Ukrainekrieg: Keine unmittelbare Gefahr trotz Stromausfall in Tschernobyl

Auch ohne Strom für aktive Kühlung geht von den Brennstäben in Tschernobyl über Monate keine Gefahr aus, solange sich Wasser in den Becken befindet.

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Kernkraftwerke Tschernobyl im Jahr 2013
Kernkraftwerke Tschernobyl im Jahr 2013 (Bild: Wikimedia / Ingmar Runge/CC-BY-SA 3.0)

Auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Tschernobyl ist in Folge der russischen Kriegshandlungen die Stromversorgung zusammengebrochen. In dem Zusammenhang wurde oft vor der Gefahr durch die Brennelemente in den Kühlbecken gewarnt, die in Folge der Tsunamikatastrophe in Japan ein großes Problem darstellten. Die Situation in Tschernobyl ist 22 Jahre nach dem Ende des Reaktorbetriebs jedoch eine völlig andere, wie auch eine 2012 durchgeführte Analyse zeigt.

Im normalen Betrieb sorgt eine elektrische Kühlung für die Stabilisierung der Temperatur im Wasserbecken. Aber die Wärmefreisetzung der Brennstäbe lässt nach Ende der Kettenreaktion im Reaktor stark nach. Nach drei Jahren beträgt sie nur noch rund ein Prozent von der Wärmeleistung nach drei Tagen. Nach 20 Jahren sinkt sie nochmals um mehr als die Hälfte. Der größte Teil der gelagerten Brennstäbe ist aber noch deutlich älter. Die Untersuchung fand zudem vor zehn Jahren statt, als die Brennstäbe noch deutlich mehr Wärme freisetzten als heute.

Das Ergebnis war, dass die Wärmefreisetzung unter keinen Umständen ausreichend ist, um 100 Grad Celsius zu erreichen und Wasser zum Kochen zu bringen. Auch im schlimmsten angenommenen Fall einer andauernden Hitzewelle mit Außentemperaturen von 45 Grad Celsius wären die Brennstäbe im Jahr 2012 nicht wärmer als 64 Grad Celsius geworden.

Auch ohne Wasser droht keine unmittelbare Gefahr

Selbst unter diesen Bedingungen befindet sich genügend Wasser im Becken, um die Sicherheit der Brennstäbe für mehr als zwei Monate ohne Betrieb jedweder Kühlung zu sichern. Unter den aktuellen kalten Außentemperaturen und der niedrigeren Wärmefreisetzung als vor zehn Jahren ist diese Zeit deutlich länger. Selbst ganz ohne Wasser hätte es im Jahr 2012 knapp zwei Monate gedauert, bis die ersten Brennstäbe bedenkliche Temperaturen von über 300 Grad Celsius erreicht hätten. Wasser kann außerdem auch jederzeit von außen nachgefüllt werden.

Untersucht wurde auch, ob Wasserstofffreisetzung ein Problem darstellen könnte. Gammastrahlung aus den Brennstäben kann Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Unter hermetisch abgeschlossenen Bedingungen hätte die Konzentration von Wasserstoff im Jahr 2012 nach zehn Tagen die Grenze von vier Prozent überschritten, ab der Wasserstoffexplosionen möglich sind. Das ist eine unrealistische Annahme, die dennoch Anlass zur praktischen Überprüfung in der Anlage ohne Betrieb der Lüftung gab. Die Wasserstoffkonzentration stabilisierte sich dabei auf 0,2 Prozent.

Den Berichten zufolge soll auch die Notstromversorgung wie vorgesehen angelaufen sein. Das alles steht im Widerspruch zu Darstellungen einer bevorstehenden Katastrophe durch den Stromausfall.

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