Umgehung von Sanktionen: China ist Russlands Fenster zur Halbleiterwelt
Eigentlich sollte Russland keine Chips aus den USA und Europa kaufen können. Firmen aus China halten sich nicht daran, einige entstanden nur zur Umgehung der Sanktionen.

Russland umgeht über diverse Staaten die Sanktionen, mit denen Europa und die USA das Land vom Halbleitermarkt abschneiden wollen. Das ist so weit nichts Neues. Eine Recherche der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei Asia zeigt nun aber das ganze Ausmaß. So ist Russland nicht nur in der Lage, Chips von Intel, AMD und anderen Herstellern zu beziehen, von denen viele im Krieg gegen die Ukraine Verwendung finden dürften.
Auch importierte Russland nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine deutlich mehr Halbleiter: Vom 24. Februar bis 31. Dezember 2022 wurden Chips im Wert von fast 1,1 Milliarden US-Dollar eingeführt, im selben Zeitraum des Vorjahres waren es nur knapp 400 Millionen US-Dollar. Der Großteil der Importe läuft, wie Nikkei Asia zeigt, über China und Hongkong. Während 2021 von hier lediglich Halbleiter im Wert von rund 51 Millionen US-Dollar nach Russland verkauft wurden, wuchsen die Exporte 2022 sprunghaft auf rund 570 Millionen US-Dollar.
Die Zahlen stammen direkt vom russischen Zoll, Nikkei Asia konnte sie über ein indisches Marktforschungsunternehmen beschaffen. Hier sind neben dem Wert der Produkte auch deren Hersteller genannt. Bei 70 Prozent der Transaktionen mit einem Wert von über 100.000 US-Dollar wurden Halbleiter von US-Herstellern geliefert, 75 Prozent davon aus China oder Hongkong. Neben hochpreisigen Xeon-Prozessoren nennt die Zeitung FPGAs von AMD und hochwertige Funk-Chips – alles Halbleiter, die für das Militär interessant sind.
Dass viele Halbleiter für die russische Armee bestimmt sind, legt auch die enorme Steigerung des Handelsvolumens nahe. Ein Teil hiervon dürfte zwar den durch die Umgehung der Sanktionen gestiegenen Beschaffungskosten geschuldet sein, die annähernde Verdreifachung des Handelsvolumens erklärt dies jedoch nicht.
Viele kleine und junge Unternehmen
Neben dem deutlich gestiegenen Handelsvolumen hebt Nikkei Asia weitere Aspekte hervor: Viele der nach Russland exportierenden Unternehmen haben nur einen oder wenige Angestellte, einige wurden erst nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine gegründet. Auch kaufen in Russland teils Unternehmen große Mengen Chips, die zuvor kaum geschäftliche Aktivitäten zeigten.
Dies legt bereits den Verdacht nahe, dass es sich um Briefkastenfirmen zur Umgehung der Sanktionen handelt. Für ein Unternehmen namens Agu Information Technology konnte die Zeitung diesen Verdacht erhärten: Am genannten Unternehmenssitz fand sich nicht einmal ein Firmenschild, gegründet wurde die Firma erst im April 2022. Dennoch verkaufte sie Halbleiter im Wert von 18,7 Millionen US-Dollar nach Russland. Obwohl Agu Information Technology kein offizieller Händler von Intel-CPUs ist, verkaufte die Firma 2022 über 60.000 Stück davon nach Russland.
Das zeigt die Schwierigkeit von Sanktionsbemühungen: Selbst für die Hersteller und ihre offiziellen Distributoren ist der Verbleib ihrer Produkte kaum vollständig zu überprüfen. Viele Anbieter des grauen Markts sind dazu gar nicht in der Lage – oder nehmen zusätzliche Einnahmen gern mit. Letztere sind schwer vom Markt auszuschließen: Landen sie auf einer Sanktionsliste, genügt teils ein Namenswechsel. So verwundert es auch nicht, dass das US-Handelsministerium auf seiner Sanktionsliste bereits über 500 Unternehmen führt.
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Und je mehr die USA China sanktionieren umso enger werden Russland und China zusammenruecken.
So machen wir (also der "Westen") uns bestimmt ganz viele Freunde auf der Welt wenn wir...
Geliefert werden darf dann nur noch an Handelspartner, die ein aufwendiges...
Russland wird jetzt von Produktfälschungen überschwemmt. Die Fehlerrate von Chips ist von...
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