Überbau: Gegner Mnet und Telekom schließen ungewöhnliches Bündnis

In München haben Deutsche Telekom, Mnet und die Münchner Stadtwerke (SWM) nach erbittertem Streit um Überbau eine ungewöhnliche Zusammenarbeit bei Glasfaser vorgestellt. Wie die Konkurrenten am 22. September 2025 erklärten(öffnet im neuen Fenster) , erhalten die rund 550.000 FTTB-Anschlüsse einen Inhouseausbau bis in die Wohnung. Verbaut werde eine Glasfaseranschlussdose mit zwei Eingängen, jeweils einen für Mnet und für die Telekom.
Mnet ist der Netzbetreiber der Stadtwerke in großen bayerischen Metropolen. Der gemeinsame Glasfaserausbau mit den Stadtwerken läuft bereits seit dem Jahr 2010. Der größte Teil des Mnet-Netzes in München ist nur FTTB (Fiber To The Building).
Die Telekom hatte im August 2024 erklärt , ihren Glasfaserausbau im Stadtgebiet München auf das Zentrum zu erweitern und damit das Netz von Mnet zu überbauen. Geplant waren insgesamt rund 674.000 Haushalte und Unternehmen bis Ende 2032.
"Straßen mehrmals aufreißen bleibt uns erspart"
Dieter Reiter, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, sagte am 22. September 2025 zu der Kooperation von SWM, Mnet und der Telekom, dies bedeute "weniger Baustellen und schnelleres Internet im ganzen Stadtgebiet. Während bisher ganze Straßen mehrmals aufgerissen werden mussten, um die Glasfaserkabel der unterschiedlichen Anbieter zu verlegen, kann das durch die Zusammenarbeit deutlich reduziert werden." München sei bereits heute Spitzenreiter beim Ausbau der Glasfaser.
Rodrigo Diehl, im Vorstand der Telekom für das Deutschlandgeschäft verantwortlich, sagte: "In München kombinieren wir jetzt erstmalig doppelt: Eine Kooperation mit unserem Glasfaser-Eigenausbau flankieren wir mit der kooperativen Erschließung der letzten Teilstücke im Gebäude."
Höttges: Mnet hat uns "an der Nase herumgeführt"
Zuvor wurde der Streit offen und erbittert ausgetragen: Telekom-Chef Tim Höttges hatte am 10. Oktober 2024 erklärt, der lokale Netzbetreiber habe die Telekom vier Jahre lang "an der Nase herumgeführt" , um den Glasfaserausbau der Telekom in der Münchener Innenstadt zu verhindern. Man habe verabredet, erklärte Höttges, dass Mnet Zugang auf die Telekom-Infrastruktur im außerstädtischen Bereich Münchens bekomme, während die Telekom auf Wholesale-Basis reziprok den Zugang auf das Mnet-Netz im Stadtkernbereich erhalte. "Dann haben wir vier Jahre verhandelt mit der Mnet, um dann zu lernen, dass die nie ein Interesse hatten, uns ihre Infrastruktur zur Verfügung zu stellen" , betonte Höttges.
Der damalige Mnet-Sprecher Hannes Lindhuber sagte Golem direkt danach auf Anfrage: "Eine solche Äußerung entspricht nicht den Tatsachen und geht völlig an der Realität vorbei." Drei Jahre später habe "die Telekom in München Zugriff auf das Netz von Mnet in München – wir aber nicht auf das Netz der Telekom." Wenn die Telekom jetzt auch passiven Zugang wolle, müsse man die Frage stellen, ob sie denn selbst auch bereit sei, Wettbewerbern passiven Zugang zu gewähren.
Der konkurrierende Branchenverband VATM(öffnet im neuen Fenster) nannte die Vereinbarung ein "fatales Signal" durch die Telekom. Diese habe den Zugang zur passiven Infrastruktur mit dem begonnenen Überbau erzwungen, erklärte VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer. Die konsequente Verweigerung der Telekom, das gut ausgebaute Glasfasernetz von Mnet auf Bitstrom-Basis anzumieten, habe weiteren Druck ausgeübt.
Stadtwerke München gaben dem Druck nach
"Dass die Stadtwerke München als Mutter von Mnet diesem Druck nachgegeben haben, zeigt, wie hilflos selbst das größte Stadtwerk Europas der Marktmacht der Telekom gegenübersteht" , sagte Ufer. Die Stadtwerke München sind nicht Mitglied im VATM, sondern beim Breko.
Der VATM hat mit seinen Untermieter-Mitgliedern wie 1&1 oder Vodafone das Ziel, den passiven Zugang auf Telekom-Netzen durchzusetzen. Der Breko mit seinen Netzbetreibern will, dass die Telekom Bitstrom einkauft. Die Stadtwerke sind dort Mitglied.
Ein Breko-Sprecher sagte Golem: "Die Menschen in München können aufatmen: Der im Sommer 2024 durch die Telekom öffentlichkeitswirksam angedrohte Glasfaser-Doppelausbau ist wohl vom Tisch. Die Kooperationsvereinbarung mit den Stadtwerken München und Mnet verhindert nun, dass die Telekom Gehwege in der Innenstadt und angrenzenden Stadtteilen erneut aufreißt, um eigene Glasfaserleitungen zu verlegen. Damit konnte das Worst-Case-Szenario abgewendet werden."
Aber das Münchener Kooperationsmodell könne schon deshalb keine Blaupause für ganz Deutschland sein, weil es bereits so viele andere Kooperationsmodelle zwischen den Netzbetreibern gebe. Die Telekom solle sich Kooperation, insbesondere für den Einkauf von Bitstrom-Vorleistungen auf den Glasfasernetzen der Wettbewerber öffnen.
"Zudem wäre es folgerichtig, wenn sich die Telekom im Zuge einer solchen Vereinbarung dazu verpflichtete, das Kupfernetz überall dort zügig abzuschalten, wo sie selbst oder ein Kooperationspartner Glasfaser ausgebaut hat" , sagte der Sprecher. Dort, parallel zum Glasfasernetz, weiter DSL zu betreiben sei "weder ökonomisch noch ökologisch nachhaltig" .
Wie Golem aus informierten Kreisen erfuhr, wäre der Überbau für die Stadtwerke das absolute Worst-Case-Szenario gewesen. Die SWM finanzieren den Inhouseausbau jetzt und hoffen, durch Zahlungen der Telekom eine langfristig wirtschaftlich belastbare Planung zu haben.



