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Wikimedia Commons: Wie eine durchbrennende Glühlampe zum Kunstobjekt wird

Selten konnte man so schön beobachten, was die Wendel einer Glühlampe beim Kontakt mit Sauerstoff und Elektrizität tut - nämlich verbrennen. Der deutsche Hobbyfotograf Stefan Krause hat Golem.de erklärt, wie das Foto des Jahres 2013 von Wikimedia Commons entstanden ist.
/ Nico Ernst
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Bild: Stefan Krause / Wikimedia Commons

"Wir haben rund ein Dutzend 100-Watt-Birnen gebraucht" , erklärt Stefan Krause im Gespräch mit Golem.de. Erst dann war die Aufnahme im Kasten, die bei Wikimedia Commons zum Bild des Jahres 2013(öffnet im neuen Fenster) gekürt wurde. Auf das "Wir" legt Krause dabei besonderen Wert, denn das Foto entstand in den Räumen des Vereins " Studio Community(öffnet im neuen Fenster) " , wo unter anderem umfangreiche Beleuchtungsmöglichkeiten vorhanden sind und einige Helfer an der Aufnahme mitarbeiteten.

Das Durchbrennen des Wolframdrahtes, der Glühwendel(öffnet im neuen Fenster) , war laut Krause schon zuvor von vielen Fotografen festgehalten worden - aber meist vor einem schwarzen Hintergrund und ohne den Rauch gut darzustellen. Die gesamte Szene wollte der Fotograf zudem in einer Aufnahme einfangen, also nicht mit Compositing aus mehreren Bildern arbeiten.

Dafür galt es zunächst, die richtige Lichtstimmung zu finden. Um Reflexionen im Glaskörper zu vermeiden, wurde nur ein sehr schmales Striplight(öffnet im neuen Fenster) als Hauptquelle verwendet. Diese spezielle Form einer Softbox, die sonst für Porträts, vor allem in der Mode- und Aktfotografie, eingesetzt wird, wirft ein sehr zielgerichtetes und weiches Licht. Um den Bereich zusätzlich zu verkleinern, wurden schwarze Lichtschlucker, auch heute meist noch 'Neger' genannt(öffnet im neuen Fenster) , neben dem Striplight angebracht. Sie werfen auch die dunklen Schatten, die sich als schwarze Streifen an beiden Seiten der Glühlampe finden. Der weiße Streifen in diesen Kanten stammt vom Striplight.

Von früheren Versuchen wusste Stefan Krause, dass die Glühwendel mit reinweißem Rauch verbrennt. Das sah für das geplante Foto vor einem roten Hintergrund aber nicht dramatisch genug aus, daher war blauer Rauch, wie der von einer Zigarette, gewünscht. Die Lösung war ein kegelförmiger Lichtformer ( Spotvorsatz(öffnet im neuen Fenster) ) auf einem weiteren Blitz, der einen Bereich oberhalb des Glaskörpers anstrahlte. Die blaue Farbe erreicht das Licht durch einen Farbfilter vor dem Lichtformer. Insgesamt gibt es neben der brennenden Wendel in dem Bild also nur zwei andere Lichtquellen.

Während diese fotografischen Mittel noch vergleichsweise einfach sind, war es weit schwieriger, eine Glühlampe zu einem möglichst lange andauernden Durchbrennen in einer sicheren Umgebung zu bringen. Schon bevor sie vom Markt genommen wurden, hatte sich Krause mit einem Vorrat von 100-Watt-Birnen eingedeckt, denn: "Die Wendel ist dabei zwei bis dreimal dicker als bei 40- oder 60-Watt-Lampen." Dementsprechend länger ist auch die Brenndauer, zwei bis drei Sekunden halten die Wolframdrähte bei anliegendem Strom an der Luft durch. Erst dann entwickelt sich genug Rauch, damit sich bei einer für Trickaufnahmen vergleichsweise kurzen Belichtungszeit von 1/40 Sekunde bei Blende F9 Blitze und Wendel gut ergänzen.

Dremel, Zange und ein Dimmer lassen die Lampe lange brennen

Die Luft muss aber erst einmal statt des Schutzgases einer Glühlampe(öffnet im neuen Fenster) an die Wendel gelangen. Dazu schnitten Krause und sein Team mit einem Dremel und dessen Diamantscheibe erst ein kleines Loch in den Glaskörper - dabei gingen dann auch die meisten Lampen vollständig zu Bruch: "Es macht 'Knack', und das ganze Glas platzt ab" , beschreibt Krause den Vorgang. Bei den Lampen, die das Schneiden des Lochs überlebten, wurde die Öffnung mit einer Zange Stück für Stück erweitert.

Mit den noch heilen Exemplaren wurde zuvor ausprobiert, wie wenig Strom ausreicht, um die Wendel gerade noch zum Glühen zu bringen. Die Überlegung: Wenn der Wolframdraht unter Schutzgas gerade noch etwas Licht abgibt, überlebt er an der Luft länger, als wenn er mit voller Leistung betrieben wird. Das dafür nötige Gerät war ein simpler Haushaltsdimmer aus einem Deckenfluter. Zusätzlich kam noch ein Schalter zum Einsatz, um die reduzierte Energie auf die nackten Wendeln loszulassen.

Für die eigentlichen Aufnahmen reichten dann drei oder vier präparierte Glühlampen - so genau erinnert sich Stefan Krause nicht mehr, denn die Bilder wurden schon 2011 gemacht. Damals entstand auch das Foto von Krause, das 2012 beim Wettbewerb von Wikimedia Commons auf den dritten Platz(öffnet im neuen Fenster) gewählt wurde. Es zeigt eine vermeintlich platzende Glühlampe(öffnet im neuen Fenster) , die dafür mit einer Softair-Pistole beschossen wurde. Dieses Bild hatte Krause selbst für den Wettbewerb vorgeschlagen, andere Nutzer von Wikimedia Commons entdeckten dadurch die durchbrennende Lampe und nominierten sie. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich der Fotograf gegenüber dem Publikum beim für spannend gehaltenen Motiv irren kann.

Trotz solcher aufwendigen Trickfotos wollte Stefan Krause, der auf seiner Webseite(öffnet im neuen Fenster) auch zahlreiche andere Gebiete der Fotografie zeigt, aus solchen Gestaltungen nie einen Beruf machen. "Das ist und bleibt bei mir ein reines Hobby" , betont der Saarländer im Gespräch mit Golem.de. Begonnen hatte Krause in der Foto AG seiner Schule, und zwar schon in den 1970er-Jahren - ganz klassisch mit billigem und selbst entwickeltem Schwarzweiß-Material. Für seine erste eigene Spiegelreflexkamera, eine Canon AE-1(öffnet im neuen Fenster) , musst er dann lange sparen. Das Brennbild entstand mit einer Nikon D700 .

Heute kommt aber auch Krause nicht ganz ohne digitale Bearbeitung aus: "Ja, die Fassung ist geshoppt" , gesteht der Fotograf auf Nachfragen von Golem.de. Während der Aufnahme steckte die Glühlampe in einem ganz normalen Schraubsockel. Krause und sein Team hatten zuvor überlegt, mit auf der Rückseite angelöteten Drähten zu arbeiten, entschieden sich aber wegen des Risikos eines Stromschlags doch dagegen. Der Rest der Aufnahme, so beteuert Krause aber, sei inklusive des Hintergrundes genau so im Studio mit einem einzigen Bild entstanden.


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