Ukrainekrieg: Warum das Internet in der Ukraine noch läuft
Kaum Monopolisten, keine zentralen Internet-Exchanges, schnelle Reparaturen und Hardwarespenden: Das Netz der Ukraine ist sehr widerstandsfähig.

Mit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine erwarteten viele einen Cyberkrieg. Auch wenn dieser nicht kam, lag die Vermutung nahe, dass allein die physischen Zerstörungen in vielen Landesteilen das Internet in der Ukraine an den Rand des Zusammenbruchs bringen könnten. Doch das ist nicht passiert. Zwei Vorträge auf der Konferenz Ripe 84 erläutern die Gründe.
Wie Emile Aben, Forscher beim Ripe NCC, in seinem Vortrag anhand zahlreicher Datenquellen zur Untersuchung der Internetqualität in der Ukraine, sogenannter Probes, zeigt, ist das Internet in dem Land zwar nachweisbar beschädigt, funktioniert aber gut weiter.
So sei etwa die Anzahl der Internetausfälle im Verlauf des Krieges nicht nur gering gewesen, sondern verteilten sich über einen längeren Zeitraum. Unter bestimmten Umständen sind aber auch ganze autonome Systeme (AS) offline gegangen, so Aben. Dass dies nicht flächendeckend passiert sei, liege an dem speziellen ISP-Markt in der Ukraine.
Kaum Monopolisten und viele Verbindungen
Einer der wohl wichtigsten Punkte ist laut Aben die Dezentralisierung des Internets in der Ukraine. So gibt es dort bei den Provider so gut wie keine Marktkonzentration, sondern eher sehr viele teils auch sehr kleine Provider. Weniger als 1 Prozent der Bevölkerung werden von 55 Prozent der ISPs (Internetdienstanbieter) versorgt.
Hinzu komme, dass die Ukraine über insgesamt 19 Internetknoten (Internet-Exchange-Points, IXP) verfüge, so Aben. Keiner sei dabei von zentraler Bedeutung oder dominant. Die Backbone-Pfade für die Glasfaserverbindungen untereinander und in den jeweiligen Netzen seien selbst sehr divers. Durch diesen Aufbau mit vielen Redundanzen seien einzelne, vor allem meist lokal begrenzte Ausfälle oft nicht besonders schwerwiegend.
Gegenseitige Hilfe und schnelle Selbsthilfe
Kommt es dennoch zu Ausfällen, helfen auch die Netzwerktechniker vor Ort bei einem schnellen Wiederaufbau. Bekannt sind dabei zahlreiche Bilder von Mitarbeitern der ISPs, die in den Trümmern des Kriegs neue Leitungen legen und zerrissene Kabel wieder verbinden, um eine schnelle Versorgung herstellen zu können.
Unterstützt werden dieses Arbeiten an der Hardware von einer Initiative der Global NOG Alliance. Ziel der Organisation ist es prinzipiell, den Austausch und die gegenseitige Unterstützung zwischen Network Operating Groups (NOG) weltweit zu fördern. Im Fall das Ukrainekriegs führte dies zu einer Initiative mit zahlreichen Technikspenden und einer Tauschwebseite.
Ukrainische ISPs können so ihren Bedarf für bestimmte Geräte melden und ISPs aus dem restlichen europäischen Ausland könnten diese als Spendenleistung erfüllen. Die Initiative übernimmt dabei auch die Logistik in die Ukraine, wie ein weiterer Vortrag beim Ripe 84 beschreibt.
Demnach ist die wohl am meisten gewünschte Hardware aber nur schwer als direkte Spende verfügbar: Spleißgeräte für Glasfaserverbindungen. Um diese dennoch den ISPs in der Ukraine zur Verfügung stellen zu können, sammelt die Initiative Spendengelder, von denen Spleißgeräte gekauft werden.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
So dargestellt ist es falsch. Richtig ist, dass 55% der ISP einen Marktanteil von unter...
Vermutlich haben wir in Deutschland einen Knoten in Frankfurt der der Telekom gehört...
TCP/IP wurde ja extra für solche Fälle entworfen, das es auch dezentral geroutet werden...
Ist halt hier Neuland, was will man da erwarten ;)
Kommentieren