Vorratsdatenspeicherung: EuGH-Generalanwalt will keine Ausnahmen für Terrorabwehr
In gleich mehreren Fällen muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung entscheiden. Doch der zuständige Gutachter will die engen Grenzen im Interesse der nationalen Sicherheit nicht ausweiten.

In der Europäischen Union sollen auch zum Zweck der Terrorbekämpfung keine Telekommunikationsdaten anlasslos und auf Vorrat gespeichert werden. Diese Einschätzung vertritt der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Manuel Campos Sánchez-Bordona, in einem Gutachten zu mehreren vorgelegten Fällen aus den Mitgliedstaaten. Basierend auf früheren EuGH-Urteilen zur Vorratsdatenspeicherung sieht er lediglich Spielraum für eine "begrenzte und differenzierte Speicherung" von Verbindungs- und Standortdaten der Telekommunikationsteilnehmer (Rechtssachen C-623/17, C-511/18 C-512/18, C-520/18).
Schon in den Jahren 2014 und 2016 hatte der EuGH der Vorratsdatenspeicherung in der EU enge Grenzen gesetzt. Dennoch gibt es in mehreren EU-Ländern wie Frankreich, Großbritannien und Belgien aktuelle Regelungen, die eine anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten vorsehen. In vier Fällen wollten Gerichte aus den drei Ländern vom EuGH wissen, ob die Vorgaben auch im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung angewendet werden müssen.
Keine Ausnahmen bei nationaler Sicherheit
In seinem Gutachten stellt Campos Sánchez-Bordona laut Pressemitteilung (PDF) zunächst klar, dass die entsprechende Datenschutzrichtlinie zur Anwendung komme, "wenn die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste gesetzlich verpflichtet seien, die Daten ihrer Teilnehmer zu speichern und den Behörden Zugang zu gewähren (...), und zwar unabhängig davon, ob diese Pflichten den Betreibern aus Gründen der nationalen Sicherheit auferlegt würden".
Zwar seien Einschränkungen des Fernmeldegeheimnisses durchaus möglich, doch diese müssten "eng und im Licht" der von der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Grundrechte ausgelegt werden. Der Generalanwalt fordert daher den EuGH dazu auf, seine Rechtsprechung von 2016 zu bestätigen. Daher ist Campos Sánchez-Bordona der Ansicht, dass in allen drei Ländern die dortigen Regeln nicht mit EU-Recht vereinbar sind.
Eco begrüßt Gutachten
Er hält es jedoch nicht für ausgeschlossen, "dass die nationalen Rechtsvorschriften in bestimmten, durch eine unmittelbar bevorstehende Bedrohung oder eine außergewöhnliche Gefahr gekennzeichneten Ausnahmesituationen, die in einem Mitgliedstaat eine offizielle Erklärung des Notstands rechtfertigten, für einen begrenzten Zeitraum und mit den entsprechenden Rechtsschutzgarantien eine so weitgehende und allgemeine Pflicht zur Vorratsspeicherung vorschreiben könnten, wie es für erforderlich erachtet werde".
Der IT-Branchenverband Eco begrüßte den Inhalt des Gutachtens. "Eine allgemeine Vorratsdatenspeicherung ist immer diskriminierend und widerspricht jeder Unschuldsvermutung. Aus der Gesamtheit der gespeicherten Daten können sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben von Personen gezogen werden", sagte Eco-Vorstandschef Oliver Süme. Er geht davon aus, dass der EuGH auch in diesem Fall dem Votum des Generalanwaltes folgen und der Vorratsdatenspeicherung erneut eine Absage erteilen wird. "Alle Wiederbelebungsversuche werden scheitern!", sagte Süme.
In Deutschland ist die Vorratsdatenspeicherung derzeit ausgesetzt. Auch in diesem Fall soll der EuGH über die Zulässigkeit der Regelungen entscheiden. Ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen hat das Bundesverwaltungsgericht im September 2019 gestellt.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Der Klimanotstand ist aber nur symbolisch, die Überwachung und das eingrenzen der...
Als ob Deutschland keine Form der illegalen Vorratsdatenspeicherung hätte: https://www...