Der Gema fehlt der gute Wille
Die Gema funktioniert ganz genauso wie die genannten Pilot-VGs, steht aber auf dem Standpunkt, dass eine CC-Lizenzierung durch Mitglieder selbst sich nicht mit dem bestehenden Verwertungssystem vertrage und diese Möglichkeit im Übrigen auch von den Mitgliedern gar nicht gewünscht sei. Anhand der aktuellen Stellungnahme (Volltext PDF) möchten wir hier einmal aufdröseln, was davon tatsächlich Substanz hat und was nicht.
Es zeigt sich, dass die Systeme von CC und Gema tatsächlich an zwei entscheidenden Stellen überkreuz liegen, nämlich beim Spektrum der Rechte und der Lizenzierung einzelner Titel. Das heißt allerdings nicht, dass diese Systeme zwingend inkompatibel sind, vielmehr bräuchte es nur etwas guten Willen aufseiten der Gema, um hier einiges möglich zu machen. Zu vermuten ist, dass die Machtverhältnisse innerhalb der Gema für einen solchen Willen keinen Raum lassen.
Die Stellungnahme im Detail
Aber nun im Einzelnen zur Stellungnahme. Die Gema schreibt: "Die Erteilung von CC-Lizenzen ist mit dem Wahrnehmungsmodell der Gema und hier insbesondere mit der derzeitigen Fassung des Berechtigungsvertrages nicht vereinbar."
Das ist - bezogen auf den Berechtigungsvertrag - erst einmal richtig. Auch die Pilot-VGs mussten - mit offensichtlich überschaubarem Aufwand - die nötigen Veränderungen an ihrem Wahrnehmungsmodell (= Rechtemanagement im Auftrag der Mitglieder) vornehmen , um CC-Lizenzen zuzulassen.
"Nach § 1 des Gema-Berechtigungsvertrags (nachfolgend "BerV") räumt der Berechtigte der Gema als Treuhänderin umfassende ausschließliche Nutzungsrechte an allen seinen bereits bestehenden und zukünftig geschaffenen Werken ein. Die Creative Commons Lizenzen setzen hingegen die Vergabe von Nutzungsrechten durch den Urheber an einzelnen Werken voraus. Diese Vergabe von Rechten an einzelnen Werken durch den Urheber ist mit dem derzeitigen Wahrnehmungsmodell der Gema nicht vereinbar, da die Rechte insofern bereits bei der Gema liegen."
Dies benennt eine der zwei Konfliktstellen von Gema und CCPL. Wie alle Standardlizenzen, die seit Entstehung des Internets entwickelt wurden, gilt die CCPL immer werkweise. Auch wenn eine Band beispielsweise pauschal all ihre Songs unter CC-BY-SA freigibt, ergibt das eine einzelne CC-BY-SA-Lizenz für jeden einzelnen Song. Die Gema dagegen besteht auf "alles oder nichts", was die Werke ihrer Mitglieder angeht. Wer Mitglied wird, muss alle eigenen Werke durch die Gema "wahrnehmen" lassen und kann nicht einzelne Werke anderweitig lizenzieren.
Das klingt jedoch dramatischer als es ist. In der Praxis muss die Gema heute schon (intern) nach Werken unterscheiden, denn ihre Mitglieder können genauso einzeln komponieren wie gemeinsam. Tun sie es einzeln, erhalten sie auch nur jeweils allein die Ausschüttungen für das betreffende Stück, komponieren sie zusammen, muss geteilt werden.
Der zweite Wendepunkt
"Berechtigte können grundsätzlich gemäß den Bestimmungen der Gema-Satzung und des BerV, denen die Forderung der EU-Kommission nach einer Aufspaltbarkeit der Rechte nach Nutzungsarten zu Grunde liegt, einzelne Rechtsbereiche ('Sparten') und/oder Länder für alle Werke von dieser Rechteübertragung ausnehmen. Für bestimmte Onlinenutzungen gilt dabei die Besonderheit, dass diese unter Einhaltung einer kurzen Frist von drei Monaten schriftlich zum Ende eines jeden Kalenderjahres gekündigt werden können. Die Berechtigten können in diesem Bereich somit flexibel darüber entscheiden, ob sie die Rechte für diese Onlinenutzungen selbst wahrnehmen und z.B. unter einer CC-Lizenz vergeben oder von der Gema wahrnehmen lassen."
Hier liegt der zweite Problempunkt. Auch wenn das viele Gema-Mitglieder nicht wissen, können sie in der Tat (auf Druck der EU-Kommission) inzwischen "Sparten" von der Gema-Wahrnehmung ausnehmen. Aber erstens geht auch das wieder nur nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip, also entweder nimmt man Sparten für alle eigenen Werke aus der Gema heraus oder für keine. Und zweitens passt auch das wieder nicht zum Funktionsprinzip freier Lizenzen. Die sechs Varianten der CCPL stellen zwar unterschiedliche Bedingungen für die weitere Nutzung auf (Namensnennung, nicht-kommerziell usw.), erlauben aber unter diesen Bedingungen alle nur denkbaren Nutzungsarten.
Bei einer CC-BY-NC-Lizenz muss ich also den Namen des Urhebers nennen und darf nicht für kommerzielle Zwecke nutzen, wie ich aber nutze, ist völlig egal. Das Ausnehmen von einzelnen Sparten wie "Online" oder "Airplay im Radio" (oder auch mehreren zugleich) reicht also nicht aus, um CC-Lizenzen selbst vergeben zu können. Um als Gema-Mitglied auf diese Weise eine CC-Lizenzierung zu ermöglichen, müsste man vielmehr sämtliche "Sparten" ausnehmen. Ob das überhaupt vorgesehen ist, ist schon fraglich. Und selbst wenn es ginge: Da das dann immer für alle eigenen Werke gelten würde (s.o.), könnte man auch gleich aus der Gema austreten. Die "Ausnehmen-Lösung" ergibt daher überhaupt keinen Sinn.
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VGs versus CC-Lizenzen: Doppelt überkreuz - die Gema und Creative Commons | Eine konstruktive Lösung ist wohl nicht gewollt |
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es ist vor allem die praxis, die uns hier im wege steht. gerade die ganz kleine urheber...
Eine Überlegung die es wert wäre ;) Eine Redis Datenbank z.B. kann auf meinem Heim-PC...
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Die wollen ihren eigenen Stuhl nicht absägen, auf dem sie sitzen. Oder möchtest du gerne...