Ukraine-Krieg: Russland bereitet Trennung vom weltweiten Internet vor
Was die internationalen Organisationen nicht wollen, macht Russland nun selbst - ein internes Internet, mit russischem Hosting und DNS.

Die russischen Behörden bereiten offenbar eine weitgehende Trennung der staatlichen Internet-Infrastruktur des eigenen Landes vom Rest des weltweiten Internetverkehrs vor. Das geht aus einer Anordnung des Ministeriums für Digitale Entwicklung Kommunikation und Massenmedien hervor, die das auf Russland und Belarus spezialisierte Medienprojekt Nexta veröffentlicht hat.
Demnach hat das Ministerium zahlreiche weitgehende Bestimmungen getroffen, die wohl für sämtliche öffentlichen beziehungsweise staatlichen Dienste und Anbieter in Russland gelten. So sollen zunächst die Information und Zugänge bei Domain-Registraren überprüft und falls notwendig aktualisiert werden. Erste DNS-Anbieter haben bereits angekündigt, ihren Dienst in Russland beenden zu wollen.
Zusätzlich dazu sollen die Betreiber auf DNS-Server innerhalb Russlands wechseln. Sämtlicher Javascript-Code, der von ausländischen Ressourcen heruntergeladen wird, soll entfernt werden. Werden ausländische Hosting-Betreiber verwendet, müssen die Ressourcen auf einen russischen Dienst umgezogen werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Ressourcen, die über eine andere TLD laufen als .ru, falls möglich auf .ru umgezogen werden. Die Betroffenen haben dazu bis zum 15. März Zeit.
Bereits bis zum 9. März sollen die Betreiber und Anbieter dem Ministerium eine Liste sämtlicher öffentlicher Ressourcen überreichen samt Informationen darüber, wo sich diese befinden (selbst-gehostet, gemietet, in der Cloud). Hinzu kommen Informationen zur benötigten Bandbreite sowie dazu, ob die Ressourcen überhaupt außerhalb Russlands verfügbar sein müssen.
Werden all diese Maßnahmen tatsächlich umgesetzt, wissen die Behörden in Russland nicht nur vollständig, welche Webseiten oder Dienste in Russland bereitstehen. Durch den erzwungenen Umzug auf russische DNS- und Hosting-Server haben die Kontrollbehörden auch einen weitgehenden Zugriff auf diese Angebote. Beides ermöglicht praktisch eine vollständige staatliche Zensur oder auch Blockade für Informationen aus der öffentlichen Hand.
Der Autor meint dazu:
Weder Amazon noch Microsoft oder Google haben für ihre jeweiligen Cloud-Dienste überhaupt ein Angebot innerhalb Russlands, und das, obwohl diese zu den größten Cloud-Anbietern für Russland und für russische Kunden gehören. Ein Umzug, etwa auf die Yandex-Cloud, dürfte sich in der kurzen Zeit als extrem schwierig erweisen und hätte im Zweifel wohl auch eine Einstellung der Dienste zur Folge.
Während sich sowohl ICANN, ISOC oder auch das RIPE NCC vergangene Woche noch gegen Forderungen gestellt haben, Russland vom Rest des Internets zu trennen, will Russland dies nun faktisch selbst umsetzen und reiht sich damit endgültig ein in eine Reihe von Regimen wie dem Iran oder China, in denen das Internet weitgehend reguliert und zensiert wird. Sollte auch andere Verbindungen gekappt werden, können sich Menschen in Russland künftig wohl kaum noch unabhängig zur Lage ihres Landes oder auch zum Ukraine-Krieg informieren.
Nachtrag vom 9. März 2022, 10:38 Uhr
Die Anweisung des Ministeriums bezieht sich wohl nur auf die Angebote der staatlichen Stellen, nicht auf sämtliche Webseiten. Wir haben den Text entsprechend angepasst.
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Die Welt zerfällt mit solchen Maßnahmen nun auch technisch in 2 Blöcke. Eine "Freie...
Ich finde das "Z" geht in die gleiche Richtung. Am Ende haben es ja auch nicht die Nazis...
Gut wenn man vorher ein paar Festplatten vollgehamstert hat! ;) Das wird dann im russian...
es gibt dann keine zwei Internets. sondern weiterhin nur eins. und ein recht großes...