Visumfreies Reisen: US-Behörden wollen Zugriff auf Fingerabdrücke in Deutschland
Alle EU-Staaten haben aus Washington eine Aufforderung zur Öffnung ihrer biometrischen Datenbanken erhalten, bei Missachtung droht die Wiedereinführung der Visumspflicht.

Seit über 30 Jahren können Staatsangehörige aus 40 ausgewählten Ländern zu touristischen oder geschäftlichen Zwecken für bis zu 90 Tage in die USA einreisen, ohne dafür ein Visum beantragen zu müssen. Auch Deutsche profitieren davon. Das zugrundeliegende Visa-Waiver-Programm wurde 2006 um die Vorschrift ergänzt, dass die Reisenden einen biometrischen Reisepass mitführen müssen. Beim Grenzübertritt müssen die Fingerabdrücke und Gesichtsbilder abgegeben werden. Diese werden in US-Datenbanken gespeichert.
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Nun will die Regierung in Washington eine neue Biometrie-Bedingung einführen. Die teilnehmenden Länder sollen den US-amerikanischen Grenzbehörden Zugriff auf ihre heimischen Fingerabdruck-Datenbanken gewähren. Alle EU-Mitgliedstaaten haben hierzu ein Schreiben erhalten, das die neue Vorschrift als Verstärkte Partnerschaft für Grenzsicherheit (Enhanced Border Security Partnership - EBSP) beschreibt.
5,5 Millionen Datenblätter mit Fingerabdrücken
Auch die US-Botschaft in Berlin hat einen solchen Brief am 9. Februar an die Bundesregierung geschickt, bestätigt das SPD-geführte Innenministerium in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage. "Im Wesentlichen soll damit wohl unter anderem ein Austausch von biometrischen Daten, unter anderem von Reisenden, ermöglicht werden", schreibt das Ministerium nebulös zum Inhalt, derzeit würden weitere Einzelheiten geklärt. Die Vorschrift gelte ab 2027, heißt es.
Auf welche konkreten Datenbanken es die US-Grenzbehörden in Deutschland abgesehen haben, ist noch nicht bekannt. Fingerabdrücke zur Nutzung für polizeiliche und grenzpolizeiliche Zwecke liegen hierzulande in der INPOL-Datei. Sie wird vom Bundeskriminalamt (BKA) für die Bundesländer geführt, auch Fingerabdrücke aus dem Ausländerzentralregister sind dort gespiegelt.
Im vergangenen Jahr waren in INPOL 5,5 Millionen Personendatensätze mit Fingerabdrücken durchsuchbar gespeichert, davon 2,2 Millionen von Asylsuchenden. Außerdem enthält die Datei rund 546.000 ungelöste Tatortspuren mit Fingerabdrücken.
Einzelfall-Abfrage seit 2016
Schon seit 2016 können auch US-Behörden Fingerabdrücke in Deutschland anfragen, jedoch nur im Einzelfall bei einer "ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Sicherheit". Möglich ist dies durch ein Deutsch-Amerikanisches Sicherheitsabkommen von 2008, das aber erst nach Abschluss eines technischen Abkommens im Jahr 2012 mit weiteren vier Jahren Verspätung umgesetzt wurde. Auch der Abgleich von DNA-Proben soll darin möglich sein.
Kontaktstellen für diesen Austausch sind das BKA und das Federal Bureau of Investigation (FBI). In den ersten zwei Jahren der Kooperation wurden auf diese Weise 101 Anfragen nach Deutschland geschickt, deutsche Behörden nahmen im gleichen Zeitraum 191 Recherchen vor und erzielten fünf Treffer.
Im Rahmen des deutsch-amerikanischen Abkommens verfügen die Behörden nicht über einen Direktzugriff auf die nationalen Dateien des Partnerlandes, sondern werden zunächst nur über eine etwaige Übereinstimmung informiert. Zur Herausgabe der dahinter liegenden Daten muss dann ein Rechtshilfeersuchen gestellt und der Verwendungszweck begründet werden. Für die geplante Überprüfung von Reisenden wäre dieser Weg deutlich verkürzt.
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Französischer EU-Vorsitz will antworten |
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So habe ich das auch verstanden. Ich hoffe das Zugriffsrecht wird auf Daten der...
Ich bin mir nicht bewusst, wo in der europäischen Öffentlichkeit überall Kameras...
Stimmt! Die Rechtschreibung hier im Forum passt auch viel besser in den Telegram...
bei Reisenden ist das ja noch verständlich - die bekommen sie ja eh bei der Einreise...