Vision only: Teslas neue Einparkhilfe hat ein Problem mit Abständen

Tesla nutzt Kameras statt Sensoren als Einparkhilfe. Das funktioniert bislang eher schlecht: Das System wird aktiv, wenn ich gar nicht parken will – und kann 5 cm nicht von 50 unterscheiden.

Ein Erfahrungsbericht von Dominik Haas veröffentlicht am
Wir wollen nicht kleinlich sein, aber beim Einparken ist es schon wichtig, dass die Angabe zentimetergenau ist.
Wir wollen nicht kleinlich sein, aber beim Einparken ist es schon wichtig, dass die Angabe zentimetergenau ist. (Bild: Dominik Haas)

Die meisten Autofahrer kennen das Geräusch, das ertönt, wenn man in eine enge Parklücke einparken möchte: Das Auto piepst, meist in einem lauten, hochfrequenten, etwas unangenehmen Ton. Missen will man das Geräusch trotzdem nicht, da es gerade in engen Parksituationen in der Stadt eine zusätzliche Hilfe darstellt, um Schäden an den lackierten Stoßstangen zu vermeiden. Selbst wenn man das eigene Auto mit verbundenen Augen einparken könnte – spätestens bei einem Leihwagen mit schlechter oder ungewohnter Sicht nützt die Einparkhilfe.

Inhalt:
  1. Vision only: Teslas neue Einparkhilfe hat ein Problem mit Abständen
  2. Warum macht Tesla das?

Die Einparkhilfe kommt bei den meisten Autos von Sensoren. Tesla hat sie aber in seinen Autos abgeschafft und durch Vision only mit Kameras ersetzt. Ich habe mit meinem Tesla Model 3 ausprobiert, wie gut das funktioniert (Spoiler: nicht so gut) und welche Unterschiede es zum klassischen Einparken gibt. Außerdem habe ich mich damit beschäftigt, warum Tesla diesen Schritt überhaupt geht – und wie es weitergehen könnte.

Die bewährten Sensoren, die Tesla nun nicht mehr verwendet, gibt es schon ziemlich lange: Der Toyota Corona verbaute 1982 die erste funktionierende Einparkhilfe in Form von Ultraschallsensoren (USS). Seit vielen Jahren sind diese Sensoren standardmäßig auch in der Kompaktklasse vorhanden – natürlich in unterschiedlichen Ausführungen und Visualisierungen.

Seit Ende März wird Vision only unterstützt

Seit Oktober 2022 hat keines der Tesla-Modelle mehr die Ultraschallsensoren – also auch nicht die Topmodelle S und X, für die man (wie im Fall des Model S) mindestens knapp 130.000 Euro ausgeben muss. Als Sensoren bleiben also nur die acht Außenkameras übrig, die Tesla verbaut, sowie eine Innenkamera beim Model 3/Y.

Seit dem 23. März 2023 liefert Tesla mit einem Update in der Version 2023.6.9 die erste Unterstützung für die Einparkhilfe mit Vision only. Mittlerweile sollten die meisten Besitzer eines Tesla ohne USS das Update erhalten haben.

Man bedenke: Tesla-Besitzer ohne USS warten also unter Umständen seit Oktober 2022 auf die Einparkhilfe – und bis heute auf die Features des Enhanced Autopilot, wie das automatische Einparken oder das Herbeirufen. Beide Features sind trotz des aktuellen Updates nicht verfügbar.

Meine Erfahrungen

Mich erreichte das Update tatsächlich erst Anfang April. Zunächst zögerte ich mit der Installation, da man den neuen Parkassistenten nicht deaktivieren kann, sondern damit leben muss – egal wie gut oder schlecht er funktioniert.

Doch meine Neugier überwog und ich installierte das Update auf meinem Model 3 (2023 Europe). Schnell zeigte sich: Es kann eindrucksvoll die Umgebung darstellen – doch es ist sehr ungenau und liefert durchwachsene Ergebnisse. Da wird gerne mal ein Smart als Lkw angezeigt, aber der Spielzeugtraktor der Kinder hinter dem Fahrzeug komplett ignoriert.

Zudem aktiviert das System den Parkassistenten mitunter automatisch, während man unterwegs ist und an einer Ampel anhalten muss. Die Folge ist wildes Gepiepse inklusive Stopp-Anzeigen in allen Richtungen.

Außerdem scheint das System mit der Kollisionswarnung verbunden zu sein. Das führte während der Fahrt bei zähfließendem Verkehr und langsameren Geschwindigkeiten etwa in der Stadt dazu, dass das System der Meinung war, man wolle einparken – obwohl man nur an einer Ampel steht.

Richtiggehend gefährlich sind die angegebenen Entfernungen: Wenn der Tesla 50 cm anzeigt, sind es gerne mal nur 10 cm – oder umgekehrt. Wer es weiß, kann sich damit abfinden oder verlässt sich eben nicht auf die Tesla-Angaben.

  • Die Einparkhilfe braucht zum Laden einige Sekunden, meldet sich dann aber mit einer hilfreichen Darstellung der Umgebung. Wenig später bekommt man noch mehr Details, wie den Abstand zum stehenden Auto am Heck. Das eigentliche Hindernis wird nicht dargestellt, dafür der vermeintliche Abstand. (Bild: Dominik Haas)
  • Dass das System nicht zuverlässig funktioniert, erkennt man, wenn man sich nicht bewegt, aber die Anzeige sich ständig ändert und der erkannte Abstand zwischen 72 und 79 cm springt. In der Realität sind es höchstens 50 cm bis zur Stoßstange des anderen Autos. (Bild: Dominik Haas)
  • Die Seitenabstände, in diesem Fall zum Randstein, sind schon recht gut - zwar etwas  zu großzügig gemessen, aber definitiv hilfreich.  (Bild: Dominik Haas)
  • In einer anderen Situation zeigt sich, dass das System funktionieren kann: Auch wenn man sich darüber streiten kann, ob man nun nicht doch noch ein deutliches Stück nach hinten fahren könnte...
  • ..., finde ich das an sich in Ordnung - zumal es ja auch noch die Rückfahrkamera gibt. (Bild: Dominik Haas)
Die Einparkhilfe braucht zum Laden einige Sekunden, meldet sich dann aber mit einer hilfreichen Darstellung der Umgebung. Wenig später bekommt man noch mehr Details, wie den Abstand zum stehenden Auto am Heck. Das eigentliche Hindernis wird nicht dargestellt, dafür der vermeintliche Abstand. (Bild: Dominik Haas)

Ich persönlich würde meinen Tesla nicht ohne den ausdrücklichen Hinweis verleihen: "Nicht auf den Parkassistenten hören."

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Warum macht Tesla das? 
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SanderK 29. Apr 2023 / Themenstart

Seit wann treffen Firmen immer die besten Entscheidungen?

schnedan 28. Apr 2023 / Themenstart

'normale' Menschen können sich einfach nicht vorstellen wie lächerlich billig diese Dinge...

goggi 27. Apr 2023 / Themenstart

Autofahren ist eben immernoch eine Kunst. Aber beim Einparken die Bordsteine nicht im...

bazoom 26. Apr 2023 / Themenstart

Dafür erkenne ich über die 360° Ansicht, wie weit ich vorm Bordstein weg bin. Deshalb...

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