US-Hyperscaler: Europa bei Seekabeln stark von US-Konzernen abhängig

US-Hyperscaler verfügen bei Tiefseekabeln bereits über 90 Prozent der Gesamtkapazität zwischen den USA und Europa und erhöhen ihren Anteil bei den Glasfaserverbindungen zwischen Europa und Afrika sowie Asien. Das geht aus dem Bericht(öffnet im neuen Fenster) einer EU-Expertengruppe für Unterseekabel-Infrastrukturen hervor, der am 6. Oktober 2025 vorgelegt wurde.
"Der Mangel an europäischen Investitionen in kontinentalübergreifende Unterseekabel bedeutet, dass die EU-Mitgliedstaaten für ihren Kapazitätsbedarf auf einigen Routen in hohem Maße auf Seekabel von Akteuren außerhalb der EU angewiesen sind" , heißt es in dem Bericht.
Dies rührt laut den EU-Experten daher, dass traditionelle Telekommunikationsbetreiber in Europa "aufgrund finanzieller Zwänge und bescheidener Geschäftsaussichten" bei Seekabeln immer weniger investiert haben.
Tatsächlich sind bereits einzelne Hyperscaler wie Google, Meta, Amazon und Microsoft erheblich kapitalstärker als die gesamte europäische Telco-Branche zusammengenommen. Zugleich sind einzelne Seekabelprojekte etwa zwischen Europa und Asien mit rund 100 Millionen Euro Kapitaleinsatz keine Hürde für die Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica, Orange, die BT Group oder Swisscom.
Seekabel lohnen sich für die mächtige Telekom nicht
Dennoch hat die Telekom keine eigenen Seekabel mehr. Telekom-Sprecherin Stefanie Halle sagte Golem im April 2025 : "Die Deutsche Telekom least inzwischen ihre Seekabel bei anderen Unternehmen. Es macht uns flexibler und den Betrieb unseres Netzes wirtschaftlicher."
Die Vodafone Group ist Seekabelbetreiber und hat weltweit 70 Seekabel in Betrieb. Orange aus Frankreich ist einer der größten und aktivsten Betreiber im Bereich der Unterseekabel weltweit. Sein Netzwerk umfasst mehr als 450.000 Kilometer Seekabel.
Telefónica ist durch die Tochtergesellschaft Telxius ein wichtiger Akteur im Tiefseekabelmarkt. Außerdem verfügt die EU über starke Kapazitäten in der Kabelinstallation und -wartung duch Alcatel Submarine Networks (ASN) mit Hauptsitz in Frankreich.
Hyperscaler sind größte Telco-Unternehmen der Welt
Dass die US-Hyperscaler weltweit immer stärker beim Betrieb von Seekabeln werden, ist nicht neu: Sie investierten in den vergangenen Jahren stark in eigene Telco-Infrastruktur, meist in Form von Seekabeln und Rechenzentren.
Wenn sie diese der Öffentlichkeit zur Verfügung stellten, gehörten diese Konzerne "zu den größten TK-Unternehmen der Welt" , sagte Stefan Lechler, Deputy Head der Unit DG Connect bei der Europäischen Kommission, bereits im Mai 2023 auf der Branchenmesse Anga Com in Köln. Die vier Konzerne besaßen schon Ende 2023 Anteile an mehr als 30 bedeutenden Seekabeln, erklärten die Experten von Telegeography in ihrer Studie The State of the Network.
Während Seekabel weiter das Rückgrat der globalen Datenübertragung bilden, werden Satellitennetze, insbesondere LEO Konstellationen in erdnahen Umlaufbahnen, zunehmend als ergänzende oder Back-up-Lösungen untersucht.
LEO-Satellitennetze sind aber nicht darauf ausgelegt, die Seekabelinfrastruktur zu ergänzen oder gar zu ersetzen. Im Januar 2025 verfügte die Starlink-Konstellation über eine Gesamtkapazität von etwa 450 TBit/s im Downlink und 50 TBit/s im Uplink.
Die komplette Satellitenkonstellation bietet bei Berücksichtigung der symmetrischen Kapazität nur etwa 10 Prozent der Leistung eines Unterseekabels. Das Anjana-Kabel hat beispielsweise eine Kapazität von 480 TBit/s.
Leo-Netze keine Alternative zu Seekabeln
Zudem sind die aktuellen Kosten pro MBit/s für Satellitendienste wie Starlink schätzungsweise etwa 3.000-mal höher als die Kosten pro MBit/s für Seekabel. Satelliten könnten daher eine Back-up-Lösung für Anwendungen mit hoher Priorität und geringem Datenverkehr bieten, etwa für Sprachkommunikation in Notfallszenarien.
Die EU-Expertengruppe tritt für Stresstests für Seekabel im Glasfaserbereich ein, um ihre Widerstandsfähigkeit zu prüfen, insbesondere nach den Vorfällen an den Nordstream-Pipelines und den Seekabel-Beschädigungen in der Ostsee. Ziel ist es, Schwachstellen in der Redundanz, den Reparaturkapazitäten und der Koordination zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den Betreibern aufzuzeigen.



