Urheberrecht: Die scharlachrote Blume
Weder Farbfotografie noch Superhelden sind Erfindungen der neueren Zeit: Wir werfen in dieser Ausgabe unserer Reihe zu freien Inhalten einen Blick zurück auf die Anfänge.

In unserer Reihe Endlich frei! stellen wir Filme, Texte, Seminare und andere empfehlenswerte Inhalte vor, die frei von Urheberrechten sind, als gemeinfrei nach US-Recht gelten - oder einfach kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Wir freuen uns natürlich auch über Tipps zur kreativen Nutzung von freien Inhalten und Themenanregungen im Forum!
Bevor wir zur ersten echten Superheldengeschichte kommen, machen wir einen kleinen Exkurs zum Unterschied zwischen Copyright und Urheberrechtsgesetz. Vereinfacht gesagt: Das Copyright sagt dir, was du kopieren und veröffentlichen darfst und ist übertragbar. Das Urheberrecht verbleibt beim Urheber und gibt mit Nutzungsrechten an, was nicht erlaubt ist. Diese Liste ist lang und sehr unübersichtlich.
Deshalb sind in Deutschland Debatten über die Gemeinfreiheit von Werken oft von Unsicherheit geprägt. Um es noch komplizierter zu machen, gelten mitunter andere Personen als die Autoren als Urheber.
Ein Beispiel: Unser weiter unten vorgestellter Superhelden-Roman wurde 1905 von Emma Orczy verfasst, aber von Johanna Schmidt 1935 übersetzt und im Schildhorn-Verlag veröffentlicht. Damit gilt Johanna Schmidt im deutschen Recht als Urheberin und das Buch kann frühestens 70 Jahre nach ihrem Tod in die Gemeinfreiheit übergehen. Jetzt könnte man argumentieren: Wer ist Johanna Schmidt? Niemand weiß, wann sie verstorben ist, und damit wäre das Werk in dieser Übersetzung verwaist.
Verwaiste Werke können unter bestimmten Umständen vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Das dürfen aber lediglich Museen, Archive und Bildungseinrichtungen. Da nichts davon auf uns zutrifft, beschränken wir uns im Folgenden auf die englischsprachige Originalfassung.
The Scarlet Pimpernel (Emma Orczy, 1905)
Moderne Superheldengeschichten verdanken viele ihrer Ideen einem Werk vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 1903 betrat der erste Held mit einer Geheimidentität die Bühne - und zwar wortwörtlich. In den Theatern von Nottingham und London feierte das Stück "The Scarlet Pimpernel" jahrelang Kassenrekorde, bevor seine Autorin beschloss, eine Romanserie daraus zu machen.
Die Baronin Orczy schrieb ihren Protagonisten Percy Blakeney in die französische Revolutionszeit und stattete ihn mit außerordentlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten aus. Die versteckt er hinter seiner Fassade als englischer Stutzer.
Nicht einmal seine Frau ahnt etwas von seinem Doppelleben, sie verachtet die eine und bewundert die andere Identität. Wem das bekannt vorkommt: Stan Lee, der Autor von Spiderman, bezog sich ganz direkt auf die Themen des Buches von Orczy. Für Lesefaule gibt es auch einen Film.
Farbfotos mit Kartoffelstärke
Bevor es Farbfilme gab, konnten Fotos nur aufwendig nachkoloriert werden, allenfalls eine sehr aufwendige dreifache Belichtung mit Farbfiltern ergab wirkliche Farbbilder. 1903 erfanden die Brüder Lumière das Autochrom-Verfahren: Kartoffelstärkepulver mit Farbpigmenten für Rot, Grün und Blau wurde auf eine Platte mit fotosensitiven Chemikalien aufgetragen.
Die Belichtung erfolgte durch diese dünne Pulverschicht hindurch, die so zu einem Farbfilter wurde. Es entstand nach der Entwicklung ein Diapositiv mit sichtbarer Körnung - aber auch lebhaften Farben. Eine lange Belichtungszeit und die benötigte helle Beleuchtung beim Betrachten der Bilder waren die Nachteile der Methode.
Heute wirkt besonders ein Motiv überraschend modern - das Bild von Christina Elizabeth Frances Bevan schaffte es sogar auf Twitter. Die Geschichte hinter der Fotoserie konnte erst in den vergangenen Jahren aufgeklärt werden. Weitere freie Autochrom-Bilder gibt es unter anderem aus Neuseeland.
Harvard-Philosophie für Couchkartoffeln
Sollte der Fahrer eines außer Kontrolle geratenen Zuges eine Weiche stellen, wenn dadurch nur eine statt fünf Personen zu Schaden käme? Diese und andere moralphilosophische Fragen werden in einer Vorlesung der Harvard-Universität von Michael Sandel diskutiert. Anstatt sich auf unbequeme Stühle in die überfüllte Sanders Theater Memorial Hall zu quetschen, gibt es den Kurs mit bester Sicht aus mehreren Kameraperspektiven auf Youtube.
Das Interessante an Sandels Didaktik ist die Bereitschaft zur Diskussion - die Studierenden können ihre eigene Sicht auf die Fragen einbringen. Dieser Aspekt kommt beim Gucken vom heimischen Sofa aus leider zu kurz, dafür kann man die Vorlesung aber jederzeit für einen Snack unterbrechen.
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An sich ist diese Kartoffelstärkeversion auch nicht die erste Anwendung des...
würde man das Farbbild in die Neuzeit verorten, auf 1913 käm bestimmt keiner. Durch die...
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