Die IT-Branche hilft, wo sie kann
Die Mitgliedstaaten der NATO halten sich aus Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges mit militärischen Eingriffen jedoch zurück. Stattdessen wird auf wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland gesetzt. US-amerikanische Internetkonzerne wie Meta und Alphabet ziehen sich schrittweise vom russischen Markt zurück, um über die russische Bevölkerung den Druck auf Wladimir Putin zu erhöhen.
In Deutschland versuchen kleinere IT-Unternehmen zu tun, was sie können. Beispielsweise stellte das Spielestudio Rockfish Games im März 20 Schlafplätze für Geflüchtete in ihren Büroräumen in Hamburg zur Verfügung. Viele der ersten in Deutschland angekommenen Ukrainer sind bisher bei Privatpersonen untergekommen. Innerhalb weniger Tage stellten die Unternehmer Ivan Kychatyi und Nikita Overchyk mit UA Talents eine Jobplattform für geflüchtete Ukrainer ins Netz. 5.000 Stellen sollen dort laut eigenen Angaben gelistet sein. Falls Vlada nicht zeitnah nach Kyjiw zurückkehren kann, sollte es ihr nicht schwerfallen, in Berlin einen Job zu finden. Sie ist gut ausgebildet, hat als Backend-Programmiererin und IT-Managerin gearbeitet. In Deutschland mangelt es an solchen Fachkräften.
Für viele andere Geflüchteten dürfte es ein größeres Problem sein. Schon jetzt haben 175.000 geflüchtete Menschen Deutschland erreicht. Mehr als zwei Millionen haben das Land nach Angaben der UN verlassen. Unter den Geflüchteten sind viele Frauen, die auch in der Ukraine in geringerem Maß in der IT-Branche arbeiten.
Kommunikation wird eingeschränkt
Im Gespräch checkt Vlada immer wieder ihr Smartphone, schaut, ob sie neue Nachrichten erhalten hat. Familie und Freunde sind weiterhin in der Ukraine. Sie erzählt, dass einige ihrer Familienmitglieder in Russland leben. "Die sind kein Teil der Familie mehr", wirft ihr Bruder ein. Die russische Propaganda hat auch sie erreicht und sie an den Berichten von Vlada zweifeln lassen.
Bevor sie den Kontakt über den Angriff abgebrochen hat, schrieb Vlada ihnen Direktnachrichten über Instagram. Das soziale Netzwerk wird in Russland mittlerweile blockiert. Der Kreml schränkt mit solchen Maßnahmen nicht nur den Zugang zu Informationen ein, sondern schneidet auch die eigene Bevölkerung von der Außenwelt ab - und von ihren Angehörigen in der Ukraine. Dem Land, das Russland angeblich befreien will.
NATO und EU halten sich aus den Kampfhandlungen bisher raus. Dafür wird ein Informationskrieg mit Russland geführt. Plattformanbieter und Nachrichtenorganisationen versuchen die Verbreitung von Falschmeldungen einzudämmen und gleichzeitig Informationen für die Menschen in der Ukraine, aber auch Belarus und Russland zugänglich zu machen.
An der Waffe bereit
Noch ist Andrii in Kyjiw erreichbar. "Bis jetzt sind wir sicher", sagt er. "So sicher, wie man es unter diesen Umständen sein kann." Einige seiner 30 Kollegen seien so nah an den Kampfhandlungen, dass sie ihnen nicht entgehen können, ansonsten laufe die Arbeit so weit, wie es gehe, weiter.
Die eigene Infrastruktur ihres Unternehmens sei dezentralisiert genug aufgebaut, dass sie selbst den schlimmsten Fall überstehen könnte. Allerdings wirft Andrii die Frage auf, wie lange Russland seine Angriffe auf die Ukraine beschränken würde. "Denken Sie darüber nach, wie anfällig Europa für Angriffe ist", sagt er mit Blick auf Langstreckenraketen, die russische Truppen schon jetzt einsetzen würden.
Auch wenn er momentan noch arbeiten kann, weiß Andrii, dass es keine Garantie für seine Sicherheit gibt. Er könnte auch vom Büro im Stadtzentrum arbeiten, "allerdings ist es bequemer von zu Hause aus", weil er so die Fahrt spart. Im unterirdischen Schutzraum gibt es keine Möglichkeit zu arbeiten, aber den suche er ohnehin nicht auf, obwohl er sagt: "Mir ist klar, dass der Raketen- und Artilleriebeschuss jeden Moment beginnen kann." Für solche Fälle könnte er in eine Tiefgarage gehen.
Mit jedem Tag, an dem die russischen Truppen näher an das Stadtzentrum vorrücken, wird auch ein direkter Angriff auf Kyjiw wahrscheinlicher. "In diesem Fall bin ich an den Waffen bereit. Ich bin in der Reserve", sagt der Entwickler Andrii. Die russischen Truppen sieht er als "faschistische Besatzer" - und er ist bereit, gegen diese zu kämpfen.
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