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Urheberrecht: BGH bekräftigt Netzsperren als "letztes Mittel"

Die Deutsche Telekom muss Plattformen wie Sci-Hub nicht sperren, weil Verlage sich vorher an Hostprovider wenden könnten.
/ Sebastian Grüner , dpa
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Das Sci-Hub-Logo ist ein Rabe. (Bild: JACQUES DEMARTHON/AFP via Getty Images)
Das Sci-Hub-Logo ist ein Rabe. Bild: JACQUES DEMARTHON/AFP via Getty Images

Gegen Webseiten mit Schwarzkopien kann man notfalls mit einer Netzsperre vorgehen - doch davor müssen Rechteinhaber alle anderen möglichen Wege ausgeschöpft haben. Dies bekräftigte der Bundesgerichtshof (BGH) am 13. Oktober(öffnet im neuen Fenster) und konkretisierte zugleich die Voraussetzungen für Netzsperren bei Urheberrechtsverletzungen.

Was zumutbar sei, sei eine Frage des Einzelfalls. Der Versuch, die Rechte gerichtlich durchzusetzen, dürfe nicht unvertretbar lange dauern. Bei einem in der EU ansässigen Betreiber sei ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aber grundsätzlich zumutbar.

Damit waren Wissenschaftsverlage mit ihrer Revision in einem Verfahren gegen die Telekom (Az. I ZR 111/21) erfolglos. Die Verlage aus Deutschland, den USA und Großbritannien hatten eine Sperre von Internetseiten der Dienste Libgen und Sci-Hub verlangt, weil dort Artikel und Bücher ohne Zustimmung der Rechteinhaber veröffentlicht wurden. Das Oberlandesgericht (OLG) München wies die Klage ab: Die Verlage hätten sich zunächst an den in Schweden ansässigen Host-Provider der beiden Internetdienste wenden müssen.

Der BGH monierte zwar, dass das OLG offengelassen habe, ob die Kläger in Schweden ihren Anspruch gegen den dort ansässigen Hostprovider über einen einstweiligen Rechtsschutz hätten geltend machen können. Sie hätten aber zumindest vor einem deutschen Gericht versuchen müssen, im Wege einer einstweiligen Verfügung einen Auskunftsanspruch gegen den schwedischen Hostprovider geltend zu machen. Ein Access-Provider, der lediglich allgemein den Zugang zum Internet vermittle, hafte nur subsidiär.

Nach dem Telemediengesetz kann eine Sperrung verlangt werden, wenn das Recht am geistigen Eigentum verletzt wurde. Die Sperrung muss aber verhältnismäßig sein. "Eine Sperrung ist das letzte Mittel" , betonte der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch bei der Urteilsverkündung und wiederholte damit einen zentralen der Teil Verhandlung . Netzsperren sind umstritten: Zum einen können auch Angebote blockiert werden, die legal im Netz stehen, zum anderen sind Sperren beim Domain Name System (DNS) leicht zu umgehen.

BGH bleibt Rechtssprechung treu

Der BGH blieb damit auf der Linie seiner bisherigen Rechtssprechung: Er entschied 2015, dass die Telekom und andere Internetprovider prinzipiell zur Sperrung von illegalen Webseiten verpflichtet werden können - aber nur dann, wenn die Rechteinhaber alles unternommen haben, um gegen die Schwarzkopierer vorzugehen.

Dass dies sehr schwierig sein kann, erläuterte bei der mündlichen Verhandlung im Juni der Anwalt der Verlage. "Die Verletzer sind nicht greifbar." Sie entzögen sich auch bei einer mit beträchtlichen Kosten verbundenen Ausschöpfung der Rechtswege und nach vielen überflüssigen Korrespondenzen allen Maßnahmen der Vollstreckung. Der Telekom-Anwalt verwies dagegen darauf, dass mit DNS-Sperren die Verbreitung von Inhalten nicht unterbunden werden könne. Auch habe der Internetzugangsanbieter keinen Einblick in die Inhalte der Webseiten.


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