Trappist-1: Der Zwerg und die sieben Planeten

Gleich sieben erdgroße Planeten sind um den Stern Trappist-1(öffnet im neuen Fenster) gefunden worden. Das teilte die Nasa am Mittwochabend der Weltöffentlichkeit auf einer Pressekonferenz mit. Das Spitzer-Weltraumteleskop der Nasa habe die Entdeckung gemacht. Aber tatsächlich war für die Entdeckung viel mehr als nur das Teleskop der Nasa nötig.
Von September bis Dezember 2015 wurde das kleine 60-Zentimeter-Teleskop Trappist (Transiting Planets and Planetesimals Small Telescope)(öffnet im neuen Fenster) der belgischen Universität Lüttich immer wieder auf einen Fleck im Himmel gerichtet, um die Helligkeit der Sterne dort zu vermessen. In den insgesamt 62 Nächten machte das kleine Teleskop in Chile, das nach dem belgischen Trappistenbier(öffnet im neuen Fenster) benannt ist, seine bisher größte Entdeckung.
Das Teleskop wurde speziell für die Aufgabe gebaut, Helligkeitsschwankungen von Sternen zu vermessen, die entstehen, wenn sie von einem Objekt verdeckt werden. Auf diese Weise kann das Objekt vermessen werden, das den Stern bedeckt. So konnte das Teleskop schon nachweisen, dass der Zwergplanet Eris entgegen früheren Annahmen deutlich kleiner als Pluto ist und Makemake,(öffnet im neuen Fenster) ein weiterer Zwergplanet im Kuipergürtel, keine Atmosphäre hat.
Trappist kann aber nicht nur Sternbedeckungen von Objekten in unserem Sonnensystem vermessen. Es kann auch Planeten um fremde Sterne beobachten, wenn sie vor dem Stern entlangziehen und ihn bedecken. 2MASS J23062928-0502285 war einer der Sterne, den das Teleskop Ende 2015 immer wieder vermessen hat. Tatsächlich fanden sich in den Daten von 2015 elf solcher Signale,(öffnet im neuen Fenster) bei denen die Helligkeit des Sterns um rund ein Prozent abfiel. Sie konnten zwei etwa erdgroßen Planeten zugeordnet werden, die den Stern umkreisen. Die Entdeckung brachte 2MASS J23062928-0502285 den einfacheren Namen Trappist-1 ein: der erste Stern, um den mit dem Trappist-Teleskop Planeten entdeckt wurden. Dabei dauert für den Inneren der beiden Planeten, Trappist-1b, ein Jahr nur 1,5 Tage. Für den äußeren Planeten, Trappist-1c, sind es 2,4 Tage.
Ein Zwerg am Himmel wird zum Star
Trappist-1 ist ein roter Zwergstern der Klasse M8. Mit acht Prozent der Sonnenmasse gehört er zu den kleinsten Sternen, die noch in der Lage sind, normalen Wasserstoff zu Helium zu fusionieren.
Diese roten Zwerge sind die häufigsten Sterne. Die Entstehung eines Sterns mit kleiner Masse ist nicht nur wahrscheinlicher als die Entstehung eines großen Sterns, die Zwerge sind auch langlebiger. Die Kernfusion läuft im Inneren viel langsamer ab. Obwohl ein Zwerg mehr als ein Zwölftel der Masse der Sonne hat, strahlt er nur ein Zweitausendstel der Energie der Sonne ab. Deshalb ist das Leuchten eines solchen Zwergs eher ein Glimmen im Vergleich zur Sonne. Mit etwa 2.550 Kelvin ist die rot glühende Oberfläche nicht einmal halb so heiß wie die der Sonne.
Auch der Strahlungsdruck im Kern des Sterns ist viel kleiner als in der Sonne. Er wirkt der Gravitation entgegen und bläht den Stern auf. Mit weniger Strahlungsdruck ist der Stern viel dichter und kompakter als die Sonne. Das führt auch dazu, dass die Energie aus der Kernfusion direkt durch Konvektion nach außen getragen und immer wieder Material aus den äußeren Schichten des Sterns nach innen getragen wird. Im Zentrum der Sonne wird die Energie dagegen nur durch Strahlung transportiert, und fast alles Material bleibt im Kern. Das Ende der Sonne ist deshalb schon nach zehn Milliarden Jahren erreicht, wenn im Zentrum der Wasserstoff zur Neige geht. Rote Zwerge leuchten dagegen für Billionen von Jahren.
Wegen der langen Lebensdauer und der geringen Masse gibt es nicht nur besonders viele rote Zwerge. Die geringe Größe macht es auch relativ einfach, Planeten um rote Zwergsterne zu beobachten. Sie können einen relativ großen Teil des Sterns bedecken, was zu einem gut messbaren Signal führt. Und die Untersuchung von Trappist-1 war mit der Entdeckung der ersten beiden Planeten noch längst nicht abgeschlossen.
Die ganze Welt hilft mit
Es folgten weitere Beobachtungen mit einem Zwei-Meter-Teleskop in Indien, dem britischen 3,8-Meter-Teleskop UKIRT in Hawaii(öffnet im neuen Fenster) und dem acht Meter großen Very Large Telescope (VLT)(öffnet im neuen Fenster) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile. Damit wurden nicht nur die beiden Planeten bestätigt, sondern auch ein dritter Planet entdeckt, der alle vier Tage den Stern umkreist.
Die Planeten umkreisen den Stern in einem sehr kleinen Abstand vom Stern und voneinander. Es wäre möglich, von einem Planeten aus Details auf den benachbarten Planeten mit bloßem Auge zu sehen. Vom zweiten Planeten aus gesehen wäre der dritte Planet, in günstiger Stellung, etwa so groß wie unser Mond. Die inneren Planeten nähern sich sogar noch etwas weiter an.
Auch wenn Trappist-1 ein schwach leuchtender Stern ist, erreicht den innersten dieser Planeten etwa das Vierfache der Wärmestrahlung, wie sie die Erde von der Sonne erreicht. Er dürfte ähnlich heiß wie der Merkur sein. Auch der zweite Planet ist noch so nah an dem Stern, dass er die doppelte Wärmestrahlung wie die Erde erhält. Der dritte Planet, Trappist-1d, ist ebenfalls noch zu warm für flüssiges Wasser.
Ein ausgedientes Teleskop hilft mit
Aber Tappist-1 hat noch mehr Planeten. Bei deren Entdeckung, die selbst dem großen Acht-Meter-Teleskop der Eso entging, half im Februar und März 2016 das viel kleinere, 80-Zentimeter-Spitzer-Teleskop der Nasa.(öffnet im neuen Fenster) Dieses hat den großen Vorteil, nicht auf der Erde zu stehen, sondern ein Weltraumteleskop zu sein. Das Spitzer-Teleskop wurde eigentlich für Beobachtungen von Wärmestrahlung im fernen Infrarotbereich gebaut. Dazu mussten die Sensoren des Teleskops mit flüssigem Helium auf 4 Kelvin abgekühlt werden.
Der Vorrat an flüssigem Helium war im Jahr 2009 nach einer erfolgreichen Mission aufgebraucht. Seitdem liefern nur noch zwei von acht Kamerasensoren brauchbare Daten im nahen Infrarotbereich, mit einer Auflösung von 256 x 256 Pixeln. Für die Beobachtung von Sternbedeckungen ist das völlig ausreichend und mit dem Ende der eigentlichen Mission des Spitzer-Weltraumteleskops steht auch ausreichend Zeit dafür zur Verfügung. Auch Trappist-1 gehörte im Februar und März 2016 zu den Beobachtungszielen des ausgedienten Nasa-Teleskops, das zusammen mit Teleskopen auf der ganzen Welt das größte bekannte Planetensystem um einen fremden Stern nachwies.
Noch vier Planeten und keine zweite Erde in Sicht
Die Daten lieferten die Grundlage für eine intensive Beobachtungskampagne, die im Mai 2016 begann. Beteiligt war nicht nur das neu eingeweihte zweite Trappist-Teleskop, das von Marokko aus das erste Teleskop in Chile unterstützen sollte. Dazu kamen auch wieder das britische 3,8-Meter-Teleskop UKRIT in Hawaii, auf La Palma beobachteten das 4,6-Meter-Teleskop William Herschel(öffnet im neuen Fenster) und das 2-Meter-Teleskop Liverpool(öffnet im neuen Fenster) . Dazu kam noch ein 1-Meter Teleskop in Südafrika.(öffnet im neuen Fenster) Erst im September trug das Spitzer-Teleskop mit einer 20 Tage dauernden Beobachtung wieder zu der Kampagne bei. Das Ergebnis ist inzwischen Geschichte.(öffnet im neuen Fenster)
Insgesamt gelang durch die internationale Kooperation die Entdeckung von noch vier weiteren Planeten um Trappist-1. Drei davon befinden sich in der sogenannten habitablen Zone, in der flüssiges Wasser auf der Planetenoberfläche existieren kann. Natürlich nur, wenn er nicht durch eine Atmosphäre mit starkem Treibhauseffekt aufgeheizt wird und wenn der Planet überhaupt eine Atmosphäre hat. In unserem Sonnensystem gehört dazu nicht nur die Erde, sondern auch Mars und Venus.
Die Planeten könnten ihre Atmosphäre verloren haben
Ob die Planeten überhaupt eine Atmosphäre haben, ist durchaus fraglich.(öffnet im neuen Fenster) Bisher existieren noch nicht die nötigen Teleskope, um Atmosphären um diese Planeten nachweisen zu können. Vor allem aber sind junge rote Zwerge bekannt für Flares, Ausbrüche starker Aktivität an der Sternoberfläche, die bei Trappist-1 aber nicht mehr zu sehen sind. Damit steht fest, dass er die ersten 500 Millionen Jahre seines Daseins schon hinter sich hat. Unklar ist jetzt nur, ob diese Phase sehr starker Aktivität überhaupt eine Atmosphäre auf den Planeten hinterlassen haben kann. Selbst in seiner jetzigen Lebensphase hat der Stern noch etwa hundertmal so starke Emissionen im kurzwelligen UV-Bereich wie die Sonne. Es ist durchaus möglich, dass diese Strahlung jeden Wasserstoff aus der Atmosphäre der Planeten ausgelöst und abgetragen hat.
Zu all dem kommt noch ein weiteres Problem. Durch die große Nähe zum Stern kommt es zu starken Gezeitenkräften zwischen den Planeten und dem Stern. Das führt im Laufe der Zeit dazu, dass die Planeten aufhören, relativ zum Stern zu rotieren und eine Seite ständig dem Stern zugewandt ist, während auf der anderen Seite ewige Nacht herrscht. Obwohl alle Planeten um Trappist-1 ähnlich groß wie die Erde sind, kann damit praktisch ausgeschlossen werden, dass sie tatsächlich mit der Erde vergleichbar sind. Erst weiter weg vom Stern nehmen die Gezeitenkräfte ab und könnten den äußersten Planeten eine eigene Rotation erlauben.
Die Entdeckung des Planetensystems um Trappist-1 ist damit, entgegen der Darstellung auf der Pressekonferenz der Nasa, wohl kaum die erste Wahl für die Suche nach Planeten, die tatsächlich der Erde ähneln. Aber ähnlich wie der Planet um Proxima Centauri, ebenso ein roter Zwerg, ist das System eine interessante Entdeckung, die in Zukunft viele weitere Untersuchungen nach sich ziehen wird. Sie ist allerdings nicht allein der Nasa zuzuschreiben, sondern der Kollaboration von Astronomen und Observatorien auf der ganzen Welt. Angestoßen wurde sie von einem kleinen Teleskop in Chile, das von seinen belgischen Betreibern nach ihrem heimischen Bier benannt wurde.



