Wikileaks: Augstein nimmt Assange in Schutz
Der Freitag spielte eine wichtige Rolle bei dem Leak von US-Botschaftsdepeschen durch Wikileaks. Das war nun Thema im Prozess gegen Julian Assange.

Welche Rolle spielte Julian Assange bei der Veröffentlichung ungeschwärzter Botschaftsdepeschen der USA? Im seit 2019 laufenden Auslieferungsverfahren in London hat der Journalist und Herausgeber der Wochenzeitung Der Freitag, Jakob Augstein, den Wikileaks-Gründer in Schutz genommen. Hintergrund ist ein Artikel in der Zeitung aus dem August 2011, in dem eine Sicherheitslücke bei der Enthüllungsplattform aufgedeckt worden war.
Der Freitag hatte damals unter der Überschrift "Lecks bei Wikileaks" berichtet, dass Backups unredigierter Originaldokumente von Wikileaks im Netz kursierten. "Das für die Entschlüsselung der Datei notwendige Passwort lässt sich ebenfalls über das Internet recherchieren", hieß es damals. Das Passwort liege offen zutage und "und ist für Kenner der Materie zu identifizieren". Sehr schnell wurde klar, dass es in einem Buch des Journalisten David Leigh über Wikileaks zu finden war.
Schon damals hieß es, dass Assange in einem Telefongespräch mit Augstein versucht habe, ihn davon abzubringen, über das Sicherheitsleck bei Wikileaks zu berichten. Damals schrieb Der Freitag: "Assange fürchtete um die Sicherheit von Informanten. Augstein versicherte Assange, dass Der Freitag keine Informationen veröffentlichen werde, die Zuträgern der Amerikaner gefährlich werden könnten und bat Assange, sich öffentlich zu diesen Vorgängen zu äußern. Assange lehnte ab."
Streit zwischen Assange und Domscheit-Berg
Diese Version der Geschichte bestätigte Augstein nun in einer dreiseitigen Zeugenaussage, die Golem.de vorliegt und die in der vergangenen Woche im Gericht vorgelesen wurde. Die Anhörung per Videochat wurde mehrmals verschoben und dann in eine Verlesung umgewandelt. Dem Statement zufolge hatte der damals in Großbritannien unter Hausarrest stehende Assange offenbar erfahren, dass Der Freitag eine Veröffentlichung zu den unbearbeiteten Dateien und dem veröffentlichten Passwort plante. Weitere Details des Gesprächs nennt Augstein nicht. Kurze Zeit später veröffentlichte Wikileaks selbst die ungeschwärzten Dokumente. Assange behauptete damals, die Depeschen hätten ohnehin komplett veröffentlicht werden sollen.
Hintergrund des Artikels war der Streit zwischen Assange und dessen früherem Mitstreiter Daniel Domscheit-Berg. Dieser hatte nach dem Zerwürfnis mit Assange versucht, das Konkurrenzportal Openleaks aufzubauen. Dessen Medienpartner war unter anderem Der Freitag. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel schrieb damals über das Datenleck bei Wikileaks: " Die Panne blieb über viele Monate unentdeckt, wurde aber in den vergangenen Tagen von Openleaks-Anhängern verbreitet, um den seit Monaten von Domscheit-Berg erhobenen Vorwurf zu belegen, dass 'Daten bei Wikileaks nicht sicher' seien."
Wann das Auslieferungsverfahren gegen Assange abgeschlossen sein wird, ist unklar. Es erscheint als sicher, dass sich das gesamte Verfahren lange hinziehen könnte und durch mehrere Instanzen gehen wird.
Hinweis: Der Autor hat in den Jahren 2009 und 2010 für den Freitag als Redakteur gearbeitet und mehrere Artikel veröffentlicht. Zum Zeitpunkt der Wikileaks-Enthüllungen war er jedoch nicht mehr dort beschäftigt.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Hallo! Danke für den Hinweis. Augstein hat in der Tat seinen Account inzwischen gelöscht...
"Schon damals hieß es, dass Assange in einem Telefongespräch mit Augstein versucht habe...
Dustin Hoffmann besucht den Prozess und twittert live: https://twitter.com/dhbln...