Überwachung: Journalisten klagen gegen deutsche Staatstrojaner
Mit Eilanträgen klagen Journalisten gegen den Einsatz von Bundestrojanern durch Geheimdienste. Dieser sei eine Gefahr für den Quellenschutz.

Mehrere Journalisten sowie die Reporter ohne Grenzen (RSF) klagen gegen "die Befugnisse der deutschen Nachrichtendienste zur digitalen Überwachung ihrer beruflichen Kommunikation" und damit gegen die Staatstrojaner. Deren Einsatz zur sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ), war den deutschen Geheimdiensten durch eine im Juni verabschiedete Reform erlaubt worden.
Mit den Staatstrojanern können die Geheimdienste beispielsweise in Smartphones und Computer eindringen und so die Telefonate oder Messengernachrichten von Whatsapp, Signal oder Threema abhören, die zwischen den Geräten Ende-zu-Ende-Verschlüsselt werden. Auch Journalisten und andere Unbeteiligte könnten Ziele solcher Überwachungsmaßnahmen werden, wenn sie mit nachrichtendienstlich relevanten Personen in Kontakt treten, erklärt Reporter ohne Grenzen in einer Pressemitteilung.
"Dieses Gesetz ist auch ein Angriff auf den Informantenschutz im digitalen Raum", sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. "Was auf den ersten Blick aussieht wie eine Nebensächlichkeit, kann große Konsequenzen für investigativ arbeitende Journalistinnen und Journalisten haben. Einmal mehr ziehen wir gegen ein Gesetz vor Gericht, das Sachverständige für verfassungswidrig erklärt haben und das dennoch übereilt und ohne Rücksicht auf die Folgen für den Journalismus und die Pressefreiheit in Deutschland verabschiedet wurde."
Mit Eilanträgen gegen Staatstrojaner
Durch Eilanträge wolle man nun ein Verbot des Einsatzes von Staatstrojanern durch die Bundes- und Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Bundesnachrichtendienst (BND) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) bewirken, schreibt die Journalistenorganisation.
Reporter ohne Grenzen reichte einen entsprechenden Eilantrag vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein. Die Investigativjournalisten Martin Kaul und Christian Fuchs stellten Eilanträge beim Verwaltungsgericht Köln. Auch die Investigativjournalistin Christina Schmidt gehe juristisch gegen die Überwachungsbefugnisse vor, heißt es in der Presseerklärung.
"Kaul, Fuchs und Schmidt recherchieren seit Jahren zu rechtsextremen Netzwerken und stehen dazu regelmäßig auch mit Personen aus dem Beobachtungsfeld von Verfassungsschutz und MAD in Kontakt. Sie befürchten, dass die neue Rechtspraxis den Sicherheitsbehörden nicht nur Erkenntnisse über deren mögliche Zielpersonen geben kann, sondern den Behörden dabei auch Einblicke in journalistische Quellenführung, redaktionelle Vorgänge und beispielsweise Publikationsabsichten verschafft", teilte Reporter ohne Grenzen mit. In vielen Fällen existiere nach der neuen Rechtslage nicht einmal eine Unterrichtungspflicht im Nachhinein, wenn die Journalisten von einer Überwachungsmaßnahme betroffen gewesen seien.
Erst kürzlich wurde bekannt, dass der umstrittene Staatstrojaner Pegasus von der israelischen NSO Group auch durch das Bundeskriminalamt (BKA) und den Bundesnachrichtendienst eingesetzt wird. Der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, wollte sich zu einem möglichen Einsatz der Schadsoftware durch seine Behörde nicht äußern.
Der umstrittene Staatstrojaner wird immer wieder gegen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten eingesetzt. Gleich mehrfach wurde ein Journalist der New York Times mit der Schadsoftware angegriffen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie die Polizei warnen vor der Trojanersoftware Pegasus.
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