Keine Toleranz für Rechtsextreme in der IT
Die Bezeichnung "Nazi" ist dabei, wohlgemerkt, definitiv richtig gewählt. Unter den Putschisten waren nicht nur die rassistische Südstaaten-Flagge zu sehen, die Sklaverei verherrlicht, sondern auch Hakenkreuz-Fahnen. Hinzu kommen Symbole auf T-Shirts wie "Auschwitz-Wächter", "Arbeit macht frei", oder "6MWE" - das steht für "Sechs Millionen waren nicht genug" und verherrlicht die Shoah. Wer, wenn nicht ein Jude, dessen Familienangehörige von Nazis ermordet worden sind, wie es in dem Bericht heißt, sollte seine Kollegen vor Nazis warnen dürfen?
Das sieht inzwischen auch Github-Chef Nat Friedman so, der aber erst auf massiven Druck der Angestellten nicht nur den Sturm auf das Kapitol verurteilt, sondern auch Antisemitismus, Neonazismus und White Supremacy. Bezeichnend ist jedoch, dass das viel zu spät kam. Dass die Umstände der Kündigung nun "überprüft" werden sollen, reicht nicht aus. Der Skandal ist, dass es überhaupt zu der Kündigung und der internen Diskussion kommen konnte. In der Unternehmenskultur vorher war der Betriebsfrieden ohne Reibungspunkte und ohne klare Haltung offenbar wichtiger.
Das hat nun dazu geführt, dass derjenige, der auf Rechtsextremisten hinweist, mit Konsequenzen bestraft wird. Ein Muster, das sich in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft in den USA wie auch in Deutschland häufig wiederholt. Wirklich überraschend ist das also leider nicht, sondern reiht sich schlicht in eine lange Liste ein. Dazu gehören etwa übliche Verhaltensregeln in IT-Unternehmen des Silicon Valley, die politische und kontroverse Diskussionen möglichst vom Arbeitsplatz fernhalten sollen. Der Github-Konkurrent Gitlab hatte solch ein Diskussionsverbot sogar öffentlich im Unternehmensleitfaden festgelegt.
Maßnahmen müssen früher ansetzen
Nur gibt es eben keinen Mittelweg zwischen Faschismus und Antifaschismus. An den Reaktionen rund um den Sturm auf das Kapitol zeigt sich, dass große IT-Unternehmen im Silicon Valley das nicht verstanden haben. So musste es erst zu einem Putschversuch kommen, damit Twitter endlich Donald Trump blockiert, damit AWS endlich das Hosting von Parler beendet oder damit die Konzerne endlich Wahlkampfspenden für Putschisten und Anti-Demokraten beenden.
Die falsch verstandene Toleranz gegenüber diskriminierenden Ideologien, die die Unternehmen in den vergangenen Jahren an den Tag gelegt haben, hat letztlich nur zu der Aufwiegelung geführt, die ihren vorläufigen Höhepunkt in dem Sturm auf das Kapitol gefunden hat und weiter großes Gefahrenpotenzial hat. Spätestens seit der Formulierung des Toleranz-Paradoxons durch Karl Popper, sollte die Welt aber wissen, dass Intoleranz nicht toleriert werden darf.
Das muss endlich auch bei den Verantwortlichen ankommen, so dass diese IT-Projekte wie die Zusammenarbeit mit ICE endlich beenden oder ihre nun an den Tag gelegte PR-Haltung auch intern kommunizieren und für eine Unternehmenskultur sorgen, in der Rassismus, Faschismus und Rechtsextremismus nicht nur kritisiert werden dürfen, sondern auch müssen - und entsprechend gehandelt wird.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)
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USA: Die falsche Toleranz im Silicon Valley muss endlich aufhören |
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Ich halte mich selber fern von sozialen Medien, deshalb kriege ich das immer nur...
Das ganze hat wenig mit dem Silicon Valley zu tun. Es ist in größeren U.S.-amerikanischen...
Üblicherweise ist ja der Plan eines Unternehmens, sich vor allem mit dem Erledigen von...