Drei Tonnen Kohlenstoff pro Tonne Wasserstoff

Methan besteht aus einem Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffatomen (Chemische Formel: CH4). Da Kohlenstoffatome zwölfmal so schwer sind wie Wasserstoffatome, bedeutet das: Für eine Tonne Wasserstoff, die mittels Methanpyrolyse erzeugt wird, entstehen drei Tonnen Kohlenstoff.

Theoretisch könnte man diesen Kohlenstoff lagern oder vergraben und dafür sorgen, dass er dauerhaft gebunden bleibt. Aber die Industrie hofft darauf, diesen Kohlenstoff zu verkaufen, denn andernfalls wäre die Methanpyrolyse kaum wirtschaftlich. BASF schreibt zur möglichen Verwendung: "Zu den Abnehmern zählen beispielsweise die Aluminium-, Stahl-, Reifen- und Bauindustrie."

Hier zeigt sich der zweite große Haken bei dem Versprechen der Emissionsfreiheit: Würde man den Kohlenstoff in einem Stahlwerk als Reduktionsmittel oder in einem Aluminiumwerk als Anodenmaterial nutzen, entstünden letztendlich auch Kohlendioxidemissionen. Wenn die Methanpyrolyse in großen Mengen zum Einsatz käme, würden zusätzliche Anreize geschaffen, an anderer Stelle kohlenstoffbasierte Prozesse nicht durch klimafreundliche Alternativen zu ersetzen.

Kohlenstoff kann am Ende in der Müllverbrennung landen

Selbst wenn der Kohlenstoff in Produkten landet - neben Autoreifen und Bauteilen werden oft auch Batterien genannt, die hochreinen Kohlenstoff in Form von Graphit benötigen -, muss man genau betrachten, was mit diesen Produkten nach ihrem Lebensende passiert. Nur bei einem nahezu perfekten Recyclingkreislauf könnte man davon sprechen, dass der Kohlenstoff dauerhaft gebunden bleibt. Landen die mit dem Kohlenstoff produzierten Produkte später in einer Müllverbrennungsanlage, entweicht der Kohlenstoff wieder in Form von Kohlendioxid.

Emissionsneutral bleibt der türkise Wasserstoff nur, wenn man nicht nur die Vorkettenemissionen ignoriert, sondern auch die Emissionen des scheinbaren Nebenprodukts Kohlenstoff.

Es ist ein generelles Problem, das bei der Beurteilung von klimafreundlichen Produktionsmethoden wichtig ist: Wenn bei einem Prozess mehrere Produkte entstehen - wem schlägt man dann die Kohlendioxidemissionen zu? Es erscheint fragwürdig, einen Prozess als klimaneutral zu bezeichnen, wenn von einem Nebenprodukt Emissionen verursacht werden. Branchen, die Kohlenstoff als Rohstoff benötigen, müssen letztendlich auch auf nicht fossile Quellen umsteigen.

Nun könnte man auf die Idee kommen, Methoden wie die Methanpyrolyse als Übergangslösung zu nutzen, bis genügend grüner Wasserstoff mithilfe von erneuerbaren Energien produziert wird. Doch als kurzfristige Lösung taugt die Technik auch nicht. Bisher gibt es das Verfahren nur im Labormaßstab, BASF plant lediglich den Bau einer Pilotanlage. Bis das Verfahren großtechnisch einsatzfähig ist, wird es noch einige Zeit dauern.

Türkiser Wasserstoff nützt vor allem den Erdgasunternehmen

Letztendlich bleibt eine Wasserstoff-Produktionsmethode, die das Versprechen der Klimaneutralität nicht erfüllen kann und die als Übergangslösung nicht schnell genug zur Verfügung steht. Ein Interesse am türkisen Wasserstoff haben vor allem diejenigen, die die fossile Wasserstofferzeugung möglichst lange fortsetzen wollen, da sie selbst im Erdgasgeschäft tätig sind.

Am Ende führt an einer Erkenntnis kein Weg vorbei: Wenn bei einem Verfahren fossile Rohstoffe am Anfang stehen, dann wird zusätzlicher Kohlenstoff in Umlauf gebracht. Wenn dieser nicht dauerhaft gebunden wird, entstehen zusätzliche Emissionen.

Wir haben bei der Recherche zu diesem Text mehrere Fragen an BASF geschickt und auch um ein Gespräch gebeten. Unsere Anfragen wurden nicht beantwortet.

Woher kommt der Wasserstoff? In einer Artikelserie gehen wir der Frage nach, wie Wasserstoff heute und in Zukunft produziert wird. Gerne versuchen wir auch, Fragen unserer Leser zu beantworten, bitte stellt diese im Forum oder wendet euch per E-Mail an den Autor.

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 Methanemissionen verhageln die Klimabilanz
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smonkey 13. Mai 2021

1. Transport Gewiss dürfte Methan etwas leichter zu transportieren sein. Allerdings...

MajorPainpoint 11. Mai 2021

Plus eins!

kraemere 11. Mai 2021

Wenn ich das richtig Verstanden habe, dann waren die Grünen die einzige Partei, die sich...

smonkey 11. Mai 2021

Ich fasse jetzt noch mal zusammen: Du willst wertvolle Batteriespeicher nicht dafür...



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