Verbraucherschützer: Smart Meter kosten mehr, als sie nützen
Die Verbraucherzentrale kritisiert den Zwang zum Einbau von Smart Metern. Der Energiespareffekt durch intelligente Messsysteme hält sich in Grenzen.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) wendet sich gegen einen Einbauzwang von intelligenten Stromzählern und Messsystemen in deutschen Haushalten. "Die neue 'intelligente Infrastruktur' bringt für die Mehrzahl der Stromverbraucher mehr Kosten als Nutzen", sagte Marion Jungbluth, Leitung Team Energie und Mobilität des VZBV am 16. April 2015. Der vzbv fordert, den Zwang zum Einbau intelligenter Stromzähler für alle Haushalte sowie intelligenter Messsysteme ab einem Jahresverbrauch von 6.000 Kilowattstundnen zurückzunehmen.
Ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Februar 2015 veröffentlichtes Eckpunktepapier zum Verordnungspaket Intelligente Netze sieht den Pflichteinbau vor. In ihrer Stellungnahme begrüßen die Verbraucherschützer zunächst, dass nicht alle neugebauten und sanierten Wohnungen mit den teuren intelligenten Messsystemen ausgerüstet werden sollen. Ebenfalls wird befürwortet, dass der Einbau der Messsysteme an den Verbrauch gekoppelt werden soll. Allerdings sollten auch Privathaushalte mit einem höheren Verbrauch als 6.000 Kilowattstunden im Jahr generell von einer Ausbaupflicht ausgenommen werden. Zwar seien davon Millionen Haushalte betroffen, doch deren Anteil am Stromverbrauch sei insgesamt gering. Daher gebe es wenig Potenziale für die Energieeinsparung und die Netzstabilisierung.
Der Einbau von einfachen elektronischen Zählern sollte nach Ansicht des vzbv ebenfalls nicht verpflichtend werden. Dies wird damit begründet, dass sie ohne eine zusätzliche Datenvisualisierung wenig Zusatznutzen brächten, jedoch bis zu 20 Euro im Jahr kosten könnten.
In der Debatte um den Aufbau eines intelligenten Stromnetzes (Smart Grid) ist die Unterscheidung zwischen intelligenten Stromzählern und Messsystemen wichtig. Sogenannte intelligente Zähler (iZ) sind elektronische Zähler, die später zu intelligenten Messsystemen nachgerüstet werden können. Die Zähler selbst verfügen über ein kleines Display sowie Schnittstellen zum Auslesen der Daten und zur Verbindung mit Kommunikationsmodulen. Ohne diese Erweiterungen bieten sie weder dem Verbraucher noch dem Netzbetreiber wesentlich mehr Funktionen als die gewohnten mechanischen Ferraris-Zähler. Es gibt keinen Kommunikationskanal für eine Fernablesung durch den Netzbetreiber oder eine Verbrauchsvisualisierung in der Wohnung des Kunden oder die Möglichkeit variabler Tarife.
Um dies zu ermöglichen, muss ein sogenanntes Smart Meter Gateway an den elektronischen Zähler angeschlossen werden, was dann ein intelligentes Messsystem (iMes) ergibt.
Solche Gateways erlauben eine bidirektionale Kommunikation zwischen Netzbetreiber und Verbraucher. Auf diese Weise können nicht nur die Verbrauchsdaten zeitnah an den Netzbetreiber übermittelt werden, sondern auch mit Hilfe von Schaltboxen oder Smart-Grid-fähigen Haushaltsgeräten Stromverbraucher oder -erzeuger zu- oder abgeschaltet werden. Zudem erlauben sie variable Stromtarife. Diese intelligenten Messsysteme kommunizieren per LAN, WLAN oder Mobilfunk mit Netzbetreibern und der Hausautomation.
Lastverteilung in Stromnetzen Umfang regeln
Den Plänen der Bundesregierung zufolge sollen zunächst nur Verbraucher mit mehr als 6.000 Kilowattstunden (kWh) Jahresverbrauch sowie Erzeuger mit einer installierten Leistung von mehr als sieben Kilowatt zum Einbau intelligenter Messsysteme verpflichtet werden. Dabei erfolgt der Einbau stufenweise und startet 2017 bei Verbrauchern von mehr als 20.000 kWh Jahresverbrauch. Kleinere Stromerzeuger mit Anlagen zwischen 800 Watt und sieben Kilowatt werden zunächst nicht zum Einbau intelligenter Messsysteme verpflichtet.
Bis 2032 soll die Umrüstung durch Pflichteinbauten und turnusgemäßen Austausch von Zählern und Messsystemen an rund 50 Millionen Messstellen in Deutschland abgeschlossen sein.
Die Netzbetreiber können in Verbindung mit Schaltboxen und Smart-Grid-fähigen Haushaltsgeräten die Lastverteilung in Stromnetzen in gewissem Umfang regeln. Bei einem großen Angebot erneuerbarer Energie könnten beispielsweise Verbraucher zugeschaltet werden. Finden sich im Netz nicht genügend Abnehmer, könnten sie Erzeuger wie Fotovoltaikanlagen abregeln. Dies hätte für Netzbetreiber den Vorteil, das Netz nicht entsprechend dem Zuwachs der erneuerbaren Energien ausbauen zu müssen. Verbraucher könnten von den Geräten über variable Stromtarife profitieren. In diesem Fall könnten sich Haushaltsgeräte dann einschalten, wenn der Strom besonders billig ist. Derzeit existieren aber noch keinerlei Standards, die eine Kombination von Smart Metern mit Smart-Grid-fähigen Geräten regeln.
Der Energiespareffekt hält sich durch intelligente Messsysteme in Grenzen. Allerdings verbrauchen mechanische Ferraris-Zähler rund sechs Watt bei drei Phasen, während elektronische Zähler nur ein Drittel oder noch weniger benötigen.
Nachtrag vom 17. April 2015, 11:59 Uhr
Wir haben noch einige Details der Stellungnahme ergänzt.
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Hallo Wie haben sie denn die Werte mit FHEM ausgelesen. Welches Modul mussten sie dafür...
Leider wird mit den digitalen Stromzähler nur ein Lastprofil vom Gesamtverbrauch...
Dann schau Dich hier und bei Heise um. Weitergabe der Mautdaten an Firmen - wie war das...
Egal! Es ist der Politik ja auch egal, ob durch die Gestaltung der "Energiewende" die...
Ja, genau so hätten das manche gerne. Das ökologische Gewissen der Bürger als Einfallstor...