Vibraphone: Der Vibrationsalarm wird zum Mikrofon

Vorsicht, Vibrationsmotor hört mit: Eine Methode, um den Vibrationsalarm des Smartphones zum Mikrofon umzufunktionieren, haben Romit Roy Choudhury und Nirupam Roy entwickelt. Als Spionagewerkzeug taugt das aber nicht.

Vibraphone(öffnet im neuen Fenster) nennen die beiden Forscher von der Universität Illinois in Ubana-Champaign ihr System. Dabei drehen sie die Funktion eines Linear Resonant Actuators (LSA) um, so dass der Vibrationsmotor wie ein Mikrofon arbeitet.
In einem solchen Motor wird eine magnetische Masse mit dem Anlegen einer Spannung in Schwingungen versetzt. Nach dem Prinzip funktioniert auch ein Lautsprecher. Ein Mikrofon arbeitet genau andersherum: Schallwellen versetzen eine magnetische Membran in Schwingungen, wodurch elektrische Signale erzeugt werden.
Der Vibrationsmotor erfasst nicht alle Töne
Choudhury und Roy modifizierten das LSA leicht und machten ihn so zum Mikrofon: Die magnetische Masse wird durch Schwingungen der Luft in Bewegung versetzt, was an der Spule elektrische Signale induziert. Allerdings erfasst dieses rudimentäre Mikrofon nur niedrige Frequenzen unterhalb 2 Kilohertz. Es kann also Schall nur eingeschränkt aufzeichnen.
Die beiden Forscher entwickelten eine Methode, um den Rest zu rekonstruieren. Dabei werden die verstümmelten Aufzeichnungen mit den originalen Tönen verglichen. Das System versucht dann, zu extrapolieren, welche höheren Frequenzen ursprünglich vorhanden gewesen sein könnten.
Das Ergebnis ist nicht gut, aber erkennbar
Das Ergebnis ist zwar nicht berauschend. Allerdings konnten sowohl Menschen als auch Spracherkennungsalgorithmen die so bearbeiteten Aufnahmen erkennen - Menschen zu 80 Prozent, die Algorithmen zu 60 Prozent.
Allerdings muss sich niemand Sorgen machen, dass das Smartphone über den Vibrationsalarm zum Spionagewerkzeug wird. Um den Vibrationsmotor zum Mikrofon umzubauen, muss er neu verdrahtet werden - und funktioniert dann nicht mehr als Vibrationsmotor. Alternativ könnte der Chip für die Leistungsregelung dazu eingesetzt werden, Spannungsschwankungen in dem Vibrationsmotor zu erfassen, sagte Roy dem US-Onlinenachrichtenangebot Techcrunch(öffnet im neuen Fenster) . Das hätten sie allerdings nicht ausprobiert.
Geräte ohne Mikrofon erhalten Spracheingabe
Allerdings haben Choudhury und Roy mit Vibraphone auch anderes als Spionage im Sinn. So könnten Geräte eine Spracheingabe erhalten, die kein Mikrofon, aber einen Vibrationsmotor haben wie manche Fitnessarmbänder oder Smartwatches. Eine andere Anwendung könnte ein Assistenzsystem für Schwerhörige sein, das Sprache aus den Schwingungen von Stimmbändern, Gesichts- oder Schädelknochen rekonstruiert.
Choudhury und Roy wollen Vibraphone auf der Mobisys(öffnet im neuen Fenster) vorstellen. Die Konferenz findet Ende des Monats in Singapur statt.



