Vom rechten Rand in die Timeline
Auch wenn Fuentes und seine Groypers organisatorisch weitgehend zerfallen sind, wirken ihre Muster weiter – nicht in Parteistrukturen, sondern im Stil der neuen rechten Popkultur.
Die Bewegung hat ästhetisch und rhetorisch eine Sprache geprägt, die inzwischen weit über ihr eigenes Milieu hinausreicht: das ironische Augenzwinkern beim Hetzen, das Spiel mit religiöser Rhetorik, die Gleichzeitigkeit von Meme-Humor und aggressiver Ideologie.
In den Streams von Fuentes entstanden früh Codes, die längst im breiteren digitalen Diskurs zirkulieren; Begriffe wie "based" , "redpilled" oder "Christ is King" markieren Zugehörigkeit, ohne offen extremistisches Vokabular zu verwenden.
So finden sich Elemente des Groyper-Stils inzwischen auch bei europäischen Influencern, die sich selbst als "konservativ" oder "libertär" bezeichnen oder unter dem Label "politisch unkorrekt" auftreten.
Das rhetorische Muster ist dabei immer ähnlich: radikale Aussagen, meist als Witz getarnt, gezielte Provokationen, die Verwendung von Begriffen, die Uneingeweihte nicht immer automatisch zuordnen können – dazu Memes, die sich perfekt als schnelle Reaktion auf Ereignisse und Skandale eignen.
Politische Hetze als angebliche Rebellion
Auch Plattformen wie Rumble, Cozy.tv oder Telegram haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich diese Form des digitalen Aktivismus verselbstständigt hat. Dort verschmilzt Unterhaltung mit Agitation, und die Grenze zwischen Influencertum und Ideologie wird bewusst verwischt.
Selbst jenseits der rechtsextremen Szene – etwa bei Tiktok-Formaten mit nationalistischer Ästhetik oder auf X-Accounts mit "Christlicher Patriotismus"-Hashtags – sind Bildsprache, Ton und Gestus der Groypers erkennbar.
Die eigentliche Wirkung dieser Bewegung liegt also weniger in ihrer politischen Schlagkraft als in der Populärkultur: Fuentes hat vorgemacht, wie man Hass als Content inszeniert, wie Empörung Reichweite erzeugt und wie sich politische Hetze als jugendliche Rebellion tarnen lässt. In dieser Logik entstehen aus digitalen Subkulturen heute politische Narrative.



