Wikileaks: Britisches Gericht lehnt Auslieferung Assanges ab
Unerwarteter Erfolg für Julian Assange: Der Wikileaks-Gründer darf vorerst nicht in die USA ausgeliefert werden.

Wikilieaks-Gründer Julian Assange darf vorerst nicht in die USA ausgeliefert werden. Ein Londoner Bezirksgericht lehnte in erster Instanz den entsprechenden Auslieferungsantrag der USA ab. Die zuständige Bezirksrichterin Vanessa Baraitser machte in ihrem 132-seitigen Urteil vor allem den psychischen Zustand des 49-Jährigen und die zu erwartenden Haftbedingungen in den USA als Ablehnungsgründe geltend. Es bestehe ein "erhebliches Risiko", dass sich Assange das Leben nehmen werde. Die USA wollen die Entscheidung juristisch anfechten.
Das Auslieferungsverfahren hatte Ende Februar vergangenen Jahres begonnen. Die USA hatten Assange unter anderem wegen des Spionage-Gesetzes von 1917 (Espionage Act) angeklagt. Ihm drohen bis zu 175 Jahre Haft. Die Vorwürfe lauten unter anderem auf Erhalt und Publikation geheimer diplomatischer und militärischer Dokumente - darunter auch solche, "deren unautorisierte Veröffentlichung die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährden könnte". Dazu zählen unter anderem 250.000 ungeschwärzte US-Botschaftsdepeschen.
Baraitser musste in der Anhörung nicht die Frage klären, ob die von den USA gegen Assange erhobenen Vorwürfe tatsächlich zutreffen. Dem Auslieferungsabkommen von 2003 (PDF) zufolge sind eher formale Fragen zu prüfen. So ist bei "politischen Straftaten" eine Auslieferung nicht zulässig.
Hohe Suizidgefahr
Nach Angaben von Prozessbeobachtern machten Assanges Anwälte neben politischen Motiven noch eine ganze Reihe weiterer Gründe gegen die Auslieferung geltend. Dazu zählten der angeschlagene Gesundheitszustand des 49-Jährigen, eine zu befürchtende unmenschliche Behandlung in US-Gefängnissen und Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. Denn Großbritannien hat auch internationale Vereinbarungen wie die UN-Folterkonvention unterzeichnet.
Den Anwälten zufolge würde Assange in den USA vermutlich eine Art Isolationshaft drohen. Solche Bedingungen herrschen laut Medienberichten beispielsweise im Alexandria Detention Center in Virginia oder in der Penitentiary Administrative Facility in Florence im US-Bundesstaat Colorado. Der emeritierte Psychiatrie-Professor Michael Kopelman, sagte dem Gericht auf der Grundlage von 19 Gesprächen mit Assange im Gefängnis von Belmarsh: "Ich wiederhole noch einmal, dass ich so sicher bin, wie es ein Psychiater jemals sein kann, dass Herr Assange im Falle einer bevorstehenden Auslieferung tatsächlich einen Weg finden würde, Selbstmord zu begehen." Aufseher haben in seiner Zelle bereits einmal eine Rasierklinge gefunden.
Unabhängig von Baraitsers Entscheidung dürfte der juristische Streit über die Auslieferung Assanges noch in einigen Instanzen weitergehen. Am Ende könnte möglicherweise der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über den Fall entscheiden.
Nachtrag vom 4. Januar 2021, 13:01 Uhr
In ihrer Entscheidung ging Baraitser ausführlich auf die Einschätzungen der Experten zu Assanges Gesundheitszustand ein. Ihrer Ansicht nach besteht ein "tatsächliches Risiko", dass Assange besonders schweren Haftbedingungen unterworfen wird (Special administrative measures/SAM), wie sie in den genannten Gefängnissen möglich sind. Zudem sei möglich, dass Assange in das Gefängnis in Florence verlegt werde. Daher halte sie das Risiko eines Selbstmords für "erheblich".
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Ich glaube da sind wir fundamental unterschiedlicher Meinung. Assange hat keinen Staat...
Ernsthaft? Wenn das Recht nicht mal von Gerichten einghalten wird, dann ist unsere...
Du hast Recht, noch ist nichts verloren. Hoffen wir das Berufungsgericht entscheidet...
Ich glaube Assange Fans und Trump Fans haben tatsächlich viel gemeinsam aber genau wie...