"Katastrophe, Horrorfilter, Zensursula"

Die Kommission verteidigte dabei den Verzicht darauf, eine spezielle Suchtechnik im Entwurf vorzuschreiben oder zu erwähnen. "Dieses Gesetz ist technologieneutral", sagte Johansson. Denn die Technik entwickle sich heutzutage sehr schnell weiter. Es müsse eine Balance zwischen dem Schutz der Privatsphäre der Nutzer und dem Schutz der Kinder gefunden werden.

Nicht nur bei Bürgerrechtlern und Netzaktivisten, auch in den Reihen der Politik stößt der Vorschlag bereits auf heftige Kritik. "Mit dem Vorschlag zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch öffnet die EU-Kommission die Tür zur digitalen Massenüberwachung", schrieb der FDP-Abgeordnete Mario Brandenburg auf Twitter.

Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken bezeichnete den Entwurf als "Katastrophe" und sprach von "Horrorfiltern", die "wahre Wunder vollbringen" sollten. "Sie sollen bekanntes CSAM-Material entfernen, neue Inhalte finden & Grooming melden. Gleichzeitig sollen sie strikt limitiert werden, den Datenschutz & Privatheit der Kommunikation beachten (haha!). Und das alles ohne Fehler."

Der SPD-Netzpolitiker Jens Zimmermann hält es für "unfassbar, was da aus Brüssel kommt". Bei jeder Nutzung eines Messengers drohe in Zukunft die Überwachung der persönlichen Kommunikation. "Ohne Anlass, ohne Verdacht. Das gehört eher nach Russland als nach Europa. Zensursula lässt grüßen", twitterte der Bundestagsabgeordnete in Anspielung auf die frühere Debatte um Netzsperren, die die heutige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als damalige deutschen Familienministerin geplant hatte.

Bürgerrechtler schlugen bereits im Februar 2022 zehn Prinzipien vor, die eine rechtsstaatliche Durchsuchung nach Missbrauchsmaterial ermöglichen sollen. Demnach sollten solche Eingriffe keine Massenüberwachung darstellen und "gezielt und auf Grundlage eines individuellen Verdachts stattfinden". Zudem müsse die Verschlüsselung gewahrt bleiben. Wichtige Forderungen aus dem Katalog erfüllt der Kommissionsvorschlag jedoch nicht.

Nachtrag vom 11. Mai 2022, 16:06 Uhr

Kritik kam auch aus der Bundestagsfraktion der Grünen. "Durch das flächendeckende Scannen privater Kommunikation aller Bürgerinnen und Bürger mit Hilfe völlig unausgereifter algorithmischer Systeme durch Private und den anschließenden Abgleich mit umfassenden Datenbanken wird auch das Recht auf die anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets offen in Frage gestellt. Verschlüsselung wird bewusst umgangen", sagten die Abgeordneten Konstantin von Notz und Tobias Bacherle. Der Vorschlag lege "somit die Axt an das Recht auf Vertraulichkeit der privaten Kommunikation".

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte hingegen den Vorschlag der EU-Kommission. "Mit klaren Rechtsgrundlagen, verbindlichen Meldewegen und einem neuen EU-Zentrum können wir Prävention und Strafverfolgung EU-weit sehr deutlich stärken", sagte die Ministerin und fügte hinzu: "Ich freue mich, dass wir in der Europäischen Union in diesem besonders wichtigen Thema vorangehen. Wir werden den Kommissionsentwurf jetzt genau prüfen und uns intensiv in die Verhandlungen im Rat einbringen."

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 "Wie Spamfilter": EU-Kommission verteidigt Pläne zur Chatkontrolle
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phil2sat 19. Mai 2022

Das wird kein gutes Ende nehmen. Dumme Begründung für dummes Vorgehen. Email sind...

\pub\bash0r 12. Mai 2022

Naja wenn du in deinem Fotoalbum Kinderpornographie hast, wäre es schon ganz gut, die...

Kakiss 11. Mai 2022

Finde ich gut, kann ich investieren?

Termuellinator 11. Mai 2022

Das klingt fast, als wuerdest du das Strohmannargument "Kinderschutz" tatsaechlich ernst...



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