Das eine Stelle, an der Deutschland Wirtschaft, Politik und Bildung vereint
Das hier ist die 18. Ausgabe von Chefs von Devs, dem Golem.de-Newsletter für CTO, Technical Directors und IT-Profis. Alle zwei Wochen erscheint eine neue Ausgabe. Chefs von Devs kann hier kostenlos abonniert werden.
Golem.de: Warum gibt es überhaupt so wenig IT-Nachwuchs?
Dalia Das: Das Interesse an technischen Berufen ist sehr hoch, sowohl bei Frauen als auch Männern. Allerdings ist das IT-Studium einfach nicht das attraktivste, weil es viele Unis versäumt haben, diesen Studiengang modern zu gestalten. Vielen jungen Menschen fehlt es dort an relevantem Praxisbezug.
Golem.de: Ist ein IT-Studium für einen IT-Job heute überhaupt noch wichtig?
Dalia Das: Die wenigsten Menschen gehen ein zweites Mal für drei Jahre in die Ausbildung. Die damit verbundenen Opportunitätskosten kann man sich dann nicht mehr leisten. Aber: In einer Welt, die sich so schnell dreht wie die unsere, kann es mit der Erstausbildung oder dem Erststudium nicht getan sein. Es muss also Wege geben, wie man auch später im Berufsleben schneller und kürzer weiterlernen kann. Das geht mit Formaten wie unserem besser als mit einem weiteren Hochschulstudium. Damit kommt man dem viel strapazierten Begriff vom lebenslangen Lernen ein Stück näher.
In der Regel – dazu gibt es auch Studien – sind Richtungsänderungen, Wechsel und Neustarts im Lebenslauf nachhaltig mit besseren Perspektiven verbunden, weil einem gleich unterstellt wird, dass man die von Unternehmen gewünschten Soft Skills mitbringt. Das sind lernfähige Mitarbeiter*innen, die jedem Wechsel eher positiv gegenüberstehen, den technologischen Wandel mit antreiben und nicht angsterfüllt verharren.
Golem.de: Der Weg über IT-Unterricht an der Schule ist ein extrem langfristig gedachter Lösungsansatz, die Fachkräfte fehlen aber heute.
Dalia Das: Um in den nächsten fünf Jahren das Thema Fachkräftemangel zu lösen, werden wir uns mit den Mitarbeiter*innen beschäftigen müssen, die wir schon haben. Wir müssen alle mobilisieren, die gerade nicht in der IT sind. Das heißt beispielsweise auch die Mütter in Elternzeit, die nach einem Wiedereinstieg suchen, aber oftmals in ihren alten Stellen gar nicht mehr so viele Perspektiven haben. Für diese Zielgruppe haben wir gerade ein spezielles, familienfreundliches Programm entwickelt. Wenn wir diese Frauen für digitale Berufe fit machen, haben wir eine weitere Zielgruppe für die Wirtschaft erschlossen.
Golem.de: Für die langfristig nachhaltige Lösung muss man dann doch auch an die Bildung dran.
Dalia Das: Für das 7- bis 10-Jahres-Problem sollten wir die Unis näher an die Realität heranbringen. Und für die nächsten 15 bis 20 Jahre sollten wir uns überlegen, wie IT in der Schule über das Verteilen von iPads hinaus aussieht. Da muss man andere didaktische Konzepte entwerfen. Mit der Infrastruktur allein ist das nicht getan.
Die Teilnehmer des Marktes, also Politik, Bildung und Wirtschaft, müssen sich dafür enger verzahnen. Und politische Unterstützung im Weiterbildungsbereich muss auch für Unternehmen praktikabel in der Anwendung sein.
Golem.de: Vor lauter Rede über Schüler und Studenten spricht kaum jemand über Azubis, etwa zum Fachinformatiker.
Dalia Das: Ich bin ein großer Fan der Berufsausbildung. Wir haben damit ein weltweit einzigartiges Modell. Keiner kriegt das so gut hin wie wir in Deutschland. Das ist eine der wenigen Stellen, wo wir es schaffen, Wirtschaft, Politik und Bildung wirklich zu vereinen. Aber dieses gesellschaftliche Streben nach einem höheren Abschluss steht dem Ganzen im Weg. Es heißt ja auch immer, man "ermöglicht" seinen Kindern das Studium.
Damit verbunden sind dann auch gehaltliche Unterschiede. Die meisten verdienen nach der Ausbildung weit weniger Geld, als die mit einem Masterstudium. Das motiviert nicht wirklich, eine Ausbildung zu beginnen. Dabei können gut ausgebildete Fachinformatiker*innen durchaus mehr Wertbeitrag stiften als jemand, der, ohne im Masterstudium eine Codezeile fabriziert zu haben, in den Job kommt.
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