Ein kleiner Fauxpas mit weitreichenden Folgen
Bei Reefer Madness(öffnet im neuen Fenster) lautete der Hinweis im Vorspann schlicht Copyrighted – was nicht ausreichte. Normalerweise hätte ein solcher Fauxpas einem Film damals nur wenig geschadet, denn die Filmrollen wurden an die Kinos nur verliehen und mussten zurückgegeben werden. Illegale Kopien waren zwar prinzipiell möglich, aber unwahrscheinlich.
Es gab auch noch kein Konzept eines sogenannten Aftermarket für kleinere Independent-Produktionen, da Fernsehen, Videokassette und Streaming noch nicht erfunden waren. Der Schaden sollte bei Reefer Madness eher ideologischer Natur sein. Aber beginnen wir am Anfang.
Ein Aufklärungsfilm?
Im Jahr 1936 von einer kleinen kirchlichen Gruppierung finanziert, sollte der Film Tell your Children (Erzählt es euren Kindern) heißen und ein Aufklärungsfilm sein, der vor den Gefahren von Cannabis für die Jugend warnen sollte. Religiöse Gruppierungen als Finanziers von Independent-Filmen waren damals gar nicht so unüblich, ähnlich ging Ed Wood bei seinem Film Plan 9 from Outer Space(öffnet im neuen Fenster) vor.
Bei Reefer Madness führte Louis J. Gasnier die Regie, ein Pionier des Erzählkinos, dessen Erfolge zu der Zeit allerdings schon weniger wurden. Die Schauspieler waren fast durchweg unbekannt, das Budget gering, die filmischen Qualitäten ebenfalls. Es ist nicht einmal sicher, ob der Film in der ursprünglichen Intention jemals gezeigt wurde.
Ein Exploitation-Film!
Sicher ist hingegen, dass die Rechte schnell von Dwain Esper gekauft wurden, der sich auf sogenannte Exploitation-Filme spezialisiert hatte. Die Idee dieser Art von Filmen war, den Motion Picture Production Code von 1930 zu untergraben, der unter anderem die Darstellung des Konsums von Drogen unterband. Wenn man aber davor warnte, konnte man ihn trotzdem darstellen.
Der Titel des Films wurde dafür in das knackigere "Reefer Madness" geändert. Reefer war damals eine Bezeichnung für eine aus Cannabis gedrehte Zigarette beziehungsweise einen Joint, aber auch eine despektierliche Bezeichnung für eine Person, die diese konsumierte. Man kann den neuen Titel grob mit "Kifferwahn" übersetzen.
Geldsegen für Cannabislegalisierer
Unter dem neuen Titel kam der Film 1938 in die Kinos und war trotzdem kein Erfolg. Aber es war diese Version, bei der der oben genannte Copyrightvermerk fehlerhaft war. Das fiel 1972 Keith Stroup auf, dem Gründer der National Organization for the Reform of Marijuana Laws (NORML), die sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzt.
Er erstand eine alte Filmrolle für 297 US-Dollar und ging damit auf Tournee durch die Universitäten Kaliforniens zum symbolischen Eintrittspreis von 1 US-Dollar als Spende für eine lokale Legalisierungsorganisation. So konnten mehr als 16.000 US-Dollar an Spenden eingenommen werden, womit der Film der Legalisierungsbewegung wahrscheinlich mehr eingebracht hat als den prohibitionistischen Finanziers.



