch Audio für die Klinkenbuchse und die Lautsprecher statt rein für Bluetooth oder USB-C. Schauen wir uns an, wie sich Windows 11 im PC-Handheld-Alltag schlägt und wie die Gaming-Performance verglichen zu SteamOS ausfällt.

SteamOS gewinnt dank Komfort und guter Performance

Ganz offensichtlich hat Microsoft im aktuellen Image bereits Wi-Fi-Treiber für das Steam Deck hinterlegt, ansonsten wäre ja keine Abfrage für den Online-Account gekommen; auch Bluetooth läuft ohne manuellen Eingriff. Haben wir den APU- inklusive Grafiktreiber (Radeon Software 21.50.02.03) sowie Audio installiert, lässt sich das System wie jeder andere x86-Windows-PC nutzen; vorhandene Eingabegeräte inklusive.

Probleme sind uns auf dem Desktop nicht aufgefallen: Helligkeit und Lautsprecherpegel lassen sich per Touch-Steuerung flott anpassen, die Hardware-Knöpfe für Audio funktionieren. Einen externen Bildschirm mit 4K60-Auflösung samt USB-Hub für Maus/Tastatur konnten wir ebenfalls unter Windows 11 verwenden. Weil die SteamOS-basierte Lüftersteuerung fehlt, rauscht der Propeller bei geringer Last lauter als er müsste.

Sind alle Grundschritte erledigt, wechseln wir in den Big-Picture-Mode von Steam, da Valve diesen auf eine Controller-Steuerung ausgelegt hat. Sofern ein Spiel für Gamepads ausgelegt ist, funktioniert es mit dem Steam Deck tadellos - vor allem aber ist die Auswahl an Titeln unter Windows 11 größer als unter SteamOS. Das liegt unter anderem daran, dass bestimmte Anti-Cheat-Methoden wie EAC von Epic Games nicht oder nur teilweise unterstützt werden, weshalb beispielsweise Gears 5 nicht startet, sondern abstürzt.

Ob SteamOS oder Windows 11 macht bei der Framerate wenig Unterschied

Apropos Gears: Bei Gears Tactics müssen wir uns in Xbox Live einloggen, wobei sich die virtuelle Tastatur des Big Picture Mode per Steam-Taste erst dann ingame öffnen lässt, wenn wir zuvor das Xbox-Controller-Layout ausgewählt haben. Ein langer Druck auf die Steam-Taste und den B-Knopf beendet das laufende Spiel, genauso wie unter SteamOS. Ein umfangreiches Menü wie unter Linux gibt es nicht, auch die Schnellzugrifftaste unter dem rechten Trackpad, die eigentlich das Schnellzugriffsmenü inklusive den mächtigen Performance-Tools öffnet, glänzt bei Windows 11 durch Abwesenheit.

Insbesondere mit Blick auf die Akkulaufzeit sind diese essenziell, weil wir damit unter SteamOS die Bildrate und die Display-Frequenz reduzieren respektive limitieren können. Mit 40 fps/Hz statt 60 fps/Hz etwa lassen sich ein bis zwei Stunden herausholen, zudem stottert die Darstellung aufgrund sauberer V-Sync-Intervalle gegebenenfalls weniger. Unter Windows 11 gibt es diese geniale Möglichkeit nicht, was das Steam Deck als mobiles PC-Handheld deutlich weniger attraktiv macht.

Von der reinen Geschwindigkeit her nehmen sich beide Betriebssysteme mit dem zum Testzeitpunkt aktuellen Grafiktreibern wenig: Zur besseren Vergleichbarkeit haben wir die integrierten Benchmarks von Civilization 6, Cyberpunk 2077, F1 2021, Gears Tactics, Horizon Zero Dawn, Shadow of the Tomb Raider und Wolfenstein Youngblood verwendet. Je nach Spiel war mal SteamOS und mal das Microsoft-OS schneller, Cyberpunk 2077 hingegen stürzte unter Windows 11 ab - mit Linux passiert das nicht.

Kommen wir zum Resümee.

Steam Deck mit Windows 11: Pro und Contra

Valve hat sich bewusst dazu entschieden, das PC-Handheld mit SteamOS auszuliefern und einiges dafür getan, dass diese Kombination das Steam Deck einzigartig macht: Die enge Verzahnung aus Hardware und Software, etwa die Schnellzugrifftaste samt den mächtigen Performance-Tools gibt es einzig mit dem vorinstallierten Betriebssystem, nicht aber mit Windows 10/11.

Gerade wer das Steam Deck tatsächlich als mobile Spielekonsole nutzt, gibt ohne Not die Möglichkeit auf, mit wenigen Einstellungen die Akkulaufzeit um ein bis zwei Stunden zu verlängern und eine stotternde Bildausgabe zu unterbinden. Auch kann der Big-Picture-Mode unter Windows 10/11 nicht mit der Gaming-Oberfläche von SteamOS mithalten, wenngleich diese mittelfristig auch für das Microsoft-Betriebssystem verfügbar gemacht werden soll.

Valve Steam Deck - Fazit
Valve Steam Deck - Fazit (02:55)

Größter Vorteil von Windows 10/11 ist die größere Spieleauswahl und -kompatibilität. Zwar lassen sich auch unter SteamOS diverse Launcher nachträglich installieren und zu Steam hinzufügen, der Xbox Game Pass aber beispielsweise bleibt außen vor (außer via Xbox Cloud Gaming). Diverse Anti-Cheat-Methoden wie Epic Games' EAC sind zudem unter SteamOS problematisch und Bungie droht gleich damit, Accounts von Destiny 2 zu bannen(öffnet im neuen Fenster) , wenn Proton (Steam Play) unter Linux statt Windows 10/11 erkannt wird.

Unterm Strich raten wir derzeit dazu, das Steam Deck vorerst rein mit SteamOS zu betreiben. Valve plant, künftig einen Dual-Boot-Wizard anzubieten, damit auch Windows 10/11 parallel laufen kann - bisher ist das nur auf Umwegen möglich. Erst mit dieser offiziellen Lösung und stabileren Treibern halten wir das Microsoft-Betriebssystem auf dem Steam Deck als Gaming-Fallback oder mobiles Office für wirklich gangbar.


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