Ubuntu 13.10 im Test: Kaum Neues beim Desktop

Ubuntu 13.10 alias Saucy Salamander(öffnet im neuen Fenster) soll die letzte Version mit dem traditionellen Unity-Desktop werden. Bereits zum nächsten langlebigen Ubuntu 14.04 LTS soll die vereinte Benutzeroberfläche Unity 8 für mobile Geräte und Smart-TVs auch auf PCs laufen. Entsprechend mager fallen die Neuerungen in Ubuntu 13.10 aus. Es gibt ein paar augenscheinliche Tweaks, der Wechsel auf eine Qt-basierte Benutzeroberfläche schreitet voran und es gibt eine Reaktion auf die Nutzerkritik an der Universalsuche.


















Mit seinem Desktop-Applet für Amazon hat sich Canonical viel Ärger eingehandelt. Das Applet wurde in Ubuntu 12.10 in die Universalsuche des Desktops integriert und zeigte neben lokalen Suchergebnissen auch Einkaufsvorschläge im Onlineversandhaus an. Datenschutzbedenken folgten auf Meldungen über unverschlüsselte Übertragungen an Amazon. Richard Stallman nannte Ubuntu daraufhin Spyware .
Erst zögerlich reagierte Canonical in Ubuntu 13.04 mit einer Option, die Onlinesuche komplett zu deaktivieren. In der aktuellen Version wurde die semantische Suche im Netz nichtsdestotrotz erweitert, etwa um das Wetter, Ergebnisse aus Wikipedia oder Angebote bei eBay. Sämtliche Quellen zeigt Ubuntu im Dash an, wenn die Option "Suchergebnisse filtern" aufgeklappt wird. Canonical verspricht zwar, dass die Suche anonym über die Canonical-Server erfolgt, gibt aber dazu noch keine detaillierten Informationen preis.
Websuche mit Scopes
Diese Such-Applets - sogenannte Smartscopes oder einfach Scopes - lassen sich immerhin individuell deaktivieren. Dazu muss die Tastenkombination Windows-Taste+A gedrückt werden. Unter der Rubrik "Dash-Erweiterungen" werden sämtliche Scopes aufgelistet. Mit einem Klick auf die jeweilige Dash-Erweiterung erscheint die Option zur Deaktivierung. Auch die in Ubuntu 13.04 eingeführte Möglichkeit, komplett auf eine Onlinesuche zu verzichten, gibt es in den Systemeinstellungen weiterhin.
Zu den System- und Benachrichtigungsapplets ist eines hinzugekommen, über das sich das Tastaturlayout schnell ändern lässt. Ein Tweak passt die Werkzeugleiste in GTK+3-Applikationen besser an die Ubuntu-Themes an. Vor allem im Dateimanager Nautilus fällt diese Anpassung positiv auf. Und dann wäre da noch das leicht veränderte Desktop-Theme, das jeder neuen Version von Ubuntu beiliegt. Weitere 18 Wallpapers aus der Community stehen dem Anwender ebenfalls zur Verfügung. Im Installer wurde ein weiterer Schritt hinzugefügt, über den ein Ubuntu-One-Konto eingerichtet oder ein bestehendes gleich aktiviert werden kann. Canonical bietet dort 5 GByte kostenfreien Onlinespeicher an. Dort gespeicherte Kontakte, Lesezeichen, Notizen oder Dateien sowie im Ubuntu One Music Store gekaufte Musik können dann zwischen verschiedenen Geräten synchronisiert werden.
XMir macht sich gut
Ansonsten hat sich das Entwicklerteam bei Canonical auch dem Composition- und Fenstermanager Compiz gewidmet und ihn nochmals aktualisiert. Er dient weiterhin als Basis für den Unity-Desktop in Version 7, der in Saucy Salamander zum Einsatz kommt. Die grafische Oberfläche läuft auch in Ubuntu 13.10 noch direkt auf dem X-Server. Eigentlich sollte bereits Canonicals Schnittstelle XMir als Standard zum Einsatz kommen. Allerdings haben die Entwickler auf diesen Schritt verzichtet . Es gebe noch zu viele Qualitätsprobleme mit der Verbindung zwischen X-Server und Mir. Insbesondere der Multi-Monitor-Betrieb genüge den Ansprüchen des Teams noch nicht, obwohl er bereits funktioniere . In unserem Test klappte auch der Betrieb mit einem über den HDMI-Post angeschlossenen zweiten Monitor weitgehend problemlos. Beim Wechsel in den Ruhezustand und anschließendem Aufwecken flackerten die Bildschirme aber auffällig.


















Xmir lässt sich aber installieren und ausprobieren. Dazu müssen die Pakete "unity-system-compositor" und "xserver-xorg-xmir" installiert und dann der Anmeldungsmanager Lightdm neu gestartet werden. Auf einem Ultrabook mit Intels Chipsatz Sandy Bridge samt GPU lief Unity 7 anfangs etwas hakelig. Nachdem wir uns nochmals angemeldet hatten, bemerkten wir zwar noch einige Probleme, etwa, dass sich das Terminal-Fenster nicht mehr über Dash in den Vordergrund bringen ließ. Einen deutlichen Geschwindigkeitsverlust im Vergleich zum traditionellen X-Server spürten wir aber nicht. Das System ließ sich wie gewohnt nutzen.
Ubuntu 13.10 bringt eine angepasste Variante des Linux-Kernels 3.11.1 sowie den Init-Dienst Upstart 1.10. Letzterer erlaubt nun auch Jobs, die auf Änderungen am Dateisystem reagieren, und beinhaltet mit dem Upstart-Monitor ein Tool, mit dem sich Eventabläufe in Echtzeit verfolgen lassen. Außerdem nutzt Upstart standardmäßig die sogenannten User-Sessions, wodurch eine Sitzung mittels einer grafischen Oberfläche überwacht werden kann.
Ein Großteil der Python-Anwendungen Ubuntus verwendet bereits Python 3.3, was standardmäßig installiert wird, Python 2 bleibt aber in den Paketdepots erhalten. Die Cups-Infrastruktur zum Drucken wurde zudem von einem großen Ubuntu-spezifischen Patch befreit.
Kubuntu verzichtet auf Mir
Kubuntu will auch weiterhin komplett auf Mir verzichten . Für Kubuntu 13.10 haben die Entwickler das aktuelle KDE SC 4.11 integriert. Darin ist beispielsweise eine verbesserte Version des Indizierungsprogramm Nepomuk und der Kontact-Suite enthalten. Zusätzlich haben die Entwickler mit Muon Discover die Paketverwaltung aktualisiert, über die sowohl neue Software installiert als auch Aktualisierungen eingespielt werden können. Muon Discover ist in QML umgesetzt und hat eine ähnliche Oberfläche wie das Software Center in Ubuntu statt die an Synaptic angelehnte Version Muon in den vorherigen Kubuntu-Versionen. Zudem haben die Kubuntu-Entwickler die Onlinedokumentation auf docs.kubuntu.org in die Hilfe integriert. Darüber hinaus können Kubuntu-Nutzer eine einfache Nutzerverwaltung und das erst kürzlich erschienene Networkmanager-Applet testen.
Ubuntu Touch
Auf dem Desktop lässt sich Unity8 als Vorschau in einem eigenen Fenster starten und zumindest ansehen. Es ist dort aber ebenso unbrauchbar wie auf einem Nexus 7 der ersten Generation. Dort konnten wir das inzwischen auf Mir laufende System zwar ausprobieren, es stürzte jedoch allenthalben ab.
Fazit
Canonical konzentriert sich offensichtlich auf die von Mark Shuttleworth initiierten Pläne, ein gemeinsames System für alle Geräte zu entwickeln. Ubuntu 13.10 zeigt deshalb kaum Neuerungen an der Desktopvariante von Ubuntu. Saucy Salamader wirkt optisch eher wie eine LTS-Version, kleine Verbesserungen am Desktop stabilisieren Unity, mal abgesehen von der erweiterten semantischen Suche. Diese dürfte abermals für Diskussionen um den Datenschutz sorgen. Immerhin lässt sich die Suche weitgehend individualisieren und auch deaktivieren.
Xmir macht einen erstaunlich guten Eindruck und läuft auch in seiner noch experimentellen Variante in unserem Kurztest recht gut. Kritiker, die die Eigenentwicklung eines Displayservers bei Canonical und dessen Absage an das Wayland-Projekt als Abwendung von dem Community-Gedanken sehen, werden beizeiten zu Kubuntu wechseln müssen. Dort ist aber von Wayland noch nichts zu sehen. Eine erste funktionierende Version von Wayland und KDE SC wird für Frühjahr 2014 erwartet.
Ubuntu Touch und Unity 8 sind noch vollkommen unbrauchbar. Hier will Canonical eine funktionierende Version bis zur Veröffentlichung von Ubuntu 14.04 LTS im April 2014 noch nachbessern. Die aktuelle Version von Xmir zeigt, dass das Ziel durchaus realistisch sein kann, obwohl Canonical laut einem anonymen Entwickler unter Personalmangel und hohem Druck leidet.
Saucy Salamander ist stabil und rundet den Unity-Desktop nochmals ab. Ein Update auf die aktuelle Version ist auch für vorsichtige Anwender geeignet. Die Änderungen sind allerdings nicht zwingend notwendig. Wer ein Upgrade scheut, kann getrost auf Ubuntu 14.04 warten.



