Topmanager: Wo das Kabelnetz in Deutschland Docsis 4.0 bekommt

Während in den USA bereits erste Docsis-4.0-Piloten – etwa bei Comcast und Mediacom Communications – laufen, um bestehende HFC-Infrastrukturen vor allem in suburbanen und ländlichen Gebieten weiter nutzen zu können, zeichnet sich in Deutschland ein anderer Weg ab. "Hier könnte Docsis 4.0 allenfalls punktuell in urbanen Gebieten eingesetzt werden, bevor mittelfristig ein großflächiger Übergang auf FTTH erfolgt" , sagte ein Top-Manager, der namentlich nicht genannt werden möchte, im Gespräch mit Golem. In den USA hängt zudem viel Kabelnetz an Masten, was den Ausbau erleichtert.
Der Übergang des Kabelnetzstandards Docsis 3.1 auf Docsis 4.0 sei kein einfaches Software-Upgrade, sondern erfordere in Deutschland umfangreiche Anpassungen entlang der gesamten Signalstrecke – von der Kopfstelle bis zur Anschlussdose in der Wohnung, betonte er.
"Docsis 4.0 setzt in der Regel voraus, dass die Glasfaser näher an die Endkunden herangeführt wird, etwa in den Keller oder zumindest bis zum letzten Verstärker. Die bestehenden HFC-Netze (Hybrid Fibre Coax), die größtenteils vor mehr als 40 Jahren für die Verteilung von TV-Signalen gebaut wurden, müssen dafür durch Node Splits in kleinere Segmente aufgeteilt werden" , sagte der Manager. "Das erfordert zusätzliche Glasfaseranbindungen, teilweise auch Tiefbauarbeiten."
Docsis 4.0: Vieles muss neu angeschafft werden
Docsis 4.0 nutzt ein deutlich erweitertes Frequenzspektrum – bis zu 1,8 GHz für Full Duplex – gegenüber maximal 1,2 GHz bei Docsis 3.1. Um diese Bandbreite nutzbar zu machen, müssten Verstärker, Abzweiger, teilweise das Koaxialkabel und sogar die Kabeldosen in den Wohnungen ertüchtigt oder ersetzt werden. Auch die aktiven Komponenten in den Kopfstellen (CMTS) seien mit Docsis 4.0 nicht per Software aufrüstbar und müssten neu beschafft werden. "Auf Kundenseite ist ein kompletter Austausch der Kabelmodems oder Router erforderlich. Zwar ist Docsis 4.0 rückwärtskompatibel, so dass ältere Endgeräte weiterhin betrieben werden können, die Vorteile sind jedoch nur mit neuer Hardware nutzbar" , erklärte der Branchenexperte.
Die notwendige Modernisierung der passiven und aktiven Infrastruktur bedeute für die Kabelnetzbetreiber wie Vodafone oder Tele Columbus erhebliche Investitionen. "Daher stellt sich die strategische Frage, ob ein Ausbau auf Docsis 4.0 oder gleich ein Umstieg auf FTTH (Fiber to the Home) langfristig kostengünstiger und zukunftssicherer ist. Politisch und finanziell wird in Deutschland klar FTTH gefördert, was die Bereitschaft zum Docsis-Upgrade zusätzlich mindert" , sagt er.



