Die Krankenkassen wollen nicht zahlen
Ohne Hörgerät wäre für Wolfgang Buchholz keine Kommunikation möglich, da er nahezu taub ist. Der Neubrandenburger engagiert sich seit Jahren im Deutschen Schwerhörigen Bund e. V. und hat zuvor als Sozialarbeiter dort gearbeitet. Der Rentner nutzt seit 43 Jahren Hörgeräte, aktuell trägt er ein vernetztes Modell von Phonak. Dafür braucht er aber noch ein Dongle mit Induktionsschleife, das er unter seinem blau-weiß karierten Hemd und dem grauen Pullover trägt, da sein Hörgerät nicht direkt mit dem Smartphone verbunden werden kann.
Wie er seine Umwelt ohne Hörgerät wahrnimmt, zeigt er mir mit einer speziellen Software. In dieser hat Buchholz sein vom Hörgeräteakustiker gemessenes Hörprofil eingespeichert und kann so simulieren, wie er verschiedene Klänge wahrnimmt: viele gar nicht! Von Gesprächen bekommt er ohne Hörgerät nur wenig mit, statt Stimmen hört er dumpfes Gebrabbel. Deswegen braucht Buchholz ein Hörgerät mit besonders starker Verstärkungsleistung, ganz so schlank wie mein Modell fällt es nicht aus.
Gemeinsam fernsehen und telefonieren dank Vernetzung
Die smarten Funktionen weiß Buchholz sehr zu schätzen: Ohne die Vernetzung von Hörgerät und Fernseher müsste er Letzteren sehr laut stellen, was wiederum für seine Frau unerträglich wäre. Dass beide zusammen Filme oder Nachrichten schauen, wäre also kaum möglich. Aber auch sonst schränkt der Hörverlust sogar mit Hörgerät das soziale Leben stark ein: Einfaches Telefonieren wäre für Buchholz ohne die Vernetzung mit dem Smartphone kaum möglich.
Doch die Krankenkassen zahlen nicht für Hörgeräte mit entsprechenden Funktionen oder Zubehör, das auch älteren Hörgeräten die Vernetzung ermöglicht. Hörhilfen bezuschussen die gesetzlichen Kassen pauschal mit einem Festbetrag von 987 Euro - für vernetzte Hörgeräte reicht das nicht. Wenn Hörgeschädigte ein solches Gerät haben wollen, um wieder halbwegs normal am sozialen Leben teilhaben zu können, müssen sie die Restkosten selbst tragen. Oft sind das mehrere Tausend Euro.
Die Kassen halten Vernetzung für Luxus-Feature
Gegen diesen pauschalen Festbetrag wehren sich Buchholz und der Deutsche Schwerhörigen Bund seit Jahren. In einem Grundsatzurteil im Jahre 2009 entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel für einen schwerhörigen Baden-Württemberger und urteilte, dass Menschen mit Behinderung - dazu zählen auch Hörgeschädigte - Anspruch auf einen möglichst weitgehenden "unmittelbaren Behinderungsausgleich" haben müssen.
Die Richter entschieden, dass Hörgschädigte Anspruch auf Hörgeräte haben, "die nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlauben." Dazu zählt auch die Vernetzung mit dem Smartphone, um überhaupt wieder telefonieren zu können. Doch wehren sich die Krankenkassen gegen das Urteil und zahlen in den meisten Fällen immer noch lediglich den Festbetrag. Und so klagt auch Buchholz aktuell gegen seine Krankenkasse. Ein Urteil steht noch aus. Doch ist er zuversichtlich, immerhin haben viele weitere Hörgeschädigte erfolgreich geklagt.
In den Augen der Krankenkassen ist die Vernetzung nicht nötig und eher ein Luxus-Feature. Buchholz hat auf die weiteren Pläne der Hörgerätehersteller jedoch einen anderen Blick - zumindest teilweise.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Die Vernetzung ist noch ein Problem | Wie viel Vernetzung ist nötig? |
Deine Überschrift ist wohl falsch. Nun gut, im Gegensatz zu einfachen Ohrstöpsel sind die...
bzw. im Club oder an Konzerten wäre das mein Traum: Die überlaute, klirrende und echoende...
Genau diesen Musikantengehörschutz besitze ich bereits - auch in individueller...
Braucht man das Smartphone? Ich nicht, andere schon. Geschmackssache.