Uploadfilter unvermeidbar
"Die versprochene Umsetzung unter Vermeidung von Uploadfiltern ist auf Basis des vorliegenden Entwurfs als gescheitert zu bezeichnen", schreibt der Eco in seiner Stellungnahme. Der VZBV kommt zu dem Schluss: "Insofern bricht die Regierung ihr - sowohl im Koalitionsvertrag als auch im Kompromissvorschlag der CDU - gegebenes Versprechen, dass es keine Uploadfilter geben wird."
Prinzipiell begrüßen die Verbraucherschützer die Entscheidung der Regierung, den Kreis der Onlinedienste, für die das neue Gesetz gilt, möglichst einzugrenzen. "Damit wird der Gefahr begegnet, dass kleinere Foren, Rezept- oder Datingplattformen, die in keinem Konkurrenzverhältnis mit den Online-Inhaltediensten stehen, in den Anwendungsbereich der Vorschrift geraten könnten", heißt es in der Stellungnahme. Für sinnvoll hält der Verband zudem die Entscheidung, Karikaturen, Parodien und Pastiches von der Lizenzpflicht auszunehmen. Damit seien nutzergenerierte Inhalte wie Remixe, Memes, Gifs und Samplings weitgehend von der Regelung umfasst.
Pre-Flagging stark umstritten
Stark umstritten ist zudem der Vorschlag der Regierung, wonach Uploads beim Hochladen als urheberrechtskonform und nicht lizenzpflichtig markiert werden können. Nach Einschätzung des Eco ist beim sogenannten Pre-Flagging zu erwarten, "dass diese Angaben vielfach nicht oder nicht korrekt getätigt werden". Dem Bundesverband Musikindustrie zufolge widerspricht das Verfahren sogar dem Wortlaut der EU-Richtlinie und internationalem Urheberrecht. Der vorgeschlagene Mechanismus erlaube "potenziell große Mengen unautorisierter Nutzungen". Das Pre-Flagging stelle den Schutz des geistigen Eigentums auf den Kopf, "indem man unautorisierte Nutzungen erlaubt, es sei denn, der Rechteinhaber kann nachweisen, dass die Rechtsverletzung 'offensichtlich' ist".
Nach Ansicht der GFF erlaubt das Pre-Flagging zumindest Nutzern, "die über einen hohen Kenntnisstand bezüglich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte verfügen, bestimmte häufige Fehler technischer Inhalteerkennungssysteme zu antizipieren und ihre legalen Uploads vor der fälschlichen Sperrung zu schützen". Dennoch sei dieses Verfahren nicht geeignet, "eine allgemeine Überwachungspflicht für die Diensteanbieter abzuwenden". Die GFF fordert zudem, als weitere Nutzungskategorie auch gemeinfreie beziehungsweise nicht schutzfähige Inhalte zu erlauben.
Google und Facebook gegen Pre-Flagging
Die US-Konzerne Google und Facebook lehnen das Pre-Flagging hingegen ab. Laut Facebook "könnte dies dazu führen, dass Nutzer abgeschreckt werden und weniger Inhalte einstellen". Viele Benutzer könnten sich dazu entscheiden, "ihren Beitrag nicht zu veröffentlichen - auch aus der vermutlich unbegründeten Angst heraus, an einer möglichen Urheberrechtsverletzung beteiligt zu sein".
Google hält das Modell aus praktischer Sicht für "nicht umsetzbar". Es sei "für einen Nutzer trotz bester Bemühungen nicht immer einfach zu ermitteln, ob und welche Schrankenbestimmung oder Kombination von Schranken für seine Nutzung relevant und ob deren Voraussetzungen gegeben sind". Das Unternehmen schlägt stattdessen vor, den Nutzern im Falle einer automatischen Sperrung ihrer Inhalte die Möglichkeit zu geben, sich "unmittelbar" zu beschweren.
Auf Wiedersehen vor dem EuGH
Die unterschiedlichen Stellungnahmen machen deutlich, wie weit die Vorstellungen beim Urheberrecht im Internet noch auseinander liegen. Das Bundesjustizministerium muss nun auf Basis des Diskussionsentwurfs einen Referentenentwurf entwickeln, der dann mit den anderen Bundesministerien abgestimmt und vom Kabinett verabschiedet wird. Bei den anschließenden Beratungen im Bundestag ist ebenfalls zu erwarten, dass die Lobbyverbände versuchen werden, ihre Positionen im finalen Gesetzestext zu verankern. Erst dann wird feststehen, wie die umstrittene EU-Richtlinie tatsächlich in deutsches Recht umgesetzt werden muss.
Aus den bisherigen Plänen wird jedoch klar, dass die Interessen von Nutzern, Urhebern, Rechteinhabern und Onlinediensten kaum unter einen Hut zu bringen sind. Das Versprechen der Bundesregierung, die Richtlinie ohne den Einsatz von Uploadfiltern umzusetzen, wird nicht zu halten sein. Vermutlich wird der EuGH ohnehin wieder am Ende entscheiden müssen, ob Kontrahierungszwang, Bagatellgrenzen und allgemeine Filtersysteme mit dem EU-Recht vereinbar sind.
Update vom 13.05.2022
Felix Reda ist trans. Auf seinen Wunsch haben wir den alten Vornamen im Artikel ersetzt.
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