Vorratsdatenspeicherung: CDU/CSU wollen IP-Adressen sechs Monate lang speichern

Die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag setzt sich für eine lange Speicherung von Internetverbindungsdaten durch die Provider ein. Zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs und der Kinderpornografie sollten die IP-Adressen sechs Monate lang gespeichert werden, heißt es in einem Antrag der Fraktion, über den der Bundestag am 29. September 2022 diskutieren wird(öffnet im neuen Fenster) . Ebenfalls wird eine "praxistaugliche Regelung zur Speicherung von Portnummern" gefordert, "damit digitale Tatortspuren dem Verursacher sicher zugeordnet werden können" .
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 20. September 2022 die bisherige deutsche Vorratsdatenspeicherung für unzulässig erklärt . Das europäische Recht stehe nationalen Rechtsvorschriften entgegen, "die präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen" , hieß es zur Begründung.
In dem Urteil(öffnet im neuen Fenster) führten die Richter jedoch Fälle auf, in denen eine Speicherung von Daten zulässig ist. Dazu gehört auch eine "allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der IP-Adressen, die der Quelle einer Verbindung zugewiesen sind" . Diese Speicherung sei zulässig "zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit für einen auf das absolut Notwendige begrenzten Zeitraum" .
Darauf beruft sich nun die Unionsfraktion. Der EuGH habe in seinem Urteil einen gesetzgeberischen Handlungsspielraum zur Speicherung von IP-Adressen aufgezeigt. "Entgegen der Speicherung von sonstigen Verkehrs- und Standortdaten handelt es sich dabei um einen deutlich geringfügigeren Eingriff in Grundrechte" , heißt es in dem zweiseitigen Antrag, der Golem.de vorliegt.
Weiter argumentiert die größte Oppositionsfraktion: "Ohne klare gesetzliche Pflicht speichern die Telekommunikationsunternehmen diese Daten jedoch aktuell unterschiedlich lange. Zu oft sind die Daten deshalb nicht mehr vorhanden, wenn Ermittlungsbehörden erste Hinweise auf Missbrauchstaten erhalten."
Quick Freeze ist "Nebelkerze"
Die ebenfalls vom EuGH als zulässig genannte Möglichkeit, die Verkehrs- und Standortdaten während eines festgelegten Zeitraums "umgehend zu sichern" , reicht der Union hingegen nicht aus. Das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren sei nach "einhelliger Einschätzung der Ermittlungsbehörden untauglich" . Denn Daten, die nicht mehr vorhanden seien, könnten nicht eingefroren werden. "Die Forderung nach Quick-Freeze ist also eine Nebelkerze, die von den notwendigen und geeigneten Maßnahmen ablenken soll" , schreibt die Fraktion.
Unterstützung findet die Union bislang bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Die SPD-Politikerin forderte nach dem EuGH-Urteil ebenfalls , die IP-Adressen zu speichern. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) setzt hingegen auf die Quick-Freeze-Regelung, die auch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbart wurde.
Kritik am Vorschlag der Union kam umgehend von den Grünen. "Mit dieser Initiative beweist die Union erneut ihr Unvermögen, sich inhaltlich weiterzuentwickeln und sich endlich auch an der Diskussion um die dringend notwendige Effektivierung der Strafverfolgung bei der Bekämpfung sexuellen Missbrauchs und dessen Darstellung zu beteiligen" , sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz auf Anfrage von Golem.de und fügte hinzu: "Statt auch nur einen einzigen konstruktiven Vorschlag zu machen, legt sie mit ihrem Antrag zur Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung den nächsten verfassungswidrigen Vorschlag vor."
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Jahr 2010 eine Regelung zur Vorratsdatenspeicherung als verfassungswidrig erklärt . Damals waren die Provider verpflichtet, Telekommunikationsverkehrsdaten sechs Monate lang zu speichern. Die Speicherpflicht umfasste damals allerdings auch sämtliche Telefonverbindungen und die E-Mail-Kommunikation(öffnet im neuen Fenster) .



