Uploadfilter statt Kontrahierungszwang
So ist das Ministerium offenbar mit den Plänen des Justizministeriums einverstanden, das sogenannte Preflagging legaler Inhalte durch Nutzer nur nachträglich zu ermöglichen. Das soll erst dann der Fall sein, wenn der Inhalt wegen der Ansprüche eines Rechteinhabers gesperrt werden soll. Dann muss Nutzern "sofort" ermöglicht werden, die Nutzung als erlaubt zu markieren. Nach Einschätzung von Urheberrechtsexperten ist der Einsatz von Uploadfiltern damit unumgänglich.
Mit einer vom Wirtschaftsministerium geforderten Änderung des geplanten Paragrafen 4 könnte der Einsatz von Uploadfiltern sogar noch verstärkt werden. So wird in der Stellungnahme eine Klarstellung gefordert, den Kontrahierungszwang von Lizenzen zu relativieren, so dass "die Plattformen die Möglichkeit haben, Content zu sperren oder zu blocken, wenn der Lizenzerwerb für die Plattform nicht attraktiv ist". Eine solche Sperrung oder Blockade wäre im Grunde nur möglich, wenn hochgeladene Inhalte durch einen Uploadfilter überprüft würden. Um diese Vorgaben technisch umzusetzen, schlägt das Ministerium einen zusätzlichen Zeitraum von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes vor.
Mindest- und Maximalquoten abgelehnt
Wenig Annäherung zwischen den Positionen des SPD-geführten Justizministeriums und des Wirtschaftsministeriums gibt es beim Thema Leistungsschutzrecht. So heißt es in der Stellungnahme, dass von den im Juni formulierten "roten Linien" lediglich die konkreten Vorgaben für die lizenzfreie Nutzung von "bis zu acht Wörtern" aus Presseartikeln gestrichen worden seien. Das Justizministerium beharrt jedoch weiterhin auf einer Mindestbeteiligungsquote der Urheber von einem Drittel an den möglichen Einnahmen aus dem Leistungsschutzrecht. Im Gegenzug soll die Beteiligung der Verlage bei Einnahmen aus Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort weiterhin auf ein Drittel begrenzt werden. Diese beiden Punkte will das Wirtschaftsministerium komplett streichen.
Darüber hinaus will das Ministerium erreichen, dass die Verlage schon im kommenden Jahr von den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften profitieren. Eine zeitliche Verzögerung auf 2022 sei "unnötig und sollte daher insbesondere mit Blick auf die angespannte Finanzlage vieler kleinerer Verlage in Zeiten der Corona-Pandemie verhindert werden". Diese Argumentation erscheint widersprüchlich, wenn das Ministerium gleichzeitig eine Pressesubvention in Höhe von 220 Millionen Euro plant, die an die Auflage von Zeitungen und Zeitschriften gekoppelt werden soll. Dadurch bleibe für kleinere Verlage "kaum etwas übrig", kritisierte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV).
Andere Ministerien weniger kritisch
Weniger kritisch als das Wirtschaftsministerium äußerten sich das Bildungsministerium und die Bundeskulturbeauftragte in ihren Stellungnahmen. Allerdings hält auch die Bundeskulturbeauftragte Monika Grütters (CDU) Regelungen wie die sogenannte Bagatellschranke für "unzulässig", da sie "europarechtliche Vorgaben missachten". Kritisiert werden die Ausnahmen von der Plattformregulierung für kleine Diensteanbieter sowie Einschränkungen bei der Lizenzierungspflicht. Dies entspräche nicht dem Verhandlungsergebnis auf europäischer Ebene.
Die im Kanzleramt angesiedelte Kulturbeauftragte will jedoch eine Quote bei der Verlegerbeteiligung mittragen, "es sei denn, dass die verlegerische Leistung nicht angemessen berücksichtigt würde".
Zustimmung für Bagatellklausel
Unterstützung für die Bagatellklausel gibt es hingegen aus dem Bildungs- und Forschungsministerium unter Ministerin Anja Karliczek (CDU). Der fünfseitigen Stellungnahme zufolge wird damit "dem Nutzungsverhalten im Zusammenhang mit Plattformen sowie der Ausübung der Meinungsfreiheit Rechnung getragen". Darüber hinaus begrüßt das Ministerium die geplante Regelung, wonach Computerprogramme Gegenstand des allgemeinen Text- und Data-Mining sein können. Allerdings sei bedauerlich, dass Computerprogramme im Rahmen des wissenschaftlichen Text- und Data-Mining ausgenommen seien.
Vor allem die Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums macht deutlich, dass die Positionen zwischen den einzelnen Ministerien und damit auch Regierungsparteien noch schwer miteinander zu vereinbaren sind. Während das Wirtschaftsressort vor allem die Interessen der Verlage und Rechteverwerter vertritt, berücksichtigt der Entwurf des Justizministeriums stärker die Interessen der Nutzer und Urheber. Allerdings scheint es einen Konsens zu geben, mit Hilfe von Uploadfiltern das Hochladen nicht-lizenzierter Inhalte verhindern zu wollen. Dabei hatte die Bundesregierung bei der endgültigen Abstimmung über die Reform ausdrücklich versichert, "Uploadfilter nach Möglichkeit zu verhindern".
Die Mitte Oktober gestartete Möglichkeit (PDF), eine Stellungnahme zu dem Entwurf abzugeben, endet am 6. November 2020.
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Uploadfilter: Altmaier beharrt auf "roten Linien" bei Urheberrechtsreform |
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Der Vergleich wäre eher korrekt, wenn jemand etwas unbekanntes in den Kofferraum legt und...
Altmaier ist vor allen Dingen ein Luftpumperich. Ständig irgendwelche "Ideen", die sich...
Wenn du mal schaust wie viele Leute die tatsächlich gewählt haben (nach Abzug der...
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