Auch die Autobranche setzt auf Homeoffice - das hat nicht nur Vorteile

Der Wunsch nach flexibleren Modellen ist in der Arbeitnehmerschaft ausgeprägt. Vier von fünf Beschäftigten, die bisher regulär im Büro arbeiten, wollen einer Erhebung des Beratungsunternehmens EY zufolge künftig zumindest einen Teil ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen. 38 Prozent möchten pro Woche nur noch drei- bis viermal, 36 Prozent nur noch ein- bis zweimal ins Büro.

Hannah Schade vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Technischen Universität Dortmund führt das auch auf eine gestiegene Jobzufriedenheit der meisten Arbeitnehmer im Homeoffice zurück. Das liege zu einem Großteil daran, dass die Menschen sich ihre Arbeit daheim besser einteilen könnten als im Büro.

Zudem sende eine Firma durch freimütige Homeoffice-Angebote Signale des Vertrauens und der Wertschätzung. "Man fühlt sich doch gleich viel ernster genommen, wenn man weiß: Mein Arbeitgeber traut mir und stellt mich nicht unter einen Generalverdacht, wonach ich vielleicht nicht genug arbeite, wenn man mich im Büro quasi nicht überwacht."

Auch jenseits der IT-Branche kommt das Homeoffice

Längst nicht nur in der IT-Welt setzt sich das Homeoffice dieser Tage durch. Auch in der bei Arbeitszeitmodellen mitunter als gestrig verschrienen Autobranche bewegt sich einiges. Beim Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche können die Mitarbeiter beispielsweise künftig an bis zu zwölf Tagen im Monat mobil arbeiten, wenn sie nicht gerade in Bereichen wie der Produktion arbeiten.

Vor der Pandemie waren zwei Homeoffice-Tage in der Woche erlaubt. Auch bei Porsches Mutterkonzern Volkswagen gibt es Überlegungen, die Homeoffice-Möglichkeiten auszuweiten. Eine Sprecherin erklärt, VW strebe ein kombiniertes Modell aus Präsenz und mobilem Arbeiten an. Personalvorstand Gunnar Kilian äußerte zuletzt, die neue Arbeitswelt zeichne sich durch "weitaus mehr Freizügigkeit und Selbstbestimmung" als bisher aus.

In anderen Branchen wird das ähnlich gesehen. Die Deutsche Bahn teilt mit, Ziel sei es, mobiles Arbeiten dort möglich zu machen, "wo es die bestehenden Arbeitsanforderungen erlauben". Beim Technologiekonzern Siemens soll das mobile Arbeiten laut einer Sprecherin "dauerhaft als Standard etabliert" werden - mit dem Ziel, dass alle Beschäftigten weltweit im Schnitt stets zwei bis drei Tage pro Woche mobil arbeiten können. Und zwar immer dann, "wenn es sinnvoll und machbar" sei.

Auch beim Bosch-Konzern soll es mehr hybride Arbeitsmodelle - also eine Mischung aus Büroarbeit und mobilem Arbeiten - geben. "Im Fokus steht das Ergebnis, nicht die Präsenz", sagt Arbeitsdirektorin und Geschäftsführungsmitglied Filiz Albrecht. Ein Sprecher ergänzt, ungeachtet aller Vorteile im Homeoffice hätten interne Umfragen aber auch gezeigt, dass die Nähe und der direkte Austausch unter den Kollegen "live und in Farbe" zurzeit fehlten.

Gewerkschaften sehen den Homeoffice-Hype auch kritisch

Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter sehen den Hype ums Homeoffice nicht unkritisch, zumal das Arbeiten von zu Hause leichter zu unbezahlten Überstunden führen könne. Auch könnten neue Homeoffice-Modelle zu verstärkten Einsparungen bei Firmenräumlichkeiten führen, was vielen Mitarbeitern bei Bedarf den Weg zurück ins Büro erschweren könnte. VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo sagte zuletzt etwa, Volkswagen verbinde die Frage, "wo wir künftig arbeiten, durchaus auch mit einer möglichen Reduzierung von Büroraum und dem Einsparen von Kosten".

Obendrein lässt sich auch der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter im Homeoffice schlechter sicherstellen. Das Thema war schon in der alten Arbeitswelt wichtig - und dürfte es in der neuen bleiben. Denn wer wann und wie lange arbeitet, lässt sich bei mobiler Arbeit oft gar nicht mehr überprüfen. Wissenschaftlerin Schade sieht hier eine Gefahr, zumal die im deutschen Arbeitsleben "stark verankerte" Präsenzkultur im Homeoffice-Zeitalter keineswegs überwunden sei.

"Auch wenn sich die Art und Weise ändert: Der Arbeitgeber freut sich weiter, wenn er weiß, dass seine Arbeitnehmer am Platz sind. Und viele Arbeitnehmer freuen sich weiter, wenn sie beweisen können, dass sie präsent und produktiv sind", sagt Schade.

Ihre Omnipräsenz könnten Mitarbeiter künftig etwa verstärkt dadurch demonstrieren, "dass sie sofort auf eine E-Mail antworten - sogar abends, sogar am Wochenende". Im Endeffekt bleibe die Erholung auf der Strecke, sagt Schade. "Im besten Fall gibt es klare, verbindliche Absprachen mit dem Arbeitgeber, wann man das Recht dazu hat, nicht erreichbar zu sein."

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 Von Software bis Auto: Firmen machen Homeoffice zur neuen Normalität
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ko3nig 04. Jun 2021

xD da wieder die klassische Ausführung warum manche SEs eher eine Tagesmutti als HO brauchen

sven-hh 04. Jun 2021

aha, woher nimmtst du das "sehe es so oft"? Klingt eher sehr inszeniert um nen Makel...

sven-hh 04. Jun 2021

Bei uns is es auch eher eine positive Entwicklung gewesen, war unser Arbeitgeber vorher...



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