Tödliche Lkw-Unfälle: Koalition gegen Pflicht für Abbiegeassistenten
Die Grünen fordern eine Einbaupflicht für Lkw-Abbiegeassistenten. Während die Koalition auf die EU setzt, wollen AfD und FDP die Radfahrer einschränken.

Die Regierungsfraktionen von Union und SPD lehnen eine gesetzliche Einbaupflicht für Lkw-Abbiegeassistenten ab. Der von den Grünen in den Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf gehe "viel zu weit" und sei "absolut unverhältnismäßig", sagte der CSU-Abgeordnete Karl Holmeier am Mittwoch im Bundestag in Berlin. "Alle Lkw raus aus den Städten funktioniert meiner Meinung nach nicht", sagte auch der SPD-Politiker Udo Schiefner. Der Grünen-Abgeordnete Stefan Gelbhaar hielt es hingegen für einen "Skandal, dass die Abbiegeassistenten noch nicht vorgeschrieben sind".
Der Gesetzentwurf der Grünen (PDF) sieht vor, dass geschlossene Ortschaften zu "Verkehrssicherheitszonen" erklärt werden. "Lkw dürfen in Verkehrssicherheitszonen nur am Straßenverkehr teilnehmen, wenn sie mit dem Stand der Technik zur Sicherung des verkehrlichen Umfeldes ausgerüstet sind", heißt es weiter. Stand der Technik sei "mindestens die Ausrüstung mit Abbiegesicherheitssystemen". Kommunen könnten jedoch Ausnahmezonen einrichten, in denen die Assistenten nicht verpflichtend sein sollten.
77 Tote seit Bundestagsbeschluss
Gelbhaar verwies zur Begründung der Initiative auf einen Beschluss des Bundestags vom Juni 2018 (PDF), in dem die Bundesregierung dazu aufgefordert wurde, "nationale Regelungen für eine schnelle Einführung von Lkw-Abbiegeassistenzsystemen zu prüfen und umzusetzen, wenn eine europäische Lösung nicht zeitnah vereinbart werden kann". Seit dem Beschluss wurden laut Gelbhaar "77 Menschen, die mit dem Rad unterwegs waren, von einem abbiegenden Lkw oder Bus totgefahren". Hinzu kämen getötete Fußgänger und zahlreiche Schwerverletzte. Da die Koalition keine Gesetzesinitiative gestartet habe, hätten die Grünen nun einen Entwurf vorgelegt.
Holmeier verwies hingegen auf die geplante EU-Regelung, wonach solche Systeme von Juli 2022 an für Neufahrzeugtypen und von Juli 2024 an für Neufahrzeuge verpflichtend gemacht werden sollten. Allerdings räumte der CSU-Politiker ein: "Ich gebe Ihnen recht: Es reicht nicht, und es dauert noch einige Jahre." Die Bundesregierung unterstütze daher den Einbau solcher Assistenzsysteme finanziell und habe Sicherheitspartnerschaften angestoßen. Damit sollten die Transportunternehmen angeregt werden, solche Systeme freiwillig nachzurüsten.
Die Fördersumme werde daher um drei Millionen Euro auf 12,5 Millionen Euro aufgestockt. Mit den bisherigen Mitteln konnten laut Holmeier in diesem Jahr rund 6.000 Systeme gefördert werden.
Die Koalition verwies zudem auf eine Neuregelung in der Straßenverkehrsordnung (StVO), wonach Lkw innerorts nur noch mit Schrittgeschwindigkeit abbiegen dürfen. Holmeier plädierte dafür, anstatt "die Verbotskeule herauszuholen", andere Maßnahmen zu ergreifen. So könnten Kreuzungen angepasst und Ampelschaltungen geändert werden. Ein Rechtsabbiegeverbot an bestimmten Kreuzungen sei ebenfalls möglich.
AfD fordert "Rechtsüberholverbot"
Wolfgang Wiehle von der AfD-Fraktion will hingegen die Radfahrer stärker einschränken. Er brachte ein "Rechtsüberholverbot" an Straßen ohne separaten Radweg ins Spiel. "Wenn ein Nutzfahrzeug einen Abbiegevorgang nach rechts anzeigt, also blinkt, hat ein Radfahrer anzuhalten und abzuwarten und nicht rechts vorbeizufahren." Früher sei diese Vorsicht "offensichtlich üblich" gewesen.
Auch Christian Jung von der FDP schlug eine Änderung der StVO vor, "damit Radfahrer sich an Ampeln nicht mehr neben Lkws drängen". Ampelspiegel könnten ebenfalls dazu beitragen, die Gefahren zu entschärfen. Jung kritisierte zudem die Grünen dafür, sich nicht eindeutig für eine Helmnutzung durch Radfahrer auszusprechen.
Lediglich der Linken-Abgeordnete Andreas Wagner unterstützte den Antrag der Grünen umfassend. "Abbiegeassistenten müssen genauso zur Grundausstattung gehören wie der Blinker oder die Klimaanlage", sagte er. Die vorgeschlagene Einbaupflicht sei sinnvoll, weil die EU-Regelung für Neufahrzeuge erst ab 2024 gelte. Die Umsetzbarkeit sei allerdings fraglich. "Wie soll kontrolliert werden, dass nur Lkw mit Abbiegeassistenten in den Zonen unterwegs sind?", fragte Wagner. Zudem sei unklar, wie im Falle ausländischer Lkw ohne solche Systeme vorgegangen werde.
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Nenn mir mal ein Beispielurteil wo die Schuld dem Autofahrer aufgebürdet wurde, obwohl er...
Eh, nein? Das Video belegt eindeutig, dass es tote Wikel gibt.
Es betrifft vor allem praktisch ausschließlich solche Radfahrer auf Radwegen, denn §5.8...
"In Schrittgeschwindigkeit abbiegen" würde übrigens völlig ausreichen, um praktisch alle...